Als ich von 1987 bis 1989 in Freiburg/Br. Zivildienst leistete, bestand einer meiner Jobs darin, jeden Dienstag für ca. 3-4 Stunden auf einen Jungen mit Down-Syndrom achtzugeben. Er war 12 oder 13 Jahre alt (weiß nicht mehr genau) und sowohl körperlich als auch geistig stark behindert. Er war in einem komischen Wagen festgegurtet, so daß er beim Zappeln nicht hinausfiel. Seine Arme und Beine waren frei beweglich, also konnte ich schon mit ihm spielen oder ihm beim Essen helfen. Ich war damals grade 18 und fand mich streckenweise etwas überfordert und alleine gelassen, aber es ging zum Glück immer alles gut.
Was der Hammer war: Ich konnte mich zwar nie richtig mit Patrick (so hieß er) austauschen, aber ich merkte sofort, daß er ALLES mitbekam und auch entsprechend reagierte. Wenn ich vorschlug, bei schönem Wetter auf den Balkon zu gehen und ein wenig nach den Blumen und den Vögeln zu schauen, ist er regelrecht ausgeflippt vor non-verbaler Zustimmung. Wenn ich ihm etwas wegnahm, weil Essenszeit war, dann gab's machmal ganz schön bedrohliche Laute. Die beste Szene: Ich bin mal im Wohnzimmer über eine Teppichkante gestoplert und der Länge nach auf's Sofa geflogen und Patrick kriegte einen Lachanfall. Dann war für drei Sekunden Ruhe, dann guckte er mich an und fing wieder an zu wiehern! Schließlich rollten uns Beiden die Tränen über die Wangen.
Anfangs, als ich meinen Job begann, wirkte Patrick mehr als skeptisch und klagte oft erstmal für eine Viertelstunde seiner Mama hinterher, nachdem sie die Wohnung verlassen hatte. Nach dem Sofa-Stunt und der gemeinsamen Lach-Party war das Eis total gebrochen!
Warum erzähle ich das alles? Nun, wir leben ja mittlerweile in einer etwas anderen Welt als noch 1987. Heute gibt es das Internet, welches unter anderem ja ein wunderbarer Ort ist, um Erfahrungen auszutauschen. Über das Blog downsyndromblogs, welches das neulich hier gepostete Papst-Foto mit dem Jungen mit Down-Syndrom aufgegabelt hat, bin ich auf so etwas wie eine Community von Eltern gestoßen, die Kinder mit Trisomie 21 zur Welt gebracht haben und andere Leute nun an deren Entwicklung online teilhaben lassen. Um nur mal zwei Beispiele zu nennen, verweise ich hier auf die Blogs von Lydia und Paul Otto. Wer Interesse hat, der kann über deren Blogrolls tiefer in die Community eintauchen.
Ich finde das eine gute und schöne Sache, und ich hatte auch nicht das Gefühl, daß hier irgendwie plakativ oder exhibitionistisch gearbeitet wird. Also, das sind jetzt nicht irgendwelche Eltern die sagen "Schaut her! Unser Leid!". Nö, da geht's ganz praktisch und normal und vielleicht für das ein oder andere betroffene Pärchen auch hilfreich zu. Mir machen solche Bilder, wie man sie auf diesen Blogs findet, immer Spaß und Mut, weiß ich doch seit Patrick, daß Kinder mit Down-Syndrom in der Tat einerseits ganz speziell aber andererseits auch wieder ganz schnurznormal sind. Also haben sie uns in gewisser Weise ja sogar etwas voraus...
2 days ago
No comments:
Post a Comment