Pfarrer Peter Kennedy (71) von der Pfarre St. Mary’s in South Brisbane/Australien ist bei den Medien ein geschätzter Mann, sorgt er doch seit Jahren für interessante Schlagzeilen.
Peter Kennedy hat so seine eigene Vorstellung davon, wie denn nun eine gültig gefeierte Messe oder Taufe auszuschauen hat und welcher Zierrat sich für ein katholisches Gotteshaus ziemt.
Zum ersten Mal erschien Kennedy auf meinem Radar, als ich las, daß er nicht "im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes" tauft, sondern im Namen "des Schöpfers, des Befreiers und des Erhalters". Das war 2004. Kennedy erklärte damals, daß er diese Formel schon seit Jahren benutze. Wie viele Taufen nun ungültig sein könnten oder tatsächlich ungültig sind, war natürlich nicht in Erfahrung zu bringen. Die Motivation hinter dem veränderten Text ahnte ich schon, bevor ich zur entsprechenden Textstelle kam: Die neue Taufformel solle „weniger patriarchalisch“ sein und „mehr inklusiv“. Erzbischof Bathersby, Brisbane, verwarnte den Priester. Dieser versprach der Anordnung seines Bischofs gehorchen zu wollen und erklärte, der Erzbischof habe die liturgischen Erneuerungsversuche in seiner Pfarre stets unterstützt. Wie dieser Gehorsam ausschaute? In den folgenden Monaten wurde die Produktpalette der Do-it-yourself-Kirche um Predigten von Laien, Segnung homosexueller Paare, von Gemeindemitgliedern geschriebene Eucharistische Hochgebete und formlose Love-ins, die wohl entfernt vielleicht gar noch an Heilige Messen erinnerten, erweitert. Klar, daß diese Praktiken - ganz im Sinne der Nicht-Patriarchalität, der Inklusivität und des kreativen Ungehorsams - die Kirche bald aus allen Nähten platzen ließ. Bis zu 700 Leute versammelten sich jeden Sonntag zur "Messe".
Irgendwo auf dem Weg läßt Kennedy dann auch mal die Bemerkung fallen, daß die Leute ja bei Priestermangel eigentlich auch zu Hause ohne Priester Eucharistie feiern können, indem die Versammelten einfach einen aus ihrer Mitte als Bevollmächtigten rauspicken (ich konnte leider nicht herausfinden ob durch Zweidrittelmehrheit, Akklamation oder Kompromiss).
Der Erzbischof zeigte sich geduldig, denn erst im August 2008 erfolgte die Androhung einer Schließung, sollte sich in St. Mary's nichts ändern. Auslöser waren offenbar die letzten tapferen Katholiken der Gemeinde, die sich beim Vatikan beschwerten, daß es in St. Mary's keine vernünftigen Messen mehr gibt. Die Androhung wurde erst einmal ignoriert.
Im November 2008 setzte der Erzbischof ein Ultimatum: Bis 1. Dezember ist der Laden in Schuß, oder ich mache ihn dicht! Kennedy antwortete mit dem atemberaubenden Satz: "Die zur Gemeinde gehörenden Leute werden ihre Gewohnheiten nicht einfach ablegen". Dieser Satz stimmt, wenn man "ihre Gewohnheiten" als die Gewohnheiten versteht, die ihnen vom Pfarrer in den Schoß gelegt wurden mit den Worten "So, das sind jetzt bitteschön eure Gewohnheiten". Ich kann mir nur schwer vorstellen, daß z.B. der Vorschlag zur Änderung der Taufformel, das Einbringen selbstgeschriebener Eucharistischer Hochgebete oder die Idee, die Messe ohne Priester daheim zu feiern, aus der Gemeinde kam.
Kennedy scherte sich erneut nicht um die Worte des Erzbischofs, sondern gab im Januar 2009 ein Interview: Kein Himmel, keine Hölle, kein Leben nach dem Tod im herkömmlichen Sinn. Referenzen von dieser Ex-Nonne und jenem Ex-Priester, "Schriftgelehrte" und "verheiratete Priester" bestätigten ihm, seine Messen seien gültig und so weiter und so fort.
Der Kragen platzt am 19. Februar 2009: Kennedy wird gefeuert, will aber "weiter Messe lesen" und "ist enttäuscht". Enttäuscht! Nachdem der Erzbischof ihm jahrelang mit viel Geduld begegnet ist. Am 21. Februar ergeht im Zusammenhang mit dem gefeuerten Priester und der anstehenden Schließung der Gemeinde eine Bombendrohung an den Erzbischof. Sie wird von der Polizei als authentisch eingestuft und ernst genommen. Es passiert aber nichts.
Der aktuelle Status: Das Volk von St Mary's wird sich laut Kennedy weiterhin "Katholische Gemeinde" nennen und zieht um, 200 Meter die Straße runter, ins Trade and Labor Council Building. Kennedy erwartet, daß 95% der Gemeindemitglieder ihm folgen werden. Am zweiten Sonntag nach Ostern wird man sich in St. Mary's treffen und dann in einer Prozession in die neuen Räumlichkeiten ziehen. Er sagt, er sei schließlich immer noch Priester und werde daher weiterhin Messen und Taufen anbieten, aber in neuen Räumen. Und es dreht sich ganz bestimmt ganz und gar nicht um ihn, seine persönliche Kränkung und seinen geplatzten Traum von der Woodstock-Pfarre. Daher die subtile Prozession am zweiten Sonntag nach Ostern, welche von den Medien sicherlich ignoriert und nicht hochgespielt wird.
Kennedys Probleme mit priesterlicher Identität, mit Autoritäten und mit Strukturen sind ziemlich offensichtlich. Auch scheint er sich ein wenig vor Frömmigkeit zu ekeln und grundsätzlich nicht an allzuviel zu glauben. Aber am schwersten wiegt für mich die Mogelpackung: Er stürzt sich auf sein 68er-Spät-Hippie-Projekt, verwandelt seine Kirche in einen Mitmachtheater mit den Schwerpunkten "soziales Engagement" und "Inklusivität" und gaukelt den Leuten antiautoritäres Ur-Christentum der ersten Stunde vor. Mit seinen emotionsgeladenen und ratiofreien Interviews trifft er immer genau den Schluchz-Nerv und kettet all diejenigen an sich, die lieber nicht weiter über ihren Glauben nachdenken, so lange ihnen dies - für den Fall, daß das Nachdenken zur Distanzierung vom Verführer führt - ein "Auch Du, Brutus?" und negative Schwingungen erspart. Die vermeintlich kecke Aufsässigkeit ist längst zum Dogma geworden, der anit-hierarchische Priester längst zum Sektenführer. Da wird das soziale Engagement bei einem Anhänger dann auch mal bis zur Bombendrohung mißverstanden. Ich bin nicht einmal der Meinung, daß Kennedy als geweihter Priester für sich selbst tun und lassen kann, was er will. Noch weniger gefällt es mir, wenn er seine eigenen Probleme in eine Ich-Show verwandelt, mit welcher er eine ganze Gemeinde dem Schoß der Kirche entreißt.
Er hat jedoch Recht, wenn er sagt, daß er immer noch Priester ist. Das wird er sein ganzes Leben lang bleiben. Das wird er auch nach dem Tod noch sein. Dann, wenn er vor dem Richterstuhl steht und erkennt, in welche Richtung er während seiner irdischen Pilgerschaft die Weiche für das Leben gestellt hat, welches nach dem Tod folgt und an welches er nicht wirklich glaubt.
6 days ago
1 comment:
Oh! shuddah!
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