Dieser vom Bundesgerichtshof und Oberlandesgericht in Karlsruhe als legitime Meinungsäußerung gewertete Begriff wird von Lebensschützern gerne als extra-schweres Geschütz aufgefahren. Auch Kirchenmänner vergleichen hin und wieder mal Abtreibungen mit NS-Massenmorden.
Kann man unterstützen, muß man aber nicht.
Ich find's ziemlich ungeschickt.
Aus folgenden Gründen:
An erster Stelle im Diskurs steht die Frage nach Gott und nach der menschlichen Natur. Für Mitglieder von Glaubensgemeinschaften, deren Lehre nicht den Schutz des Lebens umfaßt, für Konfessionslose oder für Atheisten gibt es Spielraum. Aber ein Katholik z.B. hat immer die Pflicht, sich für das ungeborene Leben einzusetzen. Ein ungeborenes Leben ist zu schützen. Punkt. Wer auf anderen Schauplätzen nach schrillen Parallelen sucht, der läuft Gefahr, das eigentliche Thema für sich und andere zu verwässern, denn es werden sofort Rechenbeispiele bemüht, die man auch so auffassen könnte, daß Abtreibung erst ab einer bestimmten Zahl so richtig falsch wird.
Wer Abtreibungen mit NS-Massenmorden vergleicht, der tut den Frauen unrecht, denen die Entscheidung zur Abtreibung schwer fällt, auch wenn sie sich letztlich dann doch dafür entscheien. Sicher, es ist die falsche Entscheidung. Aber was haben diese Frauen mit den kaltblütigen, verblendeten, ja wahnsinningen Schlächtern zu tun, die unter anderem mit Konzepten wie "lebensunwertes Leben" operierten?
Wer Abtreibungen mit NS-Massenmorden vergleicht, der gibt den Abtreibungsbefürwortern eine willkommene Gelegenheit, sich in hysterischen Anfällen zu ergehen und somit vom Thema abzulenken. Da wird dann im Blätterwald ein Bischof in die rechtsextreme Ecke geschoben, das Geschrei ist laut, und unter dem Klangteppich aus Anfeindungen, Beschuldigungen, Entschuldigungen, Protesten, Beschwichtigungen wird weiter munter abgetrieben.
Wer Abtreibungen mit NS-Massenmorden vergleicht, der wird dem Drama eines im Mutterleib getöteten Kindes nicht gerecht, denn er impliziert, daß man einen Horror wie den Holocaust heranziehen muß, um Abtreibungen verständlich zu machen. Es mag Leute geben, für die Abtreibungen nicht das geringste Problem darstellen. Dort liegt die Versuchung nahe, ihnen gegenüber durch einen Holocaust-Vergleich das Konzept ein wenig anzureichern. Das ist aber eine Verwurschtelung der Kategorien. Wir wollen als Katholiken nicht darauf hinweisen, daß die Tötung von Millionen ungeborener Kinder so schlimm ist wie die Tötung von Millionen Juden. Wir wollen darauf hinweisen, daß das Töten eines einzigen und jedes einzelnen ungeborenen Kindes zum Himmel schreit.
Wer Abtreibungen mit NS-Massenmorden vergleicht, der macht es sich zu einfach und anderen zu schwer, weil er oft den entscheidenden Punkt überspringt, an welchem die Frage nach dem Leben als solchem aus Katholischer Sicht gestellt werden muß. Nur, wenn wir lernen, das Leben grundsätzlich zu schätzen und unsere Mitmenschen entsprechend zu behandeln (Ermordung von Abtreibungsärzten? Ihr habt sie doch nicht mehr alle!); nur, wenn wir die Bibel kennen, den Katechismus, die katholische Morallehre, dann können wir als Katholiken, jeder für sich, in seinem Umfeld, in kleinen Schritten zur Besserung der Lage beitragen. Substanzloses, aggressives Geplärre gibt es da draußen genug und man kann selbst sehr schnell in den Chor mit einstimmen und danach glauben, seinen Teil getan zu haben. Nein. Katholik sein bedeutet, nicht nur öffentlich im Schutz der Menge seinen Glauben zu bezeugen, sondern auch privat, alleine, abseits der Kameras und der Mikrophone, still und entspannt, meinetwegen bei einer Tasse Tee, im Vier-Augen-Gespräch. Ja, vielleicht sogar am Arbeitsplatz, wo man plötzlich einer gegen zehn seinen Mann oder seine Frau stehen muß, wenn es um den Katholischen Glauben und die Katholische Lehre geht.
Verteidigt das ungeborene Leben nicht verbiestert mit Klauen und Zähnen und brachialen Vergleichen. Seid sanft, aber zäh und laßt Euch anstecken vom Beispiel unseres Herrn, der - einer gegen so ziemlich alle - gezeigt hat, daß nicht die große Klappe und die Mitgliederzahl der Gang entscheidet, sondern der Gehorsam zum Vater und die Liebe zum Anderen.
3 days ago
9 comments:
Die Abtreibungsbefürworter und die Nazis ,sind sich näher als die meisten "befreiten" Frauen wissen. Die Begründer von pro familia und planned parenthodd entstammen der sozialdarwinistischen Bewegung Anfang des 20. Jahrhunderts. Margaret Sanger darf man ungestraft als Rassistin bezeichnen, die schon vor Hitler Konzentrationslager für "genetisch Minderwertige" forderte. Ich empfehle folgende Eingabe bei google; Margret Sanger, negro project.
Im übrigen hat unser verehrter Papst JPII Parallelen zwischen der Legalisierung der Abtreibung und dem Faschismus gesehen, und hat sich dafür die klassische Denunziation eingehandelt, er "relativiere" den Holocaust - der übrigens so von offizieller jüdischer Seite nicht mehr genannt wird. Mich stören bei dem Begriff eher die schiefen geistlichen Assoziationen, die da hergestellt werden zwischen holocuast - Brandopfer - und Abtreibung.
Über Sanger hatte ich schon gelesen. Und - ja, das mit JPII ist natürlich blöd. Ich finde den Aufschrei "Relativierung des Holocaust!" nicht weniger ungeschickt als den Gebrauch des Begriffes Babycaust.
Was an Ideologien und Agendas und Lobbies hinter der ganzen Geschichte steckt ist schon klar. Grade deswegen fände ich es zumindest interessant, mal einen Feldversuch zu starten, in dem die Abtreibung nicht assoziiert sondern fern allen Vergleichen schlicht und einfach katholisch kommuniziert wird. Dann bleibt das Gequäke aus der "Relativierer!"-Ecke aus und Abtreibungsbefürworter haben es etwas schwerer, sich die Kirche oder einige ihrer Vertreter als Schreckgespenster der Vergangenheit vor den Wagen zu spannen.
Schöner Text. Das sehe ich ganz genauso.
Freut mich!
Wirklich, das ist ein guter, differenzierter und kluger Text.
* * erröt * *
Danke!
Babycaust - der Beitrag ging mir heute den ganzen Tag nich aus dem Kopf.
Holocaust und Abtreibung - für mich nicht zu vergleichen.
Ich finde das Töten von Leben auch nicht Ok, kenne aber die Sorgen und Nöte von Frauen die sich in einer solchen Kriese befanden. Insofern an dieser Stelle vielen Dank für den Artikel und den Hinweis darauf, das sich Frauen bei dem Gedanken von Abtreibung in einer starken Kriese und Gewissensauseinandersetzung sind.
Ich stütze Ihre Aussage in der es heißt:
"Katholik sein bedeutet, nicht nur öffentlich im Schutz der Menge seinen Glauben zu bezeugen, sondern auch privat, alleine, abseits der Kameras und der Mikrophone, still und entspannt, meinetwegen bei einer Tasse Tee, im Vier-Augen-Gespräch. Ja, vielleicht sogar am Arbeitsplatz, wo man plötzlich einer gegen zehn seinen Mann oder seine Frau stehen muß, wenn es um den Katholischen Glauben und die Katholische Lehre geht".
Vielen Dank!
Dank angenommen!
Vielen Dank zurück für die Unterstützung!
Ich kann die Argumente durchaus nachvollziehen und verwende selber diesen Begriff auch nicht.
Warum er aber meiner Meinung nach trotzdem nicht ganz falsch ist: er verdeutlicht den zahlenmäßigen Wahnsinn der sich da in Europa abspielt. Wenn die Welt (bis auf Williamson und co) entsetzt ist über den Holocaust (besser eigentlich Shoa), die Zahl der Ermordeten und die planmäßigen und scheinbar auch rechtspositivistisch legalen Tötungen, umso mehr sollten auch die quantitativ größeren Zahlen der Tötungen im Mutterleib - rechtspositivistisch auch erlaubten Tötungen - entsetzen. Um diesen Vergleichanzustellen eignet sich "Babycaust", nicht um mit diesem Begriff überhaupt erst Betroffenheit zu erzeugen.
lg
Ghislieri
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