"Gott sei Dank hat sich diese Sache längst erledigt. Munilla hat die Diözese, die auf Grund der Verwebung mit der Politik tatsächlich problematisch ist, längst in Besitz genommen. Bei der Übernahme wurde er mit demonstrativem, donnerndem Applaus empfangen. Ich schrieb darüber schon einmal in einem Thread,und zitiere mich selbst: "Endlich bekommt eine problematische Diözese einen tüchtigen und jungen Bischof, der zwar aus der Diözese stammt, aber wegen seiner großen Fähigkeit schon in jungen Jahren herauswuchs, und daher nicht zum lokalen Establishment gehört. Darüber sollte man sich ehrlich freuen. Diese Sache ist erledigt und gut über die Bühne gegangen." Er ist auch ein kluger Kopf und guter Administrator."]
Leser Marcus machte mich auf Reibereien baskischer Priester mit dem Vatikan aufmerksam:
- Spanien: Aufstand gegen Papst Benedikt
Ihre Rebellion richtet sich gegen die Nominierung des neuen Bischofs für die baskische Küstenmetropole San Sebastián. “Die Ernennung bedeutet eine klare Herabwürdigung des kirchlichen Lebens in unserer Diözese“, protestierten die Geistlichen in einem Manifest. 77 Prozent der Gemeindepfarrer der Diözese unterzeichneten das Papier. Der Papst hatte mit José Ignacio Munilla einen Anhänger einer ultrakonservativen [Korrektur zum gestrigen Artikel: "Konservativ" geht natürlich mit "ultra-" genausogut wie mit "erz-"] Kirchenlehre zum neuen Bischof von San Sebastián ernannt.
Der 48-jährige Munilla, bisher Bischof der nordspanischen Stadt Palencia, ist ein scharfer Gegner der - von der spanischen Regierung geplanten - Lockerung der Abtreibungsgesetze. Er bezichtigte die Parlamentarier, die die Reform verabschieden wollen, der “Beihilfe zum Mord“. Der baskische Politiker Joseba Egibar sagte über den Kirchenmann: “Rechts von ihm ist für nichts mehr Platz.“ Die rebellierenden Geistlichen hielten dem Vatikan vor: “Er (Munilla) ist in keiner Weise die geeignete Person, die das Amt des Bischofs und Hirten unserer Diözese ausüben könnte.“ Der Protest ist allenfalls vergleichbar mit dem Unmut, der sich 1967 unter den Geistlichen in der Region Katalonien ausbreitete, als Papst Paul VI. Marcelo González Martín zum Erzbischof von Barcelona ernannte. “Don Marcelo“ wurde später dadurch bekannt, dass er 1975 nach dem Tod von Francisco Franco den Trauergottesdienst für den Diktator hielt. Die katalanischen Geistlichen waren damals gegen González Martín, weil dieser nicht aus ihrer Region stammte.
Bei der jetzigen Priester-Rebellion im Baskenland hat der Protest andere Gründe. Munilla, dereinst ein Schützling von González Martín, ist selbst Baske und beherrscht die baskische Sprache. Dass er in seiner Heimat auf Ablehnung stößt, hat vor allem damit zu tun, dass dort viele Geistliche mit den baskischen Nationalisten sympathisieren. Der neue Bischof dagegen ist ein Gegner von Sezessions-Bestrebungen. Man geht in Spanien davon aus, dass der Papst den neuen Bischof von San Sebastián aufgrund einer Empfehlung des konservativen spanischen Kardinals Antonio María Rouco Varela ernannt hat. Der Erzbischof von Madrid und Vorsitzende der spanischen Bischofskonferenz will die Kirche im Baskenland allem Anschein nach mehr auf Distanz zum Nationalismus bringen.
Den baskischen Geistlichen war in der Vergangenheit vor allem von konservativen Madrider Kreisen vorgeworfen worden, sich als Seelsorger um die Angehörigen von ETA-Terroristen in gleicher Weise zu kümmern wie um die der Opfer. Die konservative und rechtsliberale Presse zeigt wenig Verständnis für den Protest der Priester. “Wenn die Geistlichen den Terror der ETA in der Vergangenheit mit der gleichen Schärfe verurteilt hätten, mit der sie jetzt Munilla kritisieren, könnten sie für ihre Aktion jetzt eine moralische Autorität beanspruchen“, meint die Madrider Zeitung “ABC“. Das Konkurrenzblatt “El Mundo“ ergänzte: “Ein Teil der baskischen Kirche hat mehr Sympathien für die Mörder (der ETA) gezeigt als für deren Opfer. Auf die Sünde folgt nun die Buße.“
Irgendwie wirkt der Artikel auf mich aber ein wenig konfus. Erst wird Munilla - ganz Anhänger einer "ultrakonservativen" Kirchenlehre - in die Ecke des "Schützlings des Trauergottesdiensthalters von Diktator Franco" gerückt, hübsch untermalt von Zitaten, deren Relevanz (besonders im Fall von Egibar) leicht fragwürdig ist. Da gehen bei mir normalerweise immer gleich alle Warnleuchten gleichzeitig an und eine Roboter-Stimme tönt: "Achtung! Achtung! Kirchenvertreter wird als Buhmann aufgebaut! Achtung!..."
Aber dann wird Munilla präsentiert als ein Priester, der lieber Hirte sein will als Politiker oder Sympathisant und sich die Finger beim Sezessions/Nationalismus-Bingo nicht schmutzig machen möchte. Das klingt für mich nach einem vorbildlichen Priester.
Dann wiederum wird den Stimmen, die die Ernennung befürworten (Kardinal Canizares, ABC, El Mundo) das Etikett "konservativ" bzw "rechtsliberal" angehängt, was wieder so auf einer Nebenspur das "Abtreibungsgegner! Homo-Ehen-Torpedierer! Mit dem Rücken zum Volk-Steher!"-Mantra mitlaufen läßt.
Werde ich schon paranoid? Lese ich hier zuviel hinein? Oder sind es die Medien selbst Schuld, die ihrerseits Begriffe wie "konservativ" durch inflationären Gebrauch im Kampf gegen unbeliebte Kirchenmänner mit mehr Bedeutung beladen haben, als ihnen lieb sein kann?
HILFE!!!
4 comments:
Vielleicht hilft es zu wissen, daß die baskischen Separatisten in Batasuna, ETA etc. nicht in dem Sinne Nationlisten sind, wie man ihn in Deutschland üblicherweise einordnet, nämlich im rechten politischen Spektrum, sondern links- bis linksextreme Nationalisten. Ein konservativer Bischof würde da natürlich mit der kirchlichen Verurteilung des Kommunismus stören.
Ja, klar, daß die ETA links ist wußte ich. Rein politisch macht das Ganze auch Sinn. Ich frage mich nur, ob die Medien jetzt wirkich die ETA instrumentalisieren wollen, um zu zeigen, wie RECHTS der Bischof ist.
Gott sei Dank hat sich diese Sache längst erledigt.Munilla hat die Diözese,die auf Grund der Verwebbung mit der Politik tatsächlich problematisch ist,längst in Besitz genommen.Bei der Übernahme wurde er mit demonstrativen ,donnernden Applaus empfangen.
Ich schrieb darüber schon einmal in einem Thread,und zitiere mich selbst:
"Endlich bekommt eine problematische Diözese einen tüchtigen und jungen Bischof,der zwar aus der Diözese stammt,aber wegen seiner großen Fähigkeit schon in jungen Jahren herauswuchs,und daher nicht zum lokalen Establishment gehört.Darüber sollte man sich ehrlich freuen.Diese Sache ist erledigt und gut über die Bühne gegangen."
Er ist auch ein kluger Kopf ,und guter Administrator.
Viele Grüße
Von Ortskenntnissen des Baskenlandes bin ich zwar nicht beschwert, weise aber darauf hin, daß einige der kleineren Nationen Europas erst durch den Klerus "Nation geworden" sind, dh, die Elite, die die Nation definiert hat, waren (zumindest eine Zeitlang) überwiegend Priester: die Iren, die Slowenen (zu Zeiten der Habsburgermonarchie) und, ich glaube gelesen zu haben, auch die Basken. Das hat dann oft dazu geführt, daß der Klerus dieser Länder SEHR nationalistisch eingestellt war. Auch wenn sie im politischen Alltagsgeschäft oft nicht mehr viel mitzureden haben, den Nationalismus haben manche Priester offenbar beibehalten. Ob dabei nicht vergessen wurde, daß Christus auch nicht von ... (bitte einsetzen) gebürtig war?
Zwetschgerich
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