Bei Paul erfuhr ich, daß Richard Dawkins während der Global Atheist Convention in Melbourne den Papst einen "Nazi" nannte.
Ich ging dann mal forschen und fand diesen Artikel in der Herald Sun. Ich will nicht sagen, daß der Autor vor dem Atheisten-Hohepriester kotaut. Ich will eher sagen, daß, wenn der Autor noch tiefer hineinkriecht, Dawkins wahrscheinlich Haargel schmeckt.
Oh! Die Tapferkeit! Das Wagnis! Dawkins "schonungslose Offenheit", mit denen er Katholiken (Christen kommen in dem gesamten Artikel komischerweise überhaupt nicht vor) wie Muslimen gleichermaßen angeht, sieht so aus: Der Papst wird mit einem Nazi verglichen. Vor allzu heftiger Beleidigung des Islam wird gewarnt, denn "es bringt nichts, den Kopf abgeschlagen zu bekommen".
Perfekt, Junge! Pick dir die raus, die es im Laufe der Zeit tatsächlich gelernt haben, auf "wagemutige Provokationen" und stumpfsinnigste Beleidigungen mit Sanftmut statt mit Bannstrahlen zu reagieren, trample auf ihnen herum und demonstriere so, wie gewaltsam und nutzlos die Religion ist.
Un-vor-stell-bar.
6 days ago
18 comments:
Mir hat dieser eine Artikel gefallen, den er auch verlinkte, von einer Frau, die für The Australian (?) schreibt und wie Dawkins ihr vorwarf, weil sie ihn leise kritisierte, sie würde ja nur im Namen Jesu lügen. Darauf steht im Artikel so was ähnlich lakonisches wie: ... which surprised me. I'm a Jew.
:-)
Interessant: Den Papst darf man ungestraft als Nazi beschimpfen und mit Dreck bewerfen. Da meldet sich kein Mensch protestierend zu Wort - nicht mal unsere tollen Bischöfe. Wenn aber der Papst als oberster Hirte der Kirche z. B. eine liturgische Anderung vornimmt und eine Karfreitagsfürbitte für das jüdische Volk ändert, dann schreit alles, angefangen von den - ach so brüskierten - Juden bis hin zu Prof. Küng. Wie krank ist das denn, bitte? Mich widert diese Heuchelei, die hier in den letzten Monaten und Wochen vor allem mehr und mehr verstärkt an den Tag tritt, so was von an. Der gute Hirte wird auf dem Altar des Zeitgeistes geopfert. Noch eine Anmerkung: Komischerweise stürzen in dem abartigen Film "2012" auch nur christliche Gebäude ein, angefangen beim Petersdom bis zur brasilianischen Christusstatue. Hat jemand mal eine einstürzende Moschee oder Synagoge gesehen? Danke für Deinen guten Kommentar, Alipius, und entschuldige, dass ich mich hier so ausgelassen habe :-)
@ Elsa: Ja, extremer giggle-Bonus, fand ich auch!
@ Simon: Kein Problem! Da gibt's nix zu entschuldigen!
Ich finde es auch einigermaßen lustig, dass Positionen gegen Religion im Allgemeinen und gegen Kirche im Besonderen immer noch wie Mini-Revolutionen gefeiert werden, obwohl es doch heute quasi zum guten Ton gehört, gegen Religion und Kirche zu sein, mehr noch: die Religiosität des Mitmenschen zünftig als „dumm“ und/oder „böse“ zu verspotten, weist doch dies allein den modernen Atheisten schon als freigeistig, kritisch und aufgeklärt aus. Man geht so auch ohne Abitur als Intellektueller durch. Vor allem, wenn der verlachte Mitmensch der katholischen Kirche angehört, die ja in Sachen Dummheit und Bösartigkeit wahre Wunder gewirkt haben muss, gemessen an dem, wofür sie in Geschichte und Gegenwart verantwortlich gemacht wird. Der Mut missionarischer Atheisten ist dabei im Grunde grenzenlos, auch wenn er manchmal sehr übersichtlich scheint, vor allem dann, wenn Hasstiraden anonym im Internet platziert werden. Das muss man aber verstehen, denn das ist ja nur eine Vorsichtsmaßnahme, das Resultat der berechtigten Furcht, von der allmächtigen Kirche als Ketzer verbrannt zu werden, schließlich ist diese immer noch geistig im Mittelalter, wehrt sich mit Zähnen und Klauen gegen die Kugelgestalt der Erde und so weiter. Wie in einem Serienbrief werden dann regelmäßig weitere Erkenntnisse der unter dem einzig gültigen – auch für die Geisteswissenschaften, so sie nicht demnächst ohnehin abgeschafft werden – naturalistischen Paradigma gestalteten Forschungsarbeit als Textblöcke eingesetzt. Es sind Erkenntnisse besonders gut qualifizierter Experten (mit oder ohne Latinum), die in der Strenge wissenschaftlicher Neutralität und in einem stets vor Logik strotzenden Duktus (ex falso quodlibet) ein für alle mal („Nach 2000 Jahren muss endlich Schluss sein!“) das nachweisen, was nachzuweisen war: Reli dumm, Kirche bös’, Papst Schuld! Meist geht es um irgendwas mit Kreuzzügen, Inquisition, Leibfeindlichkeit, Unterdrückung, Nationalsozialismus oder so. Die eigene Fortschrittlichkeit wird dadurch suggeriert, dass man entsetzt fragt, wie man angesichts von Millionen verbrannter Hexen „heute noch“ an Gott glauben könne. Unkenntnis über das, was man kritisiert, gilt dabei nicht als Mangel, sondern als notwendiger Bestandteil der wissenschaftlichen Aufklärung, die einen schließlich zu viel wichtigeren Dingen als Religionsphilosophie und Kirchengeschichte führt, etwa zu biologistischen Kulturtheorien.
Besonders lustig finde ich, dass selbst der verstockteste Bischof einer hochmittelalterlichen Diözese staunen würde, wie aggressiv und gereizt man doch auf leiseste Widersprüche gegen die eigene Dogmatik reagieren kann. Wer sich in der „Szene“ umtut, entdeckt zur Überraschung und Verwunderung, wie laut doch im Namen der Radikalaufklärung jede kleinste Abweichung von der Parteilinie niedergebrüllt wird. So muss das wohl sein, wenn man sich nicht eingebettet weiß in Etwas, das einst das letzte Wort sprechen wird. Dann muss man eben selbst dieses letzte Wort haben. Da es bei denen, die beim Vordenken kaum nachdenken, von innen her keinen Widerspruch geben darf, braucht es Menschen, die das Dogmengebäude des Wissenschaftsfundamentalismus von außen angehen, wie etwa Richard Schröder. Kleiner Tipp: http://tinyurl.com/yee7cyq
Blasphemie ist dabei nicht nur im negativen Modus ein Teil der normativen Wertorientierung (sie soll straffrei sein), nein: sie ist es auch im positiven Modus: Wer nicht dreimal täglich den Mut hat, Gott zu lästern, kann es wohl mit seinem Atheismus nicht wirklich ernst meinen. Traurig nur, dass der Mut immer dann schwindet, wenn Gott nicht „Gott“ heißt, sondern „Allah“. Nicht, weil ich mir wünschte, Atheisten würden die Köpfe abgeschlagen, sondern weil ich mir wünsche, dass dies mit Christen nicht mehr passiert. Dazu müsste aber erst mal ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gelangen, dass Christen die Köpfe abgeschlagen werden. Das Bewusstsein der Öffentlichkeit ist aber mit Kreuzzügen und Hexenverbrennungen randvoll ausgelastet.
Richtig traurig macht mich schließlich also, dass mit der Christentums- und Kirchenhetze ein Klima entsteht, in dem Christen als Opfer nicht mehr vorkommen können, weil sie ja schon als Täter markiert sind. In den Medien treibt das seltsame Blüten: Christenverfolgung – eines der größten menschenrechtlichen Probleme unserer Zeit – ist kein Thema, und wenn doch, dann wird so lange die Wirklichkeit verdreht, bis die Christen schließlich selbst Schuld sind. Geht ja auch nicht anders. Noch ein Tipp: http://tinyurl.com/yewzqqm
Josef Bordat
J.B.: Danke für die beiden Kommentare. Habe nichts hinzuzufügen.
Dawkins ist Brite. Ich bin selber ein riesiger Grossbritannienfan. Wer die bitische Presse, insbesondere bezüglich Katholizismus und bezüglich Germany kennt, der weiss auch wie die Aussagen zu einem Papst aus D-Land einzuordnen sind.
Anti-Catholic und Anti-German sind in GB leider viele.
Wer Dawkins Buch mit klarem Verstand liesst, weiss, dass es bedeutungslos ist.
@Alipius
Wenn man schon forscht, sollte man auch richtig forschen und sich selber anhören und ansehen was RD gesagt und nicht gesagt hat.
Quotemining lässt grüßen.
http://richarddawkins.net/articles/5272
Wobei ich mir nicht so sicher bin, ob mein Kommentar je freigeschaltet wird.
@ Anonymous...
Also erstmal finde ich diese "Ich weiß nicht ob mein Kommentar je freigeschaltet wird"-Larmoyanz äuerst bezeichnend. Was soll das denn? "Hach, ich freigeistiger Dawkins-Unterstützer werde sicherich von den bösen Fundamentalisten zensiert!" Blödsinn!
Natürlich werde ich einen Kommentar freischalten, der zu einem Video verlinkt, welches besser als jeder von mit geschriebene Kommentar demonstriert, auf welchem Niveau Richard Dawkins abzuholen ist. In seinem gesamten Statement gibt es nur Stand-up-Comedy, keinen ernstzunehmenden Gedanken, nur Häme und Lächerlichmachen von Dingen, die er nicht versteht und deren Realität er nicht akzeptieren kann. Und es wird ja auch bestätigt, daß er den Papst (Pius XII) einen Nazi nannte, obwohl jeder Mensch, der sich für vernünftiger als die bösen Gläubigen hält, dies mittlerweile besser wissen müßte. Danke also!
Ich werde später einen Link zu dem Video setzen, damit auch meine Leser sich über die Peinlichkeit freuen können.
@Alipius
Wegen der Freischaltung und Zensur von Kommentaren auf einigen theistischen Seiten habe ich leider andere Erfahrungen gemacht.
Da Sie dies nicht machen - fein!
Zu Dawkins:
Natürlich können Naturalisten wie Dawkins über angebliche Wunder und Heilige in der RKK nur dumme Witze reißen. Was sollte er als Atheist auch ernstzunehmendes über die Heiligsprechung einer Nonne beitragen?
Die Aussage das echte Theologen und fundamentalistische "nutbags" in dieser Frage übereinstimmen ist doch richtig, oder täusche ich mich da?
Das Herr Pacelli (Pius XII) ein Nazi war sagte er auch nicht.
"Blatantly evident in this clip, Richard Dawkins uses “Pope Nazi” as a shorthand descriptive phrase for “that Pope whose name I’ve forgotten (Pope Pius XII) — who’s also up for canonisation and was aiding and abetting the Nazis during the war”"
Lieber Anonymous:
Vielleicht wäre es besser, wenn Sie erst einmal diesen älteren Artikel von mir lesen, in dem ich die Probleme beschreibe, die ich mit Dawkins und Konsorten habe. Das hilft Ihnen vielleicht, meine Position etwas besser kennenzulernen.
Grundsätzlich finde ich, daß komischerweise ausgerechnet die sich auf die menschliche Vernunft berufenden Atheisten oft so gnadenlos unlogisch sind. Beispiel: Was hat es schon zu bedeuten, wenn "echte Theologen" und "fundamentalistische Nutbags" einer Meinung sind (Wüßte eh gerne, wo Atheisten zwischen diesen beiden Gruppen die Trennlinie ziehen wollen). Will man von dieser Tatsache etwa gültige Schlüsse ableiten, die der Religion im allgemeinen und dem Katholizismus im besonderen zur Unehre gereichen?
Auch möchte ich Sie inständig bitten, nochmal genau das Zitat zu lesen und mir dann zu erklären, wie "Pope Nazi" nicht bedeutet, daß Dawkins Pius XII mit einem Nazi gleichsetzt.
Lieber Alipius,
ich habe Ihren Artikel über Dawkins gelesen und ich fürchte Sie haben Ihn gründlich missverstanden oder missverstehen wollen.
Ein Grund, warum atheistische Wissenschaftler Gott ablehnen, ist die Tatsache, daß man nicht beweisen kann, daß Gott NICHT existiert
Wie auch in der von Dawkins mit initiieren atheistischen Werbekampagne auf Bussen stand:
"There's probably no god" und nicht "There is no god".
Aussagen darüber ob Gott, Götter oder Russells Teekanne existieren lassen sich NICHT widerlegen.
Das Ihre Existenz aber höchst unwahrscheinlich ist, lässt sich aber schon wissenschaftlich und logisch gut begründen.
Auch das die Beweislast bei demjenigen liegt, der eine Behauptung aufstellt ist hoffentlich Konsens. Atheist kann man nur dann sein, wenn es jemanden gibt, der die Existenz eines Gottes oder Götter postuliert.
Und genau über diese Gründe schreibt Dawkins in seinem Buch.
Der Theist wird natürlich das gleiche behaupten und sagen, das es gute und logische, sogar vernünftige Gründe gibt an Gott, Götter und Teekannen im All zu glauben.
Und hier steckt das Dilemma. Weder die eine noch die andere Seite akzeptieren die Beweise und Gründe, die vorgetragen werden.
Sei es nun wissenschaftliche Erkenntnis oder religiöse Offenbarung.
Zu welcher Seite das Pendel schlägt ist jedem selbst überlassen.
Wenn Sie sich wirklich für die Gründe interessieren, warum die "neuen" Atheisten so populär sind und sich so lautstark gegen jede Form von religiösen Fundamentalismus wehren, ist hier ein sehr schöner und kurzer Vortrag vom Philosophen und Naturalisten Michael Schmidt-Salomon in der evangelischen Stadtakademie in München.
http://www.schmidt-salomon.de/stadtak_muenchen09.pdf
Gruß,
Michael
P.S. Er hatte den Namen des Papstes vergessen der während der Nazizeit amtierte.
Also hat er ihn Papst Nazi genannt.
Was ist daran unverständlich?
Lieber Michael!
Gestatten Sie mir zuerst eine Frage: Ich schrieb in dem im letzten Kommentar verlinkten Artikel: " Ein Grund, warum atheistische Wissenschaftler Gott ablehnen, ist die Tatsache, daß man nicht beweisen kann, daß Gott NICHT existiert. Das gilt als wissenschaftlich unseriös. Somit ist Gott aus dem Rennen. Somit darf man als Wissenschaftler aber als erste Prämisse auch nicht wählen „Es gibt keinen Gott“.“ Sie sagen, ich hätte Dawkins nicht verstanden, zitieren den ersten Satz meiner Aussage und antworten darauf mit “ Wie auch in der von Dawkins mit initiieren atheistischen Werbekampagne auf Bussen stand: „There's probably no god“ und nicht „There is no god“. Sie (bzw. die Leute der Buskampagne) sagen also genau, was ich ebenfalls sagte: Atheisten können nicht sagen “Es gibt keinen Gott“. Jetzt frage ich mich, wo hier mein Mißverstehen einzuordnen ist, wenn doch offenbar wenigstens in diesem Fall die Atheisten meiner Meinung sind bzw umgekehrt?
Es gibt auch logisch nachvollziehbare Argumente, die die Existenz Gottes zumindest wahrscheinlich machen. Aber auf diese wird manchmal etwas seltsam reagiert. Hier als Einschub eine kleine Episode, die eine Freundin erlebte, welche an einer Diskussion mit Richard Dawkins teilnahm: Es ging um den Ursprung des Universums. Meine Freundin, gläubige Katholikin, schlug vor, daß alle im Publikum sich einmal auf das Experiment einlassen, sich Gott so vorzustellen, wie sie ihn entweder kennen und beigebracht bekamen (als Gläubige) oder wie sie zumindest entfernt von ihm gehört haben (als Nicht-Gläubige). Sie bat darum, sich besonders auf die Eigenschaften, welche Gott nachgesagt werden, zu konzentrieren. Dann bat sie die Leute, sich die „Urmaterie“ aus der alles andere entstanden ist, vorzustellen, also Wasserstoffatome oder in der elften Dimension schwingende Strings oder was auch immer. Da auch die „Urmaterie“ sich nicht selbst geschaffen haben kann, fragte sie dann, von welcher der beiden Dinge, die man sich eben vorgestellt hatte, man mit größerer Berechtigung sagen kann „Er (es) war schon immer da!“: Von einem allmächtigen Gott oder von einer „Urmaterie“. Dawkins Antwort: “Dies ist die Frage eines armseligen Verstandes!“ Wo genau hier die von Schmidt-Salomon angesprochenen „untadeligen Oxford-Manieren“ sich manifestierenist schleierhaft. Dawkins macht hier exakt das, was ich ihm in meinem Artikel vorwarf: Er versucht nicht, vernünftig gegen Gott zu argumentieren, sondern blendet einfach die Realität bzw. Möglichkeit Gottes komplett aus. Wichtiger noch: Hier wird der ebenfalls von Schmid-Salomon angesprochene Naturalismus zum Dogma. Der Satz “ Hinter all den vielfältigen Erscheinungen des Kosmos steht keine Schöpfung und kein Heilsplan, sondern nur das blinde Walten von Zufall und Notwendigkeit.“ wird hier so aufgefaßt, daß der “neue Humanismus“ eben nicht als “Alternative zur Religion“ betrachtet wird, sondern ihr einfach keinen Platz mehr einräumt. Wenn selbst ein angeblich so großer und vornehmer Denker wie Dawkins sich nicht herablassen will, vernünftig auf diese Frage zu reagieren, wie soll ich dann von den Horden von Salon-Atheisten und Feierabend-Humanisten besseres erwarten können? Wie soll ich das ganze nicht als poppigen Mode-Trend auffassen, der Leute auf den Leim gehen, die sich von ihren Atheismus-Priestern die Schlüsselbegriffe in den Mund legen lassen, um diese in Weblogs und Internetforen nachzuplappern? Und wo ist da der aufgeklärte Geist? Nichts anderes wird doch den Gläubigen vorgeworfen.
[Fortsetzung unten...]
[Fortsetzung]
Ich sehe hier einfach keinen Garant für Aufklärung. Im Gegenteil. Im Falle Schmidt-Salomons sehe ich zum Beispiel auch eine gewaltige Menge an Kontradiktion. Er zählt einige Phänomene auf, gegen die sich die neuen Atheisten (oder Humanisten) wenden: “ Hätte es die Anschläge islamistischer Terrorgruppen, Bushs „Kreuzzug gegen die Achse des Bösen“, die Schüsse Evangelikaler auf Abtreibungsärzte, die vielen Opfer des Karikaturenstreits, all die Steinigungen, Ehrenmorde und so vieles andere mehr in den letzten Jahren nicht gegeben, so hätte sich der neue Atheismus mit aller größter Wahrscheinlichkeit gar nicht erst entwickelt.“ Es fällt auf, daß hier erstens keine Katholiken genannt werden und daß zweitens die von den Christen begangenen Untaten von katholischer Seite (nicht zuletzt auch auf meinem Weblog) abgewatscht wurden. Das Ermorden von Abtreibungsärzten ist natürlich ein No-Go. Und Bush’s Kreuzzug wurde von Anfang an wahrscheinlich nur von Atheisten als religiös motiviert betrachtet. Da ging es nie um etwas anderes als politischen Einfluß und Kohle. Auch die Hexenverbrennungen in Nigeria sind ein Unding. Aber auch damit hat die katholische Kirche nichts zu tun. Und daß Mission nicht mit Gewalt erfolgen darf, das hat die Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil (also schon lange, bevor Dawkins oder die Giordano-Bruno-Stiftung populär wurden) offiziell festgelegt und schon Jahre vorher praktiziert. Trotz all dem geht Schmidt-Salomon hin und stellt in seinem Atheistenbuch für Kinder einen katholischen Bischof (nicht etwa einen evangelikalen Fundi) an die Seite eines zornigen Imams.
Da fällt es für mich besonders ins Gewicht, daß Schmidt-Salomo sich die EKD als positives Beispiel heraussucht. Denn (die evangelischen Brüder und Schwester in Christo mögen es mir verzeihen) die EKD kommt im Vergleich mit der Katholischen Kirche erstens weniger öffentlichkeits- und medienwirksam daher und wirkt auch etwas... naja... „harmloser“, will ich mal sagen. Dort gibt es keinen obskuren Altherrenclub in prunkigen Fummeln, der hinter den verschlossenen Türen des Vatikan alles Mögliche planen und beschließen kann, um dann damit seinen Schäfchen das Leben wieder etwas komplizierter oder „lustfeindlicher“ (gähn) zu gestalten. Da gibt es kein störrisches Festhalten an Prinzipien, die der Entwicklung der säkularen Gesellschaft der letzten Jahrzehnte widerspricht (Frauenpriestertum, Zölibat, Homo-Ehe, Kondome etc). Was es dort gibt, das sind – neben all dem, was für Außenstehende nur als schnöde Verbote gelten mag – vor allem Klarheit und eine Einladung, vom eigenen Verstand Gebrauch zu machen, um im Glauben erfolgreich zu sein („fides et ratio“ heißt es nicht ohne Grund). Will sagen: Wer die Anforderungen des Katholischen Glaubens kennt und wer es mit Gott ernst meint, der muß – nicht nur auf ein Wort des Papstes hin, sondern auch und vor allem in der Praxis, im Erleben, im Hinfallen und Wiederaufstehen - lernen, die Dinge der Welt zu bewerten und zu den richtigen „Ja“ bzw „Nein“ zu sagen.
[Fortsetzung unten...]
[Fortsetzung]
Vielleicht bin ich mit der Schlussfolgerung, die jetzt kommt, nicht ganz fair, aber summa summarum zeichnet sich hier für mich ein Bild, in welchem Schmidt-Salomon keine Angst davor hat, daß die Errungenschaften der Aufklärung über Bord gehen, sondern eher befürchtet, daß die Leute zum wahren Kern des Katholizismus durchdringen, wenn sie genau das sind, was er sich wünscht: Aufgeklärt.
Letztlich kann auch Schmidt-Salomon nicht vermeiden, vernünftige Argumente billiger Polemik zu opfern, wenn er vom „Backe-Backe-Kuchen-Mythos der Bibel“ spricht. Ich kann damit leben, keine Angst. Aber ich sehe nicht, wie sich hier ein adäquater Diskussionspartner zum Thema Religion bzw. Gott anbietet.
Eins noch. Sie schreiben: “ Auch das die Beweislast bei demjenigen liegt, der eine Behauptung aufstellt ist hoffentlich Konsens.“ Schon. Frage: Ist "There's probably no god" eine Behauptung?
Und zum Nazi-Papst: Hand auf’s Herz, sind Sie wirklich der Meinung, „Pope Nazi“ war die eleganteste Umschreibung für Pius XII? Wäre es von einem Mann wie Dawkins zuviel verlangt etwas zu sagen wie „The Pope who reigned during the Second World War?“ Wollen Sie wirklich von mir verlangen, daß ich hinter dem „Pope Nazi“ nur einen kleinen unbeholfenen Ausrutscher sehe und nicht den Versuch, den Namen Pius XII ein weiteres Mal zu schänden?
[Uffza! Die Combox hat offenbar ein Buchstaben-Limit, also mußte ich diesen Kommentar splitten. Vielleicht schreiben Sie mir lieber auf meine private Mail-Adresse (finden Sie in meinem Blogger-Profil) wenn Sie noch Fragen haben]
Uff, so viel Argumente, Worte und Gedanken ;-)
Ich werde mich gerne nach eingehendem Studium mal per E-Mail melden.
Gruß,
Michael
und gute Nacht!
Hi, ich bin der (die) andere Anonymus(a).
Das Buch ist bedeutungslos. Warum?
Kleines Beispiel aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung:
Vorbemerkung: ich bewege mich jetzt ausschliesslich in der Terminologie der Wahrscheinlichkeitsrechnung, das bietet sich an, wenn man theologische Themen diskutiert, wie wir seit Ludwig Wittgenstein selig wissen:
Dawkins: "There is probably no god".
Ich: stimmt! und wie hoch ist diese wahrscheinlichkeit?
Dawinks gibt gottseidank in seinem Buch "Der Gotteswahn" sogar die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass Gott nicht existiert, nämlich ca. 98%.
Die Statistikerin bildet natürlich sofort die Umkehrwahrscheinlichkeit, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass es Gott gibt, ist nach Dawkins demnach ca. 2%.
Wenn ich mir also 100 Urknalle/Universen vorstelle, hat durchschnittlich zwei davon Gott gemacht, wenn ich mir 1000 Urknalle/Universen vorstelle, stammen durchschnittlich 20 von Gott!
Nicht einmal Josef Ratzinger ist sich in seinem Buch: "Einführung in das Christentum" Gottes so sicher.
inge
"Nicht einmal Josef Ratzinger ist sich in seinem Buch: "Einführung in das Christentum" Gottes so sicher."
In seinem Herzen aber sicherlich doch ;-)
Danke für den Kommentar!
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