Ich bin während der letzten Tage nicht wirklich dazu gekommen, mich groß um die Nachrichten zu kümmern. Sprich: Ich habe mich von Donnerstag bis Samstag nur von der "Presse" ernährt. Entsprechend wenig habe ich von den ersten Tagen der Papstreise mitbekommen.
Eines jedoch fiel auf: Wann immer (auch schon im Vorfeld) von der Reise die Rede war, fielen zwei Sätze:
- "Der Papst hat 2006 die Islamische Welt in Aufregung versetzt, als er einen mittelalterlichen Gelehrten zitierte, der sich kritisch über den Propheten Mohammed geäußert hatte."
- "Der Papst hat auch die Juden aufgeregt, als er die Exkommunikation gegen einen den Holocaust leugnenden Bischof zurückzog."
Ich will weder kleinlich noch gemein sein, aber es versetzt mich schon in Staunen, wenn ich sehe, daß die Frage, warum die Zahl der Christen in den vom Papst momentan besuchten Regionen stetig zurückgeht, nicht mit ebensolcher Intensität verfolgt wird. Da hätte man mal etwas Handfestes. Nicht eine Rede, die so manche Hitzköpfe gar nicht gerne genug mißverstehen konnten. Keine innerkirchliche Versöhnungsgeste, die aus Ignoranz oder bösem Willen zu einem "Siehste! Der ist immer noch HJ-ler!" hochgepuscht wurde. Sondern ganz konkret fliegende Granaten, brennende Kirchen, gemobbte Christen, eine allgemein verfolgte religiöse Minderheit und dazu zwei von Papst "in Aufregung versetzte" Religionen, die sich ständig gegenseitig die Schädel einschlagen, aber zu den Tempo-Tüchern greifen, wenn es um Worte, Karikaturen oder innerkirchliche Angelegenheiten wie die Rücknahme von Exkommunikationen bzw. die Seligsprechung von Päpsten geht. Wo soll ich da eigentlich die moralische Basis finden?
Liebe Israeliten, liebe Moslems: Legt die Waffen weg, dann fange ich mal an zu überlegen, ob ich mir Euer Geheul anhören bzw. Euer Getobe als etwas Anderes als eiskalte Kalkulation verstehen will... Und kommt mir nicht mit der "Vergangenheit". Der alles ausradierende Knall, dem wir gemeinsam entgegenzusteuern haben, wird morgen stattfinden, nicht gestern.
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