Hans-Ludwig Kröber, Deutschlands bekanntestem Kriminalpsychiater, im Cicero-Interview:
- Noch nie war das Thema Pädophilie in Deutschland so präsent wie in den letzten Wochen. Hat unsere Zeit, hatten die 70er, haben bestimmte Institutionen ein besonderes Problem mit dem sexuellen Kindesmissbrauch, oder kommt heute nur ein Schrecken ans Licht, den es so immer schon überall gab?
Nicht nur das, sondern es war auch immer schon klar, dass es das gibt, deshalb verwundert mich die momentane Aufregung. Man muss ja nur in die Kriminalstatistik früherer Jahre schauen. Es sind ja auch immer wieder zum Beispiel Priester verurteilt worden. Aber heute schaffen es zwei Priester der Regensburger Domspatzen auf die Titelseite, die verstorben sind und davor rechtskräftig abgeurteilt wurden. Lange nach ihrem Tod. Warum? Weil Georg Ratzinger auch bei den Domspatzen war, und man hoffte, man wäre jetzt endlich beim Papst. Was man ja schließlich auch auf anderem Weg geschafft hat. Aber in allen pädagogischen Bereichen gab es zu allen Zeiten solche Fälle, ob in der Schule, bei den Pfadfindern, in Sportvereinen oder eben in Gemeinden. Und in den Dörfern gab es immer die Kerle, die ihre Finger nicht bei sich behalten konnten. Den Kindern wurde dann gesagt: Mach einen Bogen um den, der fummelt und ist ein Schweinigel. Aber die Umgangsweise damals war halt eine andere: Man hat nicht viel darüber gesprochen, sondern versucht die Leute dorthin zu bugsieren, wo sie keinen Schaden anrichten.
Gerade dafür steht nun die katholische Kirche in der Kritik. Laut einer Zählung des SPIEGEL sind seit 1995 insgesamt mindestens 94 Verdachtsfälle von Missbrauch durch Kleriker und Laien bekannt geworden...
Also, wenn Der Spiegel mit 94 Tatverdächtigen in 15 Jahren kommt, dann ist das für jemanden der sich kriminologisch ein bisschen auskennt eine verblüffend geringe Zahl. Das hieße, dass das aktuelle Risiko des sexuellen Missbrauchs in Einrichtungen der katholischen Kirche noch viel geringer ist, als ich das zuerst vermutet hätte. Im Jahr werden durchschnittlich etwa 15.000 Fälle von Kindesmissbrauch polizeilich gemeldet. Die Kirche selbst hat etwa 600.000 Bedienstete, das sind rund 1, 8 Prozent der Bevölkerung. Und darunter 94 Fälle seit 1995, das ist im Kontrast zu den alten Fällen eine dramatische Verbesserung der Situation. Abgesehen davon findet weit mehr als die Hälfte des sexuellen Missbrauchs in Familien statt. Noch mehr gilt das für die Gewalttaten. In der Debatte um die katholische Kirche wurde jetzt sexueller Missbrauch und Prügelpädagogik, die es damals unstreitig an allen Schulen gab, so oft vermischt, dass man das Gefühl hatte, man will die Zahlen strecken.
1 comment:
Das ist alles schon lange bekannt, aber das interessiert niemanden. Hier geht es schon lange nicht mehr um Fakten.
Die Presse ist eben keine Institution, die die Öffentlichkeit mit den Informationen versorgt, die sie benötigt, um sich eine eigene Meinung bilden zu können.
Die Presse ist, zumindest wenn es gegen die Katholische Kirche geht, Partei. Da hat sich seit den Tagen der Reichsschrifttumskammer wenig geändert.
Wenn die Kirche auch in Zukunft die Menschen erreichen will, dann muß das ohne oder gegen die Systemmedien gehen, aber ganz gewiß nicht mit ihnen.
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