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Systematischer sexueller Missbrauch an Berliner Jesuitenschule
An einem als Eliteschule geltenden katholischen Berliner Gymnasium hat es einem Zeitungsbericht zufolge jahrelang einen systematischen sexuellen Missbrauch von Schülern durch Priester gegeben. Der Rektor des von Jesuiten betriebenen Canisius-Kollegs, Pater Klaus Mertes, schrieb laut einem Bericht der Berliner "Morgenpost" (Donnerstagsausgabe) in einem Brief an 600 ehemalige Schüler, dass mindestens zwei Padres in den 70er und 80er Jahren die Straftaten begangen hätten. "Mit tiefer Erschütterung und Scham habe ich diese entsetzlichen, nicht nur vereinzelten, sondern systematischen und jahrelangen Übergriffe zur Kenntnis genommen", schrieb Pater Mertes demnach an die früheren Schüler.
... sollt ihr sie erkennen.
Aber wer sind
"sie"?
Die Antreiber der sexuellen Revolution? Diejenigen, die die Bedeutung des Gebetes und der Beichte herunterspielen? Am Ende gar die Kirche, weil sie ihren Priestern nicht gestattet, auch mal im Bett ein wenig Druck abzulassen? Oder diejenigen, die - aus welchen Gründen auch immer - sich in eine vermeintliche Berufung flüchten und dann, einbrechend unter der Sklavenlast der eigenen Triebe, ihre Position der Autorität ausnutzen?
Ich bin mir sicher, daß jede der oben aufgeführten Möglichkeiten bei dem Einen oder Anderen Zustimmung finden wird. Ich bin mir auch sicher, daß man noch jede Menge anderer Sündenböcke finden könnte. Ich persönlich denke, daß man letztlich die Gesellschaft oder die Institution nicht an den Pranger stellen kann. Erstens haben sowohl Gesellschaft als auch Kirche feste, verbindliche Verhaltensregeln, über die der Einzelne (besonders der künftige Prieter) gut informiert ist. Zweitens sind wir erst einmal alle für uns selbst verantwortlich. Darüberhinaus wissen wir, das Gute vom Bösen zu unterscheiden. Nun ist des Einen Gut manchmal des Anderen Böses, aber grundsätzlich besitzen wir eine Intuition, die uns zum Beispiel sagt, daß sexueller Mißbrauch von Kindern falsch ist.
Wer es also - ob mit oder ohne echte Berufung - bis zur Priesterweihe und hinein in eine Eliteschule gebracht hat, der hat ein informiertes Gewissen und sollte erst recht wissen, daß sexueller Mißbrauch von Kindern (gar noch von Schutzbefohlenen) eine Sauerei ist. Da kann man dann später, nachdem man schwach geworden ist, sich selbst und Gott gegenüber mit allen möglichen Worten und Gesten entweder eine schwammige Rechtfertigung herstellen oder sich in die Verleugnung flüchten. Sich umzudrehen und zu rufen
"Warum hast Du mir verboten so zu sein, wenn Gott mich so gemacht hat?" hilft da einfach nicht weiter. Denn, wie gesagt, Gott hat uns und diese Schänder ja auch zu Menschen gemacht, die das Gute vom Bösen unterscheiden können. Mißbrauch von Kindern ist nur auf der groben, prä-moralischen
"Es ist gut, weil ich es will"-Ebene gut. Alles, was darauf folgt ist Produkt eines inneren Diskurses, der Nachweis ist entweder eines korrekt informierten Gewissens, welches mit dem Willen kooperiert oder einer egoistischen Selbstzentrierung, die sogar das Wohl des Anderen als irrelevant betrachtet.
Ob diese Selbstzentrierung nun bei einem Priester auftritt, bei einem Sportlehrer, bei einem Psycho-Analytiker, bei einem Doktor, bei einem Onkel, bei "Mamas neuem Freund" oder bei wem auch immer: Belangen kann man die Gesellschaft höchstens in so fern, als daß sie nicht rechtzeitig grotesken Experimenten Einhalt gebot, in denen versucht wurde
"in einem kollektiven Diskurs eine neue Sexualmoral zu definieren". Aber selbst dort steht das Individuum im Scheinwerferlicht und hat die Pflicht, moralisch gut zu handeln, sei es auch noch so vom neuesten
Trend motiviert oder vom Drang beseelt
alte Zöpfe abzuschneiden oder
verkrustete Strukturen aufzubrechen.
Da aber die objektive Wahrheit und des Menschen Bewußtsein über die Realität der Sünde heutzutage immer mehr zugunsten des überschäumdenden Individualismus zurückweichen müssen, werden wir wohl bereits nicht wenige Generationen herangezogen haben, die selbst, wenn ihr Gewissen ihnen ein rotes Licht zeigt, Gas geben, weil sie ein paar Meter weiter etwas sehen, was von ihnen persönlich als begehrenswert und folglich als "gut" eingestuft wird. Und hier landet der Ball dann letztlich doch in der Spielhälfte der Gesellschaft, der Institutionen, der Familien. Sie sind es, die die Menschen schon von frühester Kindheit darüber unterrichten müssen, daß man nicht alles darf, was man will; daß nicht alles, was gut scheint, auch gut ist; daß nicht alles, was praktiziert wird auch erlaubt ist; daß das, was öffentlich debattiert wird, sich nicht automatisch deswegen schon als realistische, moralisch unverwefliche Möglichkeit aufdrängt.
Es ist die große Tragik der Kirche, daß sie einerseits eine der wenigen Stimmen (manchmal die einzige Stimme) ist, die sich laut und deutlich für eine Gesellschaft ausspricht, in der feste moralische Prinzipien gelten, daß sie aber andererseits in ihren Reihen immer wieder Individuen findet, die sich um diese Prinzipien rein gar nicht scheren. Dies mindert allerdings die Gültigkeit der Prinzipien nicht.