So lautet die Überschrift eines Artikels von Klaus Harpprecht im Feuilleton der aktuellen ZEIT.
Neugierig machte ich mich an die Lektüre, aber schon nach dem Teaser war die Luft raus:
Ein Apelll zum Evangelischen Kirchentag. Solange Papst Benedikt die Protestanten nicht anerkennt, hilft nur eins: Den Dialog aufzukündigen.Dergestalt vorgewarnt las ich dennoch weiter. Ich fühle mich schon ein wenig mulmig, wenn ich jetzt gegen einen altgedienten Meister des Wortes und Gedankens und ehemaligen Redenschreiber von Willi Brandt in den Ring steige, aber sei's drum. Vielleicht finde ich ja doch ein Korn. Hier der Artikel im Original (Lang! Holt Euch ein Freßpaket und ein Sixpack), mit den üblichen
Hervorhebungen und
Kommentaren. Der Artikel ist aus dem Netz kopiert, also nicht über neue/alte Rechtschreibung meckern:
Es ist lange her (in Bonn regierte Helmut Schmidt), doch die Szene im erzbischöflichen Palais zu München hat sich unauslöschlich in mein Gedächtnis geprägt: An einem späten Oktobervormittag empfing Kardinal Joseph Ratzinger die evangelistische Schwester des amerikanischen Präsidenten Jimmy Carter, die auf ihrer Deutschlandreise zu begleiten ich die Ehre und das Vergnügen hatte. Ruth Carter Stapleton, die
schöne, gescheite, tolerante und meist
weltlich heitere Dame [Wo die Sympathien zu liegen haben wird schon mal gleich klargestellt...] hatte den Wunsch geäußert, den – neben dem Rebellen Hans Küng – prominentesten katholischen Theologen der Bundesrepublik kennenzulernen.
Die Audienz war, das ließ sich nicht übersehen,
vom geistlichen Hof mit einigem Aufwand
inszeniert worden. Ein
Spalier von jüngeren Klerikern säumte die prächtige Treppe, und droben im Empfangssaal versammelte sich eine Gruppe von Prälaten im Halbkreis hinter dem Sessel des
Hausherrn [Rotkäppchen zu Gast beim wölfischen Herrscher] und den beiden zierlichen Stühlchen für die Gäste. Der Erzbischof begrüßte die elegante amerikanische Christin freundlich und gemessen. Ihrem Begleiter hielt er mit zerstreuter Selbstverständlichkeit den Ring zum Kuss entgegen (eine Geste, die rasch in einen flüchtigen Händedruck verwandelt wurde). Ruth Carter berichtete dem Hausherrn lebhaft von der »charismatischen Bewegung«, der sie zugehörte, und sie versuchte sein Interesse mit dem Hinweis zu wecken, dass jene born again-Welle, die damals die Vereinigten Staaten überschwemmte (ihren Bruder im Weißen Haus nicht ausgenommen), keineswegs nur ein protestantisch-baptistisches Ereignis sei; die Bewegung habe fast ein Viertel der Katholiken Amerikas ergriffen, und man könne von einem ökumenischen Charakter der frommen Wiedergeburt sprechen.
Die Reaktion des Kardinals war kühl. Er wiegte skeptisch das Haupt und sprach von der Problematik
eines nur gefühlsbetonten, theologisch unkontrollierten Schwärmertums [Bingo]. Er höre es mit Bedenken, dass auch die Katholiken drüben gegen solch emotionale Überwältigungen nicht gefeit seien. Das kleine Kolleg, das uns zuteil wurde, bezeugte
die hohe Intellektualität des einstigen Tübinger Professors. Aber sie ließ kein Gespräch zu, das den Namen verdiente. Die klare Zurückweisung der amerikanischen Verirrungen schien dem Oberhirten, der hernach in Rom als Präsident der Glaubenskongregation zum mächtigsten unter den Kurienkardinälen aufstieg, wichtiger zu sein als
die Erkundung einer ihm fremden Glaubenswelt [Die 'hohe Intellektualität' umfaßt mit Sicherheit auch ein ausreichendes Wissen über theologisches Schwärmertum, welches ja kein Phänomen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist. Wer sich, wie der Heilige Vater, nicht nur in der Theologie sondern auch in der Geschichte der Kirche auskennt, weiß um die Gefahren dieses Schwärmertums, hat eine geistig-empirische Erkundung des Terrains hinter sich, die eine tatsächliche Erefahrung nicht unbedingt nötig macht].
Ruth Carter bemerkte später mit einem sacht ironischen Lächeln, nun wisse sie endlich, was gemeint sei, wenn von den
princes of the church [Und nochmal Bambi gegen Darth Maul] die Rede sei. Der
intellektuelle Hochmut [Nachdem der Kardinal - in Fragen der Theologie sicherlich der profundere der beiden Gesprächspartner - also weder gute Miene zum bösen Spiel gemacht noch Ruth Carter Stapleton aus der Hand gefressen, sondern seine Bedenken klar und ehrlich geäußert hat, wird aus der 'hohen Intellektualität' dann ganz schnell 'intellektueller Hochmuth'] des Kirchenfürsten blieb ihr nicht verborgen. Der Begleiter aber hatte seine protestantische Prägung selten so klar empfunden, seit er dem väterlichen Pfarrhaus entwachsen war. Es ermutigte ihn freilich nicht, dass die Begegnung mit den grauen lutherischen Oberkirchenräten am Nachmittag von bleierner Langeweile war. Ruth Carter erholte sich von jener deprimierenden Erfahrung erst am Abend bei einem Krug Bier auf dem Oktoberfest.
Mein Vater, der Dekan in Nürtingen, war kein furioser Antipapist. Im Gegenteil: Der Kirchenkampf mit den Nazis hatte ihn davon überzeugt, dass die beiden großen Konfessionen zusammenwachsen müssten, um der gottlosen braunen Barbarei zu widerstehen. Beim Antritt seines Amtes machte er, gegen alle Tradition, auch dem katholischen Geistlichen im Städtchen seine Aufwartung. Zur Entsetzung seiner Gemeinde nahm er gewisse Formen der lutherischen Liturgie wieder auf, trug zu Weihnachten und zu Ostern bunte Stolen überm schwarzen Talar, ja er schlug nach dem Segen am Ende des Gottesdienstes gar das Kreuz, was einem Skandal gleichkam.
Der Sohn, von aller Theologie weit entfernt, nahm aus der nazistischen Heimsuchung – die den Vater mit der Verhaftung bedroht, einen Vetter in den Kerker geworfen, einen Bruder der Mutter zum Tod im Gestapo-Gefängnis verurteilt hatte – immerhin die Überzeugung mit,
dass die Ökumene eine Notwendigkeit sei, der aus dem Martyrium der Männer und Frauen des Widerstandes erwachse [Das wird später im Artikel noch einmal interessant]. Außerdem gab es keinen Zweifel, dass die Kirchen nach dem Millionenmord allen Anlass hätten, ihr Verhältnis zum Volk des Alten Testamentes zu ändern.
Helmuth Graf Moltke, der intellektuell produktivste Kopf des Widerstandes, hatte mit klarem Bedacht den Jesuitenpater Alfred Delp neben den beiden protestantischen Theologen Eugen Gerstenmaier und Harald Poelchau in den innersten Zirkel seines Kreisauer Braintrust gezogen. Die Gründung der Christlich-Demokratischen Union erfüllte nach 1945 immerhin die Weisung, die unselige politische Spaltung der Konfessionen zu überwinden (für die sich heute keine Seele mehr interessiert). Bis zu einem gewissen Grad war auch die Wandlung des Verhältnisses der Sozialdemokratie zu den Kirchen, das historisch eher von Fremdheit, wenn nicht von Feindseligkeit bestimmt war, eine Frucht des Widerstandes. In der Zusammenarbeit der kirchlichen Hilfswerke im Kampf gegen die Not und in den Projekten sozialer Reformen gedieh eine Art »pragmatischer Ökumene«. Die Veränderung der konfessionellen Landkarte durch den Einstrom von Millionen Flüchtlingen legte die gemeinsame Nutzung der Gotteshäuser nahe. Ökumenische Gottesdienste und Trauungen begannen zur Gewohnheit zu werden, zumal nach der Gründung des Sekretariats für die Förderung der Christlichen Einheit durch
den so menschlichen Papst Johannes XXIII., der das Zweite Vatikanische Konzil zur Förderung der Ökumene ermutigte [Ein menschlicher Papst ermuntert zur Ökumene. Benedikt XVI steht ihr skeptisch gegenüber. Was hier wohl angedeutet werden soll?] – wie es ihm sein Vertrauter Roger Schutz, der Gründer und Prior der ökumenischen Ordensgemeinschaft von Taizé, nahegelegt hatte. Johannes nannte seine Bewegung »einen kleinen Frühling«, der Millionen meist junger Pilger in den Gottesdiensten und ihren Gesprächen mit den Brüdern ökumenische Realität erleben ließ.
Roger Schutz, von Haus aus ein reformierter Theologe aus der Schweiz, empfing nicht lange vor seinem gewaltsamen Tod – er wurde während der Andacht von einer geistig Verwirrten erstochen – beim Requiem für den Papst Johannes Paul II. die katholische Kommunion – aus den Händen des Kardinals Ratzinger. Frère Roger wollte darin »keinen Akt der Konversion«, sondern das »Symbol der vorweggenommenen Versöhnung« erkennen.
Aber erlaubt die römische Kirche eine »Ausnahme« in einem Feld der theologischen Auseinandersetzung,
das sie als zentral betrachtet [... und das man daher auch protestantischerseits respektieren könnte] – und in dem jeder Einigungsversuch bisher gescheitert ist? Den Evangelischen, die in der Austeilung von Brot und Wein einen »symbolischen« Nachvollzug des Opfers Christi erkennen, bereitet es in der Regel keine Schwierigkeit, das Abendmahl nach katholischem Ritus zu empfangen, der sich auf die leibhaftige Gegenwart des Blutes und Fleisches gründet. Die Taizé-Brüder nichtkatholischer Herkunft wurden folgerichtig beim Begräbnis von Frère Roger von der Kommunion ausgeschlossen.
Katholiken aber sind von der Exkommunikation bedroht, wenn sie das protestantische Abendmahl zu sich nehmen.
Hier demonstriert sich eine Härte, die man in der Erinnerung an den gemeinsamen Opfertod von protestantischen und katholischen Mitgliedern des Widerstands als Verrat, als Treulosigkeit oder wenigstens als schnöde Vergesslichkeit empfinden muss [Bullshit. Christus hat die Eucharistie nicht im Jahre 1945 eingesetzt. Aber es sickert natürlich durch, was schon damals Kardinal Ratzinger meinte, als er vor 'gefühlsbetontem, theologisch unkontrolliertem Schwärmertum' warnte]. Wer mit dem Wirken Harald Poelchaus, des Berliner Gefängnispfarrers, halbwegs vertraut ist, weiß sehr genau, dass bei den Serien-Exekutionen in Plötzensee Poelchau und sein katholischer Amtsbruder in den Minuten vor der Hinrichtung das Abendmahl austeilen durften. Keiner der Märtyrer fragte danach, ob er die Kommunion von dem katholischen oder evangelischen Priester empfange. Sage keiner, auch dies rechtfertige sich nur durch eine
»Ausnahmesituation«. Es gibt
kein Abendmahl erster und zweiter Klasse [Ganz genau! Es gibt kein Abendmahl erster und zweiter Klasse. Es gibt die katohlische Eucharistie und das protestantische Abendmahl. Daher hat in der Tat die Ausnahmesituation rein gar nix gerechtfertigt. Schon gar nicht, wenn ein katholischer Priester und ein protestantischer Kirchenmann anwesend waren].
Diese Einsicht allein wäre ein Grund,
Gespräche und Verhandlungen der protestantischen Kirchenleitungen mit Rom aufzukündigen, bis Papst Benedikt und Kardinal Kaspar (Präsident des Rates für die Einheit der Christen) zu einer Revision ihrer antiökumenischen Haltung in Sachen Abendmahl bereit sind
[Hier stellt sich für mich eine grundsätzliche Frage: Warum sind die Protestanten überhaupt so heiß auf Gespräche mit der katholischen Kirche und Anerkennung durch die katholische Kirche? Ich meine, die hatten doch damals Gründe, ihren Club aufzumachen. Und wenn ich nicht völlig falsch informiert bin, hatten diese Gründe nicht wenig mit dem Kirchenverständnis zu tun. Ist das jetzt so eine Sehnsucht nach Streicheleinheiten vom älteren Bruder? Oder liegt es tiefer? Ist es ein Verlangen nach Authentizität? Dann sollten vielleicht diejenigen, die dieses Verlangen haben, einfach wieder in den Schoß zurückkehren, der einst auch ihrer kirchenähnlichen Gemeinschaft das Leben schenkte. Es ist keine Schande, die Abwesenheit der Fülle aller von Christus eingestzten Heilsmittel zu verspüren, aber es ist ein schwerer Fehler, diesem Instinkt keine Taten folgen zu lassen]. Das sollte nicht die einzige Bedingung sine qua non sein.
Es geht zum Beispiel nicht an, dass die Besetzung einer protestantischen Delegation für einen Empfang beim Pontifex maximus einer vatikanischen Zensur unterworfen wird, wie dies in Köln beim Weltjugendtag der Fall war, als den evangelischen Pastorinnen oder gar Bischöfinnen die Teilnahme an der Begegnung verweigert wurde
[Hmmm, weiß nicht. Wenn auf der einen Seite etwas "nicht angeht", wieso sollte dann auf der anderen Seite nicht auch etwas nicht angehen können?]. Die katholische Kirche mag es mit der Priesterschaft von Frauen halten, wie sie will
(und wie es ihre Gläubigen dulden) [Ooohh! It'S SO on!]:
Sie hat sich damit abzufinden [Ich liebe diesen bescheidenen Ton. Man sollte vielleicht mal den Begriff 'princes of the press' prägen?!], dass die Rom-freien Kirchen dank einer radikalen Abkehr von den misogynen Paulinischen Traditionen
[Nicht vegessen: Paulus hat schließlich all die von Christus berufenen Apostelinnen rausgeworfen...] den Frauen das Recht auf die Priesterschaft zuerkennen und es ihrerseits hinnehmen,
dass sich die zölibatären Kleriker als Experten in Sachen Sexualmoral gebärden [Weswegen es ja auch "Sexualmoral" heißt und nicht "Geschlechtsverkehr". Das ist eines dieser üblichen Minus-Argumente, welches die Leute Glauben machen will, man bräuchte erst mal guten Sex, um über die hinter dem sexuellen Akt stehende Natur und Moral nachdenken bzw. reden zu dürfen oder zu können]. Vor allem:
Solange sich Papst Benedikt weigert, die evangelischen Kirchen in der ganzen Bedeutung des Wortes Kirchen zu nennen, und sie zu »kirchenähnlichen Gemeinschaften« degradiert – so lange sind Verhandlungen unter gleichberechtigten Partnern nicht möglich [Das ist ja nun mal leider nicht nur eine persönliche Marotte des Heiligen Vaters: "Dies ist die einzige Kirche Christi, die wir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen. Sie zu weiden, hat unser Erlöser nach seiner Auferstehung dem Petrus übertragen (Joh 21,17), ihm und den übrigen Aposteln hat er ihre Ausbreitung und Leitung anvertraut (vgl. Mt 28,18 ff), für immer hat er sie als "Säule und Feste der Wahrheit" errichtet (1 Tim 3,15). Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfaßt und geordnet, ist verwirklicht in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird" (Dogmatische Konstitution Lumen Gentium über die Kirche, Kapitel I, Absatz 8; ein Dokument des vom menschlichen Papst Johannes XXIII einberufenen Konzils)]Die vatikanische Wortwahl zeugt für ein
unhistorisches [weil theologisch korrektes] Verständnis des Begriffes Kirche, zumal die römische Lehre sagt, dass sich Gott auch durch die Geschichte offenbare. Ihre Auslegung der Idee Kirche ist überdies
bibelfremd [:-D], denn es steht geschrieben: »Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.«
[Zum Thema 'bibelfremd' einfach mal die im Lumen Gentium-Zitat angegebenen Bibelstellen aufsuchen. Auch ein alter Protestanten-Trick: Die Bibel in den Zeugenstand rufen. Da man dort häufig Munition für beide Seiten einer Diskussion finden kann, hat die Kirche bereits sehr früh erkannt, wie wichtig die Tradition ist]. Dieses Wort ist der Ursprung des Glaubens an die eine, universale Kirche, die auch im lutherischen Bekenntnis verankert ist. Wenn Kardinal Kaspar nicht länger von einer »Einheit in versöhnter Verschiedenheit«, sondern von »Verschiedenheit ohne wirkliche Einheit« spricht, dann bestätigt er die Vermutung, dass Papst Benedikt in Wahrheit
hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurückwill [Das hat aber gedauert!] (an dem er einst angeblich so produktiv mitgewirkt hat).
Die Aufhebung der Exkommunikation der Pius-Bruderschaft ist eine Bestätigung dieses Verdachts [Es ist gut, daß wir immer wieder mal daran erinnert werden, wie eine versöhnliche Geste eines Mannes guten Willens verstanden wird]. Die Schüler des abtrünnigen Erzbischofs Marcel Lefebvre haben ihre Ablehnung von Vatikan II vor der Rückkehr in den römischen Schoß keineswegs widerrufen
[Das war vor der Aufhebung der Exkommunikation auch keine Bedingung, und wenn die Pius-Brüderlein jetzt auf Halten spielen, ist das ihre Sünde]. Warum auch? Benedikt feierte selber, lange zuvor, wieder die tridentinische Messe (samt dem rituellen Symbol, das dem Priester befiehlt, die heilige Handlung mit dem Rücken zur Gemeinde zu vollziehen)
[Wieder Doppelzüngigkeit: Entweder ist heute dann dem Priester auch "befohlen" mit dem Rücken zu Gott zu zelebrieren, oder es war damals ebensowenig "befohlen" mit dem Gesicht zu Gott zu zelebrieren (hier würde mich mal des Autors Meinung zu diesen hübschen Rundkirchen interessieren, wo immer eine Hälfte der Gläubigen dem Priester ins Gesicht schaut, während die Anderen sich vom Rücken entzücken lassen].
Man darf ihm glauben, dass er die Idiotien, die der Bischof Williamson in Sachen Judenvernichtung in die Welt trompetete, vor der Einladung zur Heimkehr nach Rom nicht kannte. Doch im vergangenen Jahr prägte der Papst eine problematische Formulierung der Fürbitte für die Bekehrung des alttestamentarischen Volkes: »Lasset uns auch beten für die Juden: dass unser Gott und Herr ihre Herzen erleuchte, damit sie Jesus Christus als den Heiland aller Menschen anerkennen.« Hier zeigt sich, obschon diffamierende Adjektive vermieden werden, eine seltsame Verstocktheit an, die eines
Papstes deutscher Herkunft [Sorry, aber das Amt steht über der Nationalität, no matter what] nicht gut zu Gesicht steht. Seiner Kirche hätte er einen unschätzbaren Dienst erwiesen, wäre ihm eingefallen, Gott darum zu bitten, bei den Juden, dem Heimatvolk Jesu, die Vergebung der entsetzlichen Versündigungen der Christenheit erflehen, nicht ausgenommen den Umschlag des religiösen Antijudaismus in den rassistischen Antisemitismus, der bei Katholiken, Protestanten und Orthodoxen auf geringen Widerstand stieß. Das wäre ein Gebet, das nicht nur eine Brücke zu den Juden, sondern auch zu den Protestanten und zu den Minderheiten jeglicher Couleur schlüge
[Hier komme ich nur noch halb mit. Ich habe so etwas verstanden wie "Gott darum bitten, daß er Vergebung erfleht". Große Klappe übrigens gegen den Papst aber trotz Erwähnung von 'Protestanten' (und auch Orthodoxen) tiefes Schweigen von Ursachenforschung (Luther) bis Kooperation (Ludwig Müller) auf protestantischer Seite].
Wir werden vergebens darauf warten. Wie auf große Schritte zur Ökumene überhaupt (zum Beispiel den Widerruf der »Unfehlbarkeit« – jener
hochmütigsten Dummheit, die jemals zum Dogma erhoben wurde
["Wenn der Römische Papst in höchster Lehrgewalt (= ex cathedra) spricht, das heißt: wenn er seines Amtes als Hirt und Lehrer aller Christen waltend in höchster apostolischer Amtsgewalt endgültig entscheidet, eine Lehre über Glauben oder Sitten sei von der ganzen Kirche festzuhalten, so besitzt er aufgrund des göttlichen Beistandes, der ihm im heiligen Petrus verheißen ist, jene Unfehlbarkeit, mit der der göttliche Erlöser seine Kirche bei endgültigen Entscheidungen in Glaubens- und Sittenlehren ausgerüstet haben wollte". So liest es sich in "Pastor Aeternus" vom 18. Juni 1870. Daß der Autor Pius IX mit Sicherheit für einen ganz schlimmen Finger hält, ist klar. Aber er sollte vielleicht dennoch mal versuchen, die Definition der Unfehlbarkeit unbefangen zu lesen]). Die ökumenischen
Errungenschaften, die seit dem Zweiten Weltkrieg im Alltag gewachsen sind
[Im Alltag ist ja gegen Ökumene nichts einzuwenden. Ich befürchte aber, der Autor meint mit 'Errungenschaften' die alltäglichen Ökumene-Vergehen wie Interkommunion. Dann müßte der Satz ehrer lauten "... wachsen konnten, weil zu oft dem gefühlsbetonten, theologisch unkontrollierten Schwärmertum keine Grenzen gesteckt wurden"], werden unter der Gesprächsabstinenz auf hoher Ebene nicht leiden. Im Gegenteil, sie könnten stark genug sein, um beim katholischen Kirchenvolk eines Tages den Willen zu Reformen zu wecken, dem sich Rom nur unter dem Risiko eines weiteren Schismas zu widersetzen vermöchte. Dann öffnete sich die Chance, einer Ökumene der Institutionen näherzurücken
[Super! Zum Schluß noch ein wenig Aufruf zur Rebellion, wenn nicht gar Spaltung. Ich glaube, daß auch das katholische Kirchenvolk für Ökumene um der Ökumene Willen nicht zu haben ist. So lange nicht klar ist, daß wir von Ökumene-Freunden besseres zu erwarten haben, als solche Texte, wird's schwierig].