Er ist sehr lesenswert und typisch Mosebach. Was mich vor allem freut, ist, daß der Autor zu einer Erkenntnis kommt, die ich auch schon öfters mal geäußert habe, allerdings nicht nur auf Benedikt XVI bezogen, sondern im Grunde auf den Katholizismus: Womit auch immer die negativen Schlagzeilen über die Kirche sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten beschäftigt haben mochten; es schwang stets ein leichtes Zittern mit, verursacht durch die Angst vor dem, was nicht wenige Leute heutzutage wohl als den Super-GAU empfinden würden: Eine Kirhce, deren Schäfchen plötzlich wieder katholisch sind und sich eine Identität zulegen, die außerhalb des Machtbereiches von Schund-Talkshows, dem schnellen Auflagen-Euro durch die noch schnellere Schlagzeile und dem verantwortungsfreien Umgang mit dem, was sie laut diverser Industrien grade ganz dringend brauchen, liegt:
- "Natürlich ist da die Erinnerung an die öffentlichen Erfolge seines Vorgängers, des die Herzen bezwingenden Johannes Paul II. Er führte die Kirche zu einer Präsenz in der Welt, die nur noch mit der Wirkung der mittelalterlichen Päpste vergleichbar war. Aber es ist kein Geheimnis, dass hinter einer strahlenden Fassade der innere Zustand der Kirche längst aufs Höchste gefährdet war. Die spirituelle Aushöhlung hatte bedrohliche Ausmaße erreicht. Ist es sehr zynisch, zu vermuten, dass eine solche Kirche vielen ihrer Feinde nicht unwillkommen war? Eine Kirche, die dabei war, ihr religiöses Gewicht zu verlieren, ihre Andersheit, ihre Sakralität - mit der kam man zurecht, da konnte die alte, immer noch aktuelle Devise Voltaires "Écrasez l'infâme" eine Weile zur Seite gelegt werden.
Bei Benedikt spürt man den beinahe schon vergessenen Wahrheitsanspruch der Kirche zurückkehren; es wird deutlich, dass der Papst es mit seinem Kampf gegen den Relativismus ernst meint und dass er vor allem die Katholiken dafür gewinnen will, wieder katholisch zu sein. Das begreift ein einflussreicher Teil der veröffentlichten Meinung als Kriegserklärung. Ihre Antwort darauf ist: Dieser Papst darf keinen Fuß auf den Boden bekommen. Wäre er ein Politiker, er müsste nervös werden. Aber die Stärke dieses sanften und behutsamen Mannes, der für sich selbst die Anwendung von Machtmitteln ablehnt, besteht darin, dass er eben kein Politiker ist."
1 comment:
Mir gefiel am besten der Satz:
"Da die Kirche Jesu Christi auf die Überlieferung dessen verpflichtet ist, was sie empfangen hat, kann es keine Revolution in ihr geben. Wo es keine Revolution gegeben hat, kann es aber auch keine Reaktion geben."
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