Friday, April 30, 2010

Kinderglauben

Ebenfall über Elsa stieß ich auf dieses Idea-Inteview mit Robert Spaemann. Idea ist ein Magazin bibeltreuer Evangelikaler. Der Interviewer konfrontiert den Philosophen mit einigen gängigen, skeptischen bis kritischen Fragen, die man im Zusammenhang mit der Auferstehung Christi immer wieder mal hört, wohl, um des Teufels Advokat zu spielen und von Spaemann ein paar gute Antworten zu bekommen.

Es gibt dann noch eine andere Frage, die ich mal herauspicke, weil sie mir grundsätzlich für die heutige Zeit wichtig scheint:
    Herr Spaemann, Sie glauben daran, dass Jesus von einer Jungfrau geboren worden ist und Wunder getan hat, dass er nach seinem Tod auferstanden ist und dass Sie mit ihm in Ewigkeit leben werden. Kurz gesagt: Sie haben einen Kinderglauben!
Also erstens: Matthäus 18;3

Und zweitens: Wenn Spaemanns Glauben der eines Kindes ist, dann müßte der Glaube eines Erwachsenen sich ja dadurch auszeichnen, daß er die angeführten Punkte entweder anzweifelt oder ablehnt. Im Interview wird auch immer wieder auf so eine kritische Einstellung verwiesen. Es wird unter anderem der evangelische Theologe Rudolf Bultmann zitiert mit seinem Satz: "Ein Leichnam kann nicht wieder lebendig werden und aus dem Grabe steigen". Jetzt ist Bultmann ja nicht irgendwer und ich glaube ihm auch, daß diesem Satz eine gründliche Gewissens- und Wissens-Forschung vorausging. Aber ich treffe andererseits dann doch viel zu viele Leute, die den Zweifel so ein wenig selbstschmeichlerisch vor sich hertragen. Auch führt so eine Aussage wie die von Bultmann ja dazu, daß der Zweifel sich dann von der Auferstehung wie ein Krebsgeschwür in den Rest der Christlichen Lehre hineinfrißt und es dann plötzlich auch keine Hölle mehr gibt, kein Fegefeuer, keine Sonntagspflicht und letztlich kaum noch ein Teil der Lehre Bestand haben darf, weil er persönlichen Präferenzen und subjektiven Empfindungen im Wege steht. Erst neulich wurde ich wieder darauf angesprochen, wie weig die Kirche heutzutage von den Leuten noch verstanden wird, da sie in der Messe von "Opferlamm" und "Ich bin nicht würdig" redet; dabei sind wir doch alle nicht nur würdig, sondern sogar schon erlöst! Man sieht, wo der Zweifel hinführen kann.

Ja, Spaemanns Glaube ist der eines Kindes. Und es ist daher der authentischere, der bessere Glaube. Denn nur, wer sich auch mal entspannt zurücklehnen kann und sagen kann: "ER ist immerhin Gott, also wird ER das auch können und so gemeint haben"; nur, wer das blinde Vertrauen mitbringt, welches in nicht wenigen Situationen des Lebens den Glauben stärkt, ja rettet; oder - ganz simpel ausgedrückt - nur, wer sich immer wieder denkt 'Der Papa wird's schon richten', der wird klein genug bleiben, um Eingang in das Himmelreich zu erlangen.

12 comments:

curioustraveller said...

Ich habe gerade bei kath.net das ganze Interview gelesen. Kein Wunder, dass Spaemann mit seinem festen Glauben und seinem Sachverstand - und damit, das beides kein Widerspruch für ihn ist - auch in evangelikalen Kreisen ein hohes Ansehen genießt. Hach, um Theologen dieses Formats ist die katholische Kirche in der Tat zu beneiden...

spero said...

Kinderglauben, wie ich ihn verstehe, bedeutet auch dass man, wie Spaemann auf die zitierte Aussage von Bultmann, Leichen wuerden nicht auferstehen, ganz "kindisch" oder besser kindes-typisch fragt: "Woher weiss der Bultmann das ueberhaupt?" Und nicht in Ehrfurcht erstarrt, weil es ja der Bultmann war der es gesagt hat und es deshalb stimmen muss.
Das ist auch "Kinderglauben", zu wissen, dass da einer ist der alles weiss und dem ich nicht erklaeren muss wie es laeuft und der ueber meine ganzen Erklaerungsversuche meistens wohl gutmuetig laechelt :-)
Kinder rechnen mit Wundern, weil sie noch nicht so arrogant zsind zu glauben, sie koennten die Welt erklaeren.

Anonymous said...

DANK für dies (für mich abendliche) Predigt aus Rom!!!

Florian said...

Ich frage jetzt sehr provokativ: Sind wir nicht erlöst? Hat uns Christus nicht zigmal gesagt, wer an ihn glaubt, in ihm bleibt, sich taufen lässt, sich immer wieder zu ihm hinkehrt, gerettet ist? Da dürfen wir Ihn doch wörtlich nehmen, oder? ;)

Le Penseur said...

Auf die Gefahr hin, mich hier sehr unbeliebt zu machen: ja, ich glaube, daß Spaemann einen "Kinderglauben" vertritt, und nein, ich glaube nicht, daß dies wünschenswert ist. "Cum essem parvulus, loquebar ut parvulus, cogitabam ut parvulus. Quando autem factus sum vir, evacuavi quæ erant parvuli. (1 Cor. 13,11)"

Für mich habe ich eine Annäherung an einen vernunftgemäßen Glauben gefunden (obwohl ich in einer Reihe von Fragen durchaus anders denke und mir dieses mein Denken auch dadurch nicht verbieten ließe! Was Unitarier aufgrund ihrer Achtung vor der freien Meinung auch in religiösen Dingen ohnehin nicht tun ...), die ich die geneigten Leser selbst zu prüfen ersuche:

unitarius.hu/english/catechism.html

Auch das ist natürlich (es ist ja ein Katechismus!) "Kinderglaube" i.S.v. "kein theologisches Seminar", aber eben vernünftig und einleuchtend (mir manchmal ein bisserl zu gutmenschlich — aber eine brauchbare Arbeitsgrundlage für meinen Glauben). Und, um nochmals (den von mir an sich nicht so geschätzten) Paulus zu zitieren: "quod bonum est tenete" ...

Der Herr Alipius said...

@ Le Penseur: Also ich finde erstmal, daß Sie es nicht nötig haben, Kommentare mit "Auf die Gefahr hin, mich hier sehr unbeliebt zu machen..." zu beginnen.

Unbeliebt macht man sich hier höchstens mit wilden Beschimpfungen oder Spam, aber nicht mit seiner eigenen Meinung, schon gar nicht, wenn sie mit Respekt und Vernunft vorgetragen wird.

Ich hätte vielleich im Artikel stärker durchscheinen lassen sollen, daß ich mit Kinderglauben nicht eine Art von ungeprüftem, blind nachfolgewilligem Glauben meine, sondern einen Glauben, der nicht so schnell zerbricht, weil er da, wo die Vernunft an ihre Grenzen stößt, das Vertrauen und die Hoffnung setzt und nicht (wie ich es hin und wieder bei Menschen erlebe, deren Glaube zu "erwachsen" ist) einen unbedingten Willen, alle Fragen für sich selbst beantworten zu müssen - und dabei in einem Zuge auch bestimmte Glaubensinhalte aufzulösen.

Also - wenn man das so sagen darf: Ich bin ein ziemlicher Anhänger des kindlichen Herzens, weniger des kindlichen Verstandes.

Stegi said...

Bultmann hielt doch eh alles und jeden für einen "Mythos" oder erinnere ich mich jetzt da falsch an meine Schulzeit?

Le Penseur said...

@Rev.Alipius:

Nun, ich poste je noch nicht so lange und v.a. nicht so intensiv auf Ihrem Blog, als daß ich diese Warnung nicht sicherheitshalber angebracht hätte. Wegen ähnlicher wortmeldungen wurde ich auf diversen katholischen Blogs schon eher mit der "zur Entzündung des Scheiterhaufens" bereitgehaltenen Fackel begrüßt ;-)

Es war daher nicht als bloß scheinheilige captatio benevolentiæ gedacht, sondern eingedenk dieser Erfahrungen als Warnung für "unhinterfragte" Gemüter, die sich durch derartige Links in ihrer Glaubenssubstanz getroffen fühlen und dementsprechend den Boten der unwillkommenen Nachricht "erschlagen".

Ihre Unterscheidung mit dem kindlichen Herzen und dem kindlichen Verstand ist treffend formuliert, doch in der Realität geht dann doch oft beides Hand in Hand. Und bei gewissen katholischen Glaubenslehren frage ich mich halt kopfschüttelnd, wie das ein Mensch tatsächlich glauben können soll. Ohne das jetzt weiter ausführen zu wollen — aber sollten Reverende einmal Zeit und Lust haben, sich den Link anzusehen und zum Gegenstand einer Erörterung zu machen, bin ich gern unter den Diskutanten!

Der Herr Alipius said...

@ Le Penseur:
Angesehen habe ich mir den Link schon mal, aber ich werde in den nächsten Tagen wohl erst einmal keine Zeit haben, ihn zum Inhalt einer Erörterung zu machen. Aber vielleicht so gegen Sommer, okay?

Immerhin kann ich schon einmal sagen, daß ich mit der Bezeichnung Jesu als "größter Prophet Gottes" anstelle von "Gottes Sohn" (außer im allgemeinen "best of the sons of God") als Katholik natürlich nur so mittel-happy bin.

Le Penseur said...

@Rev.Alipius:
Na immerhin! — »mittel-happy« ist ja schon weit mehr, als ich überhaupt zu hoffen wagte ...

:-D

Nein, im Ernst: wann immer Sie dazukommen, freue ich mich auf eine Diskussion ...

Der Herr Alipius said...

@ Le Penseur: Um mir die Sache etwas zu vereinfachen, wären Sie bereit vorab schon mal einige Punkte zu nennen, die Sie als besonders diskussionswürdig betrachten?

Le Penseur said...

@Rev.Alipius:
Das eigentliche Trinitäts-Thema lassen wir besser mal "außen vor" (sonst wird's ein Megathread mit 50 Postings à 4.000 Zeichen, den keiner mehr lesen kann).

Ich würde sagen:
1. "Pelagianismus" der Unitarier (was Sie als Augustiner-Chorherr ja reizen muß) und vielleicht noch
2. "Offenbarungsglaube vs. Vernunftglaube" (also so ca. das, was Pascal mit seinem "Gott Abrahams ... vs. Gott der Philosophen" meinte — wobei ich hier sicher für letzteren plädieren werde, aber das haben Sie sich wohl ohnehin schon gedacht ...)