Bevor ich nach Rom kam, wußte ich überhaupt nicht, wie eine anständige Carbonara zu schmecken hat. Es gibt ja in Deutschland nicht wenige italienische Restaurants und die kochen teilweise auch Hammerzeugs, aber eine Carbonara so wie in Rom kriegen die einfach nicht hin.
[Okay, ich war natürlich nicht in ALLEN italienischen Restaurants Deutschlands und den überkandidelt-exorbitant Hochpreisigen bin ich eh schon mal gleich fern geblieben. Aber gute Carbonara ist ganz offenbar keine Frage des Preises]
Ich weiß nicht, was die hier anders machen, aber daß sie etwas anders machen ist sonnenklar. Ein Bekannter erzählte mir mal, daß die die Carbonara einfach in einer Badewanne (also in großen Pötten) kochen, weil das irgendwie der besseren Ei-Verteilung dient, wenn man später den Schnodder drübergießt. Aber auch der Speck hat hier immer eine besondere Note.
Wenn wir hier in Rom zum ersten Mal in ein Restaurant gehen, ist meine Stratgie einfach: Carbonara bestellen. Wenn die stimmt, stimmt der Rest in der Regel auch.
Weil es mir bisher noch nicht gelungen ist, in Rom nicht gut zu essen (oder gar eine miserable Carbonara zu bekommen), gibt's heute für die künftigen Romreisenden unter meinen Lesern mal ganz heiß und exklusiv eine Handvoll Restaurant-Tips aus Rom. Das ist keine Rangliste, sondern nur eine Aufzählung von Restaurants, die mir positiv aufgefallen sind.
Ristorante Abruzzi - Der Klero-Klassiker
Das Restaurant findet man an der Via del Vaccaro (Nordseite der Piazza dei Santi Apostoli). Die umittelbare Nähe zur Gregoriana und zur "Casa" (Herberge nordamerikanischer Porstgraduate-Studenten) führt dazu, daß, wenn man draußen sitzt, ständig Kleriker-Nasen vorbeikommen, die man kennt und es immer kurze Schwätzchen gibt. Sitzt man drinnen, sieht man auch viele Kollarhemden, in der Regel aus den USA. Die Atmosphäre ist italienisch mit viel Handygeklimper, viel Küßchen auf die Wange, und viel Geschrei zwischen Küche und Bedienungen (also kein aggressives Rumzoffen, sondern simpler Informationsaustausch). Der Service ist zuverlässig und die Speisekarte bietet klassisches römisches Zeugs (Lamm, Filetto, Bistecca, Stracchetti, Saltimbocca, diverse Nudeln, frischer Fisch usw). Der Hauswein ist für den lauen Preis wirklich gut, besonders der Rote. Nach dem Essen wird immer eine ganze Batterie von Digestivi auf dem Tisch abgestellt. Favorit: "Der Grüne", ein Kräuterlikör mit fieser Farbe und gutem Geschmack.
Futter-Tip: Die Carbonara gilt bei den Amis als ultra-beachtenswert und war in der Tat für lange Zeit meine Lieblings-Carbonara in Rom. Allerdings sind es Rigatoni, keine Spaghetti, was mich immer ein wenig wurmte. Plus: Das Ei ist manchmal etwas zu flüssig. Das "Filetto al pepe verde" kann auch viel.
L'Archetto - Der Nudel-Wahn
Das Restaurant liegt an der Via dell'Archetto, gleich beim "Abruzzi" um die Ecke. Der Laden liegt Gregoriana und Casa ebenso nahe wie das "Abruzzi", aber von den US-Priestern geht da keiner hin, weil's angeblich mal Zoff gab oder noch gibt. Das "L'Archetto" ist eine Spaghetteria und dies nicht zu knapp. Die verschiedenen Spaghetti-Gerichte ziehen sich über mehrere Seiten hin, und es ist so ziemich alles dabei, was man essen kann (aber nicht immer auch essen will - "Zitrone, Wodka, Sahne"? Pur-leaze! Nein, danke, ich hatte VOR dem Essen schon einen Drink). Der Laden ist größtenteils unterirdisch in Schlauchform angelegt, sprich: Man geht immer weiter gradeaus, bis irgendwo endlich ein freier Tisch kommt. Es ist alles ein wenig eng und der Service weiß manchmal nicht, was er tut. Dafür sind die Spaghetti aber klasse. So habe ich mir "al dente" immer vorgestellt. Und die Preise sind ganz und gar normal.
Futter-Tip: Ganz klar die "Spaghetti Bubu". Mit Blattspinat und Gorgonzola. Köst-lichst!
Il Barroccio - Die Verwöhner
Das Restaurant liegt an der Via dei Pastini, nördlich vom Pantheon. Die Interaktion zwischen Padrone, Service und Küche läßt mich vermuten, daß es ein Familienbetrieb ist. Die Atmosphäre ist sehr angenehm, ruhig, fast gediegen. Der Service weiß in der Regel schon, was man will, bevor man es selbst weiß, aber nicht auf diese blöde "Nö, du bist zwar der Kunde, aber ich sage dir jetzt mal, was du essen wirst"-Art, sondern mit Charme und Kompetenz. Die Weinkarte ist abwechslungsreich und überraschend: Gabriel, unser Weinmann, entdeckte einen Chianti, der im Laden nicht unter 70 Euro über die Theke geht. Der kostete im Barroccio nur 50 pro Flasche. Da wurde wohl falsch kalkuliert. Die Speisen sind hervorragend, immer ganz frisch und mit Liebe zubereitet. Obacht: Hier kann es unter Umständen mal einen Hauch kostspieliger werden (weswegen wir den Laden auch nur aufsuchen, wenn's wirklich was zu feiern gibt oder wenn besondere Gäste in der Stadt sind).
Futter-Tip: So ziemlich alles.
Il Buco - Die Freunde
Den Laden findet man auf der Via di Sant'Ignazio, westlich vom Pantheon. Die Atmosphäre ist ziemlich normal, aber der Service ist witzig: Ein ganzer Haufen zappliger Italiener schwirrt ständig durch die Gegend und ist immer sehr ums Gästewohl bemüht. Der Padrone ist dem katholischen Klerus gegenüber ziemlich positiv eingestellt und hat seine Mannschaft offenbar entsprechend zusammengestellt, so daß man, wenn man Kollar trägt, schon beim zweiten Besuch wie ein alter Stammgast behandelt wird. "Padre" hier, "Padre" da, aber alles ganz unprätentiös und lustig. Die Speisen sind ganz allerliebst, die Preise anständig und der Danach-Service ist mit "cantucci e vin santo" (Süßwein mit knackhartem Mandelgebäck, welches man erst in den Wein stipst und dann genüßlich auszuzelt) sehr willkommen. Il Buco ist sicherliche eines meiner Lieblingsrestaurants in Rom.
Futter-Tip: Die "Spaghetti al Pecorino" sind DAS BESTE Nudelgericht in Rom. Ja, Ihr habt richtig gelesen. Dafür lasse ich jede Carbonara stehen. Al-dentige Nudeln mit Tomatensauce und Peccorino-Käse, leicht scharf zubereitet. YUM! Ein weiteres Muß ist das "Cinghiale al agrodolce" (Wildschwein in Bitterschokoladen-Sauce). Und das Ossobuco ist auch eines der besseren in der Stadt.
Da Mario - Die Lässigen
Wenn man vor der Chiesa Nuova steht, muß man rechts an ihr vorbei in die kleine Straße rein. Dann kommt auf der rechten Straßenseite das Restaurant "Da Mario" (Keine Ahnung, wie die Straße heißt). Die Mannschaft besteht größtenteils aus einem witzigen Kumpeltypen, dem Koch und einer Omi, die gerne Kreuzworträtsel löst. Die Atmosphäre ist unspektakulär mit klassischen rot-weiß-karierten pizzeria-Tischdecken. Die Speisen sind typisch Römisch (auch die gefürchteten Eingeweide gibt's) und schmackhaft. Sonderwünsche kein Problem. Preise niedrig.
Futter-Tip: Die Carbonara (mindestens die zweitbeste, hab mich noch nicht ganz entschieden - siehe nächsten Restaurant-Tip) und die Salsicce vom Grill.
Vecchia Romana - Die Edlen
Das Restaurant liegt an der Via della Tribuna di Campitelli, nahe beim Teatro di Marcello. Hier kann man wunderschön im Freien sitzen. Aber mal sollte auch einen Blick hinein werfen. Versailles läßt grüßen. Naja, nicht so ganz, aber es geht schon edel zu mit Stuckwerk, plätschernden Brunnen, vornehm gedeckten Tischen, die alle gleich mal den Ständer für den Wein-Kübel daneben stehen haben. Entsprechend sind die Gerichte im Durchschnitt alle zwei bis drei Euro teurer als das, was ich "normal" nennen würde. Allerdings lohnt sich der Griff in die Tasche auch, denn sowohl Service als auch Ambiente als auch die Speisen sind schon ziemlich fein.
Futter-Tip: Die Gamberi mit schwarzen Oliven und Apfelscheiben sind die nicht-verhandelbare Vorspeise. Und die Carbonara liegen mit denen von Mario im Clinch um den ersten Platz.
Also, wenn Ihr mal nach Rom kommt, meldet Euch erstens bei mir und sucht zweitens einen dieser Läden auf. Da könnt Ihr wenig bis nichts falsch machen.
3 days ago
17 comments:
Mmh, klingt das lecker. Hoffentlich kann ich bald mal wieder nach Rom reisen. Vielleicht 2010…
Wie PERFIDE!
Ein kulinarisches Ping!
*schmacht*
Wann bist du wieder da? Ende September? (Im Moment bewege ich mich keine fünf Meter von meinem Pool weg und Juli August bist du auch zuhaus).
(Übrigens habe ich mich von dem Hammer-Return mit Sigue Sigue Sputnik immer noch nicht erholt. Dass du DARAUF noch gekommen bist ... das ist eigentlich untoppbar.)
Sorry, Elsa!!!!!
Richtig geschätzt: Ich komme Ende September wieder nach Rom.
Ja, Sigue Sigue Sputnik fiel mir wirkich erst in letzter Sekunde ein. Ich hatte den Mauszeiger praktisch schon auf dem "Abschicken"-Knopf für das Bow-Wow-Wow-Video... Aber: Von wegen 'untoppbar'. Wir sind es der Nachwelt schuldig, die Tiefen des 80er-Pops weiterhin auszuloten.
Hey! Jetzt sehe ich grade, daß Du ja ganz heimlich zurück-perfidiert hast, indem du erwähntest, daß Du ein Swimming-Pool hast, während ich hier um 22:00 Uhr immer noch bei gefühlten achttausend Grad herumsitze.
Ja, und der Pool war um halb Neun Uhr vorhin noch so richtig BRUTALSTMÖGLICH angenehm :-)
Aber jetzt weiter im Takt: Gell, die kultivieren diese Beratung, das ist in vielen Restaurants, auch ganz einfachen und casual wear-kommunikationsgeschrei-Lokalen oft so, dass die dich ganz sanft durch die Klippen der Speisekarte lotsen - falls es sowieso überhaupt eine gibt. Prima auch, wenn nach dem Essen dann Digestif kommt (hier ist es oft ein Limoncello- geeiste Flasche, geeiste Gläser), und ruhig zwanglos die ganze Flasche zum Selbstnachschenken auf den Tisch gestellt wird. In meiner Lieblingsosteria machen sie das auch (ebenso beim Fischmann meines Vertrauens), und vorher gibts als aperitivo gratis Oliven und Balsamicozwiebelchen.
Nach langen Testreihen habe ich herausgefunden, dass sich Carbonara am besten mit "speck" macht, das ist aber kein Speck in dem Sinn, sondern der Südtiroler rohe Schinken. In meiner Osteria wird das abgewandelt mit weniger Ei oder gar keinem, geraspeltem Radicchio und Pinienkernen - dann allerdings auch strozzapreti statt spaghetti.
Tja, jetzt hab ich Hunger.
Vielen Dank für die Tipps!Ich plane mit einem ital. Freund eine Reise nach Rom im nächsten Jahr. Da wissen wir dann schon mal wohin...
"Also, wenn Ihr mal nach Rom kommt, meldet Euch erstens bei mir und sucht zweitens einen dieser Läden auf."Hmm. Das läßt sich vielleicht einrichten, denn ich schmiede derzeit Pläne für eine herbstliche Stippvisite im caput mundi. Werde mich melden, wenn die Sache etwas konkreter geworden ist!
Okay, prima!
Ich bin bis Mitte Juni und dann wieder ab Ende September in Rom.
@Elsa: Ja, diese "Keine Speisekarten" Läden sind witzig, aber in Rom muß man wahnsinnig aufpassen, weil es da natürlich auch Nepper gibt, die einem "eine ganz leichte Vorspeisenmischung" und danch "ein wenig Pasta" und schließlich "einen Hauch von Saltimbocca" anbieten und dann eine halbe Milliarde Euro verlangen.
Wie jetzt "Carbonara ohne Ei"?
Tja das Maxistrant und ich sind im Juli da - aber so ist das ja immer bei Dir: Ist man in Österreich, bist Du nicht da - ist man in Rom....
Also irgendwie mußt Du uns im Sommer mal nach Kloburg einladen.
Sonst laden wir Dich nach Köln ein - dää!
Ihr seid in Kloburg willkommen! Müßt nur frühzeitig 'Bescheid' sagen, dann mache ich ein Zimmer klar. Ich bin vom 18. bis 30 Juli nicht im Stift, ansonsten sieht's gut aus!
Schöner Beittrag, vielen Dank. Ich vermisse nur das Quattro Mori in der Via S. Maria alle Fornaci, mit den unzähligen Antipasti.
lg
Ghislieri
An eine echte Carbonara gehört kein Ei! Ansonsten kann ich über den Klerus nur loslassen was ich an anderer Stelle schon gesagt hab.
Das Originalrezept scheint ohne Ei nicht denkbar. Zumindest wurde mir das heute auf dem Weg von der Uni nach Hause von drei römischen Köchen, einem sizilianischen Wirt, einer seit 40 Jahren für eine Ordensgemeinschaft kochenden Nonne und einem italienischen Rezeptbuch aus den 50er-Jahren bestätigt, die ich allesamt zum Thema befragt bzw. eingesehen habe. Was allerdings nicht hineingehört ist Sahne.
Über den Klerus? Was denn? Und an welcher anderen Stelle?
Oh, never mind!
Hab die 'andere Stelle' gefunden.
Sehr unterhaltsam.
Sorry, mea culpa - war schon recht spät. Natürlich MIT Ei aber OHNE Sahne. Verzeiht mir
In zehn Tagen bin ich mit einem Freund unten, freu mich schon, die ein oder andere Empfehlung auszuprobieren :-)
Wir waren an unserem letzten Abend bei Mario, dem witzigen Kumpeltypen und waren sehr begeistert! Die Carbonara waren echt super, und die Atmosphäre so, wie man sich das wünscht. Und außer uns keine einzige Touristen-Nase!
Und als uns der Wirt mit "dal prossima" verabschiedete, fand ich es doof, dort nicht früher hingegangen zu sein. Beim nächsten Mal ein Pflichtbesuch; vielen Dank für den Tipp!
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