Sunday, March 21, 2010

Tsk, tsk, tsk ...

Bischof Müller hat nicht zurückgekläfft ("Ihr habt aber auch Kinder mißbraucht!"), sondern die NS-Karte gespielt. Das ist doppelt schade. Einmal, weil es halt die doofe, alte NS-Karte war und auch, weil seine Predigt auch (bzw grade) ohne diesen Bezug verständlich gewesen wäre und somit auch die Chance gehabt hätte, verstanden werden zu können.

Doch was jetzt bleibt ist ein nach dem Riechsalz greifender Zentralrat, nach dem Kopf des Bischofs grölende Grüne und ein Blätterwald, dessen Kalkül aufgegangen ist: Wir bombardieren die Öffentlichkeit unentwegt mit größtenteils lückenhaften und voreingenommenen Informationen. Entweder maunzt der Episkopat nur brav zurück und wir werden ihn spielend überbrüllen: WIN! Oder es wird irgendwann einer der Bischöfe sich einen Lapsus leisten und wir kanalisieren die daraufhin fließenden Tränenbäche zu einem hübschen Strom der moralischen Entflammung: WIN!

Die Kirche kann momentan nur durch Taten oder durch ausgesprochen klug gewählte Worte Punkte machen. Lernt es endlich, Jungs!

16 comments:

. said...

Was war dann eigentlich die Falschmeldung des BR?

. said...

möglicherweise lässt sich noch was retten, wenn die öffentlichkeit versteht, dass sich Frau Knobloch mal wieder ungerechtfertigt zu wort gemeldet hat.
Das war nämlich wirklich nicht dran.

Elsa said...

Prinzipiell hast du in der Sache recht.
Tatsächlich ist es aber so, dass der Bischof vor dem Frauenbund die Rolle der mutigen katholischen Frauen historisch gewürdigt an und dann von einer Kampagne von zischenden Gänsen sprach.
Ich finde, wir sollten auch hier ruhig differenzieren, wenn es die anderen schon nicht tun.

Anonymous said...

Bischof Müller hat die Dinge beim Namen genannt. Seine Worte waren deutlich und zeigen mir, daß auch in der Deutschen Bischofskonferenz erkannt worden ist, woher der Wind in diesem Lande weht.

Normale Öffentlichkeitsarbeit macht in der Situation keinen Sinn mehr. Diese setzt eine neutrale Presse voraus, die es in diesem Kulturkampf nicht gibt, denn die Medien sind selber Partei und nehmen aktiv am Kampf gegen die Kirche teil. Die Medien wollen Köpfe rollen sehen, am liebsten den des Papstes.

Es ist nun Aufgabe der Bischöfe, die Gläubigen in diesem Kulturkampf, den man auch als eine unblutige Art der Katholikenverfolgung bezeichnen kann, zu führen. Die Zeit des Kuschelns mit den Medien (wie auch der Politik!) ist jedenfalls vorbei.

Ulrich said...

ich denke, er hat sich gerade noch aus der affäre gezogen.

Der Herr Alipius said...

@ Ulrich: Frau Knobloch hat in ihrer Rolle als Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland erst mal eine Carte Blanche was jegliche Art des Sich-Zu-Worte-Meldens betrifft. Muß man einfach so nüchtern sehen. Ich sage nicht, daß mir das gefällt, aber ich möchte die deutsche Zeitung/den deutschen Sender sehen/hören, die versuchen wollen, ihr da einen Strich durch die Rechnung zu machen.

@ Elsa und Arminius: Klar. Ich finde ja auch, daß die Predigt gelungen war. Aber er hat eben nicht nur von Gänsen gesprochen, sondern konkret das Jahr 1941 und den Nationalsozialismus erwähnt und dann ein "auch heute wieder" gezündet. Selbst das ist noch korrekt, aber man muß sich einfach darüber im Klaren sein, wie bestimmte Kreise darauf reagieren und daß auf solche Aussagen dann der ferngesteuerte Entrüstungssturm losbricht, der die eigentlich gute Predigt überschattet und von ihr nichts übrigläßt, als ein kaum noch erkennbares Sinn-Gerippe, das in einem üppig wallenden Skandal-Mantel steckt. Und Bischof Müller leistet eben genau NORMALE Öffentlichkeitsarbeit, weil er den lauernden Geiern die Stichworte liefert, auf die sie klug berechnend warten. Unnormale Öffentichkeitsarbeit wäre für mich, wenn man die gleichen Inhalte rüberbringt, sie aber in unerwartete Behälter packt.

Elsa said...

>>Unnormale Öffentichkeitsarbeit wäre für mich, wenn man die gleichen Inhalte rüberbringt, sie aber in unerwartete Behälter packt.>>

A) Es war ja keine Öffentlichkeitsarbeit, sondern eine Predigt vor katholischen Frauen.

B) Ich gebe dir Recht. Die unerwarteten Sichtweisen, wie sie etwa zum Beispiel vorbildlich ein H. C. Zander bringt, wenn er über Inquisition und Zölibat schreibt, sind einfach der Brüller. Ich versuche das als Journalistin selbst zu kultivieren. Da bräuchte ich mal noch dringend deine Gebetsunterstützung bis circa Mitte der Woche dazu. Danke!

Der Herr Alipius said...

@ Elsa:
A) Einerseits sollte ein Bischof bei Predigten dieser Art natürlich eine gewisse Freiheit vor Presse-Jagdhunden haben, stimmt. Andererseits wird aber wohl jeder Bischof bis auf weiteres jedes Wort überdenken müssen, da die Spiztel momentan überall sitzen.
B) Gebete gehen klar!

Anonymous said...

Es gibt niemand der den Zentralrat ernst nimmt. Er wird von den Medien nur zitiert, weil es Argumente unnoetig macht. Wenn gegen Israel gehetzt wird, weil die es wagen in ihrem Land Wohnhaeuser zu bauen, dann schweigt der Zentralrat.

Die weit verbreitete Meinung, dass die Katholiken den katholischen Hilter an die Macht gebracht haben, muss widersprochen werden. Denn andernfalls setzt sich diese Meinung schleichend fest, weil niemand das Gegenteil behauptet.

Aus diesem Spiegelbericht von 1971(!) sollte nochmal gross hingewiesen werden: Als "Sexualsumpf" galt Hitlers Propagandisten der Klerus. Mit Serien von Sitten-Prozessen versuchten sie Gläubige von der Kirche abzuspalten.

Anonymous said...

Alipius: "Andererseits wird aber wohl jeder Bischof bis auf weiteres jedes Wort überdenken müssen, da die Spiztel momentan überall sitzen."

Dieses "bis auf weiteres" ist zeitlich nicht beschraenkt. Vor etwa 5 Jahren war sowas schon mal. Da hat Kardinal Meisner gegen Abtreibung gepredigt und dabei in einem Halbsatz einen Vergleich zu den NS-Verbrechen gezogen. Gab ein riesen Geschrei in den Medien. Die Medien behandeln die Kirche im Moment so, wie sie sie schon seit Jahren behandeln. Wenn die Kirche von den Medien respektiert werden will, dann muss sie sich selber verleugnen.

Lupambulus Berolinen. said...

Man könnte es auch so sehen: Wenn man jetzt aus Angst vor dem Mediengeschrei, d. h. dem Imageschaden, NICHT so deutlich die reine Wahrheit ausspricht, wie Bischof Müller es getan hat, dann handelt man im Grunde so, wie seinerzeit nicht wenige Oberhirten, die aus Angst vor einem ramponierten Bild in der Öffentlichkeit Missbrauchsfälle unter den Teppich gekehrt haben.

maternus said...

Klug gewählten Worten sollten vor allem klug gewählte Taten vorangehen. Wenn ich an die trüben Vorgänge unter dem Stichwort "Riekofen 2007" denke, kann man Exzellenz Müller in dieser Hinsicht sicherlich keine glückliche Hand bescheinigen. Er hat da viel Porzellan zerbrochen.

Und törichte Vergleiche mit der NS-Zeit (mir ist zumindest nicht bekannt, daß Priester gegenwärtig wegen erfundener Vorwürfe ins KZ wandern und dort ermordet werden) dienen auch nicht einer friedlichen Lösung.

Wer denkt eigentlich an die Kinder?

Lumen Cordium said...

Das einzige, was ich hier wirklich konkret sehe, ist, dass die Kirche sich vom Staat dirigieren lassen muss, sonst stört sie den öffentlichen Frieden.

Also bitte, falsche Rücksicht und die Unterschlagung der Wahrheit sind jetzt wahrlich keine guten Ratgeber. Ich finde es vollkommen richtig, dass Bischof Müller hier einmal mehr die Wahrheit ans Licht gebracht hat und der Gesellschaft einen Spiegel vorhält. Denn diese Gesellschaft befindet sich in einen Kulturkampf und diese Gesellschaft hat nichts aus der Vergangenheit gelernt.

Das hat rein gar nichts mit KZ zu tun. Priester wurden unter Hitler schon lange vor der ersten Instandsetzung eines KZ verleumdet und verfolgt! Es hat auch damals mit der Medienhatz auf die Kirche angefangen.

maternus said...

Hm. Was heißt hier denn "die Kirche (muß) sich vom Staat dirigieren lassen"?

Immerhin geht es hier um Offizialdelikte, die von Rechts wegen, ohne Ansehen der Person, verfolgt gehören. Wenn darunter leider auch Priester sind, ändert das an dieser juristischen Selbstverständlichkeit nicht Bohne. Es gibt in der Strafverfolgung kein kirchliches Sonderrecht. Es liegt sogar im ureigensten Interesse der Kirche, umfassend aufzuklären und am Ende über einen sauberen Klerus zu verfügen. Denn an all die guten Priester, Ordensleute und Laien im Kirchendienst, die sich nichts haben zuschulden lassen, sollte notabene auch mal ein Gedanke verschwendet werden. Deren gute Arbeit im Weinberg des Herrn wird derzeit auch diskreditiert. Und das wird mit Wagenburg-Aktionen der Exzellenz Müller nicht besser.

Wie gesagt, mit geht die derzeitige Hysterie vieler Kirchenfeinde, die es ja 'schon immer gewußt' haben, sehr gegen das Gemüt. Aber man muß das Medientheater sorgfältig von Faktenlage unterscheiden. Und auch die ist nicht sehr schön.

Wie Exzellenz Müller das Ganze nur auf eine "Kampagne" herunterzubrechen, greift m.E. zu kurz und steht vor allem der angemessenen Behandlung der betroffenen Opfer entgegen. Und hier Zustände wie zur Nazizeit zu insinuieren, ist von der Sachlage her in mehrfacher Hinsicht Unsinn. Es gibt keine gleichgeschaltete Presse, es gibt keine Diktatur. Hier werden Birnen mit Pferdeäpfeln verglichen.

Noch einmal: wer denkt hier eigentlich an die Kinder?

Lumen Cordium said...

Ich redete nicht im Zusammenhang mit den Offizialdelikten.

>Noch einmal: wer denkt hier eigentlich an die Kinder?

Also ich nehme doch an, dass der Heilige Vater, aber sicher auch Bischof Müller an die mittlerweile erwachsenen Opfer denken.

Nur wenn eine Predigt ein bestimmtes Thema hat, kann man sich nicht ständig verbiegen, nur um es dem Zentralrat oder anderen Kräften in diesem Lande recht zu machen. Das meinte ich unter anderem mit dem "Dirigieren".

Bischof Müller hat sich im Übrigen zu den Missbrauchsfällen geäußert, dass kann niemand leugnen. Dass er halt nicht immer die gleichen Sätze wiederholt, sondern auch einmal andere Seiten der Medaille beleuchtet soll jetzt sein Galgenstrick sein?

Elsa said...

Wer hier an die Kinder denkt?
Bischof Müller?
Hier jedenfalls sein O-Ton:

>>Was hier in den letzten Wochen an Verletzung der Menschenwürde unserer Domspatzen geschehen ist, ist unbeschreiblich: Die Gesichter einzelner Jugendlicher werden von der Fernsehkamera groß ins Bild herangeholt. Dem unbedarften Zuschauer wird suggeriert: Das sind die Opfer und Täter einer Organisation, in der „sexueller Missbrauch und systematische Verprügelung von Jugendlichen gang und gebe“ ist. In dieser angeheizten Stimmung werden unsere Domspatzen öffentlich angepöbelt und mit den ordinärsten Ausdrücken beleidigt. Ihre Eltern werden von Reportern, die das Gymnasium belagern, angegangen, weil sie ihre Kinder noch nicht aus diesem „Sumpf von sexueller Gewalt und systematischer Demütigung“ befreit hätten.<<

Oder zählen diese Kinder nun wiederum nicht?