Thursday, April 08, 2010

Damit Ihr nur ja nicht glaubt...

... es ginge nicht immer noch ein Stückchen tiefer:

Die Presse, Österreichs führende Tageszeitung, demonstrierte heute, daß 'ausgewogene' Berichterstattung durchaus zwischen Stand-up Comedy und Dummdreistigkeit ihre Nische finden kann. Im Wien-Teil lautet die dicke Schlagzeile auf der erstsen Seite:
    Mißbrauch -
    Neue Fälle,
    nicht in der Kirche
Wenn das tatsächlich gut gemeint gewesen sein soll, ist es trotzdem noch unterirdisch doof. Wenn es allerdings nur dazu dienen sollte, irgendwie die Begriffe "Mißbrauch" und "Kirche" in eine Schlagzeile zu bekommen, dann ist Kardinal Sodano im Grunde schon wieder rehabilitiert.


Ach ja, Kardinal Sodano: "Heiliger Vater, das Volk Gottes ist mit Dir und wird sich nicht von dem unbedeutenden Geschwätz dieser Tage beeinflussen lassen." So lautet eine der Übersetzungen aus dem Italienischen.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, "Geschwätz" zu verstehen. Es kann entweder jener Anteil der Berichterstattung der letzten Wochen und Monate gemeint sein, der in der Tat nichts weiter als unbedeutendes Geschwätz war und ist. Davon gibt es genug und es wird auch weiterhin kommen. Oder "Geschwätz" kann jede im Zusammenhang mit Kindesmißbrauch gemachte Äußerung meinen, sei es die Klage eines Opfers, ein Statement eines irgendwie betroffenen Priesters oder Bischofs, eine seriöse Berichterstattung oder ein Hirtenbrief. Hier wird also schnell klar, daß Kardinal Sodano "Geschwätz" nicht allgemein verstanden sondern auf die besonders ekligen und dümmlichen Fälle begrenzt wissen wollte.

Daß der Teil der Medien, bei dem diese Watschn so richtig saß, jetzt - ganz beleidigte Diva - aufjault wie ein angeschossenes Tier, absichtlich auf doof macht und seine betroffen / entrüsteten / verletzten / schockierten Ablenkungsmanöver fährt (a la 'Sodano bezeichnet Klagen und Schmerzensrufe der Opfer als Geschwätz...'), beweist mir eigentlich nur, wie genau der Kardinal mit seiner Bemerkung saß.

Dies ändert allerdings nichts daran, daß es trotzdem ein ungeschicktes Manöver war. Auch im Vatikan hätte man eigentlich mittlerweile gelernt haben müssen, wie die Maschine da draußen funktioniert, wie sie bestimmte Äußerungen versteht und wie sie diese zu drehen imstande ist. Der Kardinal hätte sicherlich umsichtig gehandelt, hätte er seine Worte an den Heiligen Vater entweder präziser gewählt oder vorher von einem katholischen Blogger oder Journalisten prüfen lassen.

Bleibt die Hoffnung, daß Benedikt XVI nicht nur gute und wahre Worte bzgl der Nutzung der neuen Massenmedien findet, um sich dann der Arbeit am nächsten Buche zuzuwenden, sondern daß er auch mal am Ball bleibt, den Besen rausholt, jenen Teil der Kurie ausmistet, in dem tatsächlich noch eine etwas renaissancehafte Vorstellung über den Umgang mit den eigenen Versäumnissen, Fehlern und Sünden besteht und dann eine Task-Force "Öffentlichkeitsarbeit und Web-Awareness im 21. Jahrhundert" mit coolen Sonnenbrillen, MacBooks und stylischen Uniformen ins Leben ruft.

7 comments:

Anonymous said...

Der Vatikan kann nicht immer nur Rücksicht darauf nehmen, ob das, was er sagt, auch richtig verstanden wird.

Diejenigen, auf deren sich der Begriff Geschwätz bezog, werden sowieso erst dann zufrieden sein, wenn der Papst die Kirche auflöst. Und die anderen haben Sodano auch so verstanden.

Die klaren Worte waren also völlig in Ordnung.

Anonymous said...

Die vorgeschlagene Task-Force sollte einen klangvollen Namen haben, ich schlage vor: Isidoriana, und sie sollte als Signet eine von einer Taube überschwebte Computermaus (Silberstickerei auf himmelblauer Seide) haben.

Elsa said...

Sehe es ähnlich wie Arminius. Sodano und Bertone dürfen genauso sagen was sie wollen, wie Claudia Roth auch. Die redet unaufhörlichst derbste Scheiße, und niemanden regt es auf.
Dagegen sind die Äußerungen von Sodano ja geradezu dezent.
Als nächstes lässt Pater Lombardi versehentlich einen fahren im Pressesaal und kurz darauf titeln alle, dass er damit die Opfer verhöhnt hat ....

Was die coolen Typen mit den Sonnenbrillen und Macbooks betrifft, das waren für mich immer die Legionäre Christi ... :-/

spero said...

"...und dann eine Task-Force "Öffentlichkeitsarbeit und Web-Awareness im 21. Jahrhundert" mit coolen Sonnenbrillen, MacBooks und stylischen Uniformen ins Leben ruft."

Meinste ich soll mal ne Initiativbewerbung schicken? Hoert sich wie ein ziemlich cooler Job an. Was braucht man da wohl fuer ne Ausbildung? Theologische Informatik oder Informations-Theologie oder sowas, wah? ;-)

Lupambulus Berolinen. said...

"Am römsten" hat recht und die "klaren Worte" (in Wahrehit eben alles andere als klar) waren völlig überflüssig.

Übrigens: Sodano gehört wirklich ausgemistet. http://ncronline.org/news/accountability/money-paved-way-maciels-influence-vatican

Und bitte jetzt nicht herumquaken, das sei ein amerikanisches "Publikforum", die seien nicht mehr katholisch usw. Alles richtig. Aber was ändert's an dem Berichteten?

Ratzinger ist unser Mann! Er erweist sich immer mehr als wahre Lichtgestalt. Möge er uns lange erhalten bleiben!

Der Herr Alipius said...

@ claudia: Isidoriana ist ja schon mal nicht übel! Und mit himmelblauer Seide rennst du bei mir eh offene Türen ein!

@ spero: Versuchen kostet nix ;-) gib Dich als Infologischer Theormatiker aus oder so.

@ die Anderen: Na klar hat Kardinal Sodano das Recht, zu sagen, was er will. Aber er sollte vorher bedenken, daß die gesamte Kirche image-mäßig den Fallout zu tragen hat. Daß wir zu unserem German Sheperd stehen, ist klar. Aber es gibt da draußen eben auch eine kirchenfeindliche Meute, denen solche Sprüche wie die vom Kardinal-Ex-Staatssekretär nur zu recht kommen.

Lumen Cordium said...

Also wenn es danach geht, sollte man dann kirchlicherseits zu allen Behauptungen schweigen, denn es wird einem schier alles falsch und schändlich ausgelegt. Wenn man aber schweigt, wird man erst recht in die Pfanne gehauen.

Versteht doch endlich, dass es ganz genauso ist, wie es der Herr sagte:

Lukas 7, 32

32 Sie sind wie Kinder, die auf dem Marktplatz sitzen und einander zurufen: Wir haben für euch auf der Flöte (Hochzeitslieder) gespielt und ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen und ihr habt nicht geweint.
33 Johannes der Täufer ist gekommen, er isst kein Brot und trinkt keinen Wein und ihr sagt: Er ist von einem Dämon besessen.
34 Der Menschensohn ist gekommen, er isst und trinkt; darauf sagt ihr: Dieser Fresser und Säufer, dieser Freund der Zöllner und Sünder!

Es ist ganz egal, was wir tun oder lassen, die Welt da draußen wird nie damit zufrieden sein, wenn es nicht ein Zugeständnis für den Ungeist ist. Und ich denke es kann nicht darum gehen, es der Welt da draußen mit rosig diplomatischer Wortwahl möglichst recht zu machen, sondern es muss darum gehen die Wahrheit zu sagen bzw. eben auch seine Meinung zu äußern. Wir sind nur der Wahrheit verpflichtet und nicht der rhetorischen Schönrednerei.

Sicher soll man sich nicht ausdrücken wie die Axt im Walde, denn dass ist sicher kein christlicher Stil... aber es gibt Momente, wo man etwas nachwürzen muss und das finde ich schon richtig.