Friday, December 11, 2009

Köhler erntet Kritik

Wollte ja eigentlich nichts dazu sagen. Aber nachdem Stanislaus mutig eröffnet hat, fühle ich mich nicht mehr so allein und werde auch mal fix einen Kommentar zur Kritik des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IKEA IBKA) an Bundespräsident Horst Köhler los.
    Bundespräsident Köhler zeichnet unkritisches Idealbild der Bibel

    Kritik an den Aussagen von Bundespräsident Horst Köhler zur Bibel übt der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA). "Die Bibel ist ein vielschichtiges und in Teilen sogar inhumanes Buch", sagt Rudolf Ladwig, Zweiter Vorsitzender des IBKA [Der Autor übersieht hier (entweder absichtlich oder weil er als Konfessionsloser bzw. Atheist von der Bibel zu sprechen gewohnt ist wie ein Blinder von der Farbe) den Fortschritt von Alten Bund zum Neuen Bund: non enim sub lege estis, sed sub gratia — "Denn ihr lebt nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade." (Römer 6,14)]. "Den Anspruch, auch in der heutigen Gesellschaft ethische Orientierung zu bieten, kann sie nicht einlösen." [Ein einziges klitzekleines Beispiel oder Argument zugunsten dieser Aussage hätte mir schon gereicht, um die Kritik ansatzweise Ernst zu nehmen]

    Köhler leiste letztlich fundamentalistischen Strömungen Vorschub, die ein wortgläubiges Bibelverständnis vertreten ["Letztlich" kann hier nur verstanden werden als "wenn wirklich jede andere Lesart der Aussage des Bundespräsidenten nach gründlicher Prüfung als völlig undenkbar abgelehnt wurde"]. "Kritik und Aufklärung haben stets mit der Philologie des Religiösen angefangen. Die historisch-kritische Methode konnte so eine von Vorgaben weniger beeinflusste Sicht auf die Bibeltexte möglich machen. Nun hat der Bundespräsident eine naive und idealisierende Sicht der Bibel als Sammlung vermeintlich kindgerechter Erzählungen propagiert. Und dies ausgerechnet in einer Einrichtung, welche sich der neutestamentlichen Textforschung verschrieben hat, wo die Bibel also als religionsgeschichtliches Quellenwerk behandelt wird", kritisiert Rudolf Ladwig [Klar, was hier gespielt wird: Eine entschärfte Variante von "Der Feind meines Feindes ist mein Freund". Als ob Ladwig im Normalfall auch nur im geringsten daran denkt, sich das Institut für Neutestamentliche Textforschung ins Boot zu holen].

    "In einer pluralistischen Gesellschaft kann ein persönlicher Rekurs auf eine religiöse Textsammlung keinerlei Verbindlichkeit beanspruchen." Maßstab für einen Bundespräsidenten habe zudem die Verfassung zu sein. [Fritte! Wo erhebt Köhler denn Anspruch auf Verbindlichkeit? Dieser ließe sich doch höchstens aus seiner Vorbildrolle als Bundespräsident ablesen. Verfassung und Bibel lassen sich zudem prima unter einen Hut bringen, wie ein Blick in die Präambel des Grundgesetzes vom 29. September 1990 beweist].

    Laut Medienberichten erklärte Bundespräsident Horst Köhler bei der 50-Jahr-Feier des Instituts für Neutestamentliche Textforschung der Universität Münster, die Bibel biete Orientierung und habe Antworten auf Fragen wie die nach den richtigen Maßstäben des Handelns. Ferner sagte er, Bibeltexte könnten ein wertvoller Beitrag für die frühkindliche Erziehung sein [Klingt für mich so, als fürchtete der IBKA, den Kleinen könnte die Religion schmackhaft gemacht werden, bevor man sie in die Finger kriegt].
Ich bin irgendwie überhaupt nicht von dieser Kritik überzeugt. Stanislaus beendet des Ganze mit einer schönen Pointe, die ich hier mal frech reinkopiere, weil sie einfach so gut ist:
    Daß dabei ausgerechnet die historisch-kritische Exegese als Steigbügelhalter für Atheisten fungiert, ist mal wieder ein Eigentor des Deutsch-Katholizismus.

6 comments:

Lumen Cordium said...

ui, das böse böse alte Testament

Anonymous said...

Daß Köhler das gleiche Lieblingsbuch hat wie Bertolt Brecht, dürfte doch für keinen Atheisten ganz schlimm sein.
Die Kritikaster, die sich weigern, die kulturelle Wirkmächtigkeit antiker Texte zu sehen, sind als Gegner nicht ernstzunehmen. Wer sich mit historisch-kritischer Exegese ernsthaft beschäftigt, kriegt solchen Blödsinn nicht über die Lippen - nicht einmal dann (mir sind mehrere Beispiele bekannt), wenn er Atheist oder Agnostiker ist.
Ich lese die Bibel in vieler Hinsicht anders als Du, und zu einigem Kirchenrelevanten habe ich eine andere Meinung als Du. Wir können uns darüber streiten oder es bleibenlassen, aber einig sind wir uns in diesem: Ein so unvergleichliches Dokument menschlichen Geistes, das seit Jahrtausenden Dichter und Denker, Musiker und bildende Künstler beflügelt, ist ernstzunehmen.

Der Herr Alipius said...

Ja, gebe ich Dir völlig Recht!

Anonymous said...

Mir fällt gerade ein, daß ich Homer (nicht Simpson) so richtig gerne mag. Darüber sollte mich jetzt mal einer von diesen Nörgelatheisten schelten! Nichts wie Krieg, Suff, Weiber, Lüge, Diebstahl, Mord. Weltliteratur halt. Und ich hatte die Ilias sogar mal in einer Bearbeitung für Kinder. Deshalb bin ich auch so ungezügelt brutal geworden. ;-)

Der Herr Alipius said...

"... ungezügelt brutal..."

:-D

Stanislaus said...

*gg* ;-)