Tuesday, March 10, 2009

Freiheit von...

Angeregt durch einen Artikel aus dem Nacht(b)revier, ging mein Hirn auf die Pirsch und schlich sich an das Konzept "Freiheit" heran, um es ein wenig unter die Lupe zu nehmen.

Es ging ein gespenstisches Brainstorming los, in welchem zuerst Bilder von in schnittigen Cabrios durch malerische Küstenlandschaften brausenden Thirtysomethings, auf Berggipfeln beide Arme mit geballten Fäusten in die Luft steckenden Freeclimbern oder Nescafé schlürfenden Blondchens (erinnert sich noch wer an "Isch abe gakain Auto"?) meine innere Netzhaut fluteten. Seit fast fünf Jahren kaum noch Fernsehen, und ich bin immer noch randvoll mit Werbespot-Bildern. Irgendwie scheint der Mist ja doch zu funktionieren. Egal, anderes Thema.

Ich riß mich schließlich von den bunten Bildern los und suchte die Freiheit dort, wo sie eine ähnliche Konnotation hat, wie in dem von Elsa betrachteten Artikel, nämlich Freiheit als Feuer, also als etwas das wärmt oder - wenn es nicht kontrolliert wird - etwas das verzehrt, zerstört:
    "Nach Ansicht der Demonstrierenden baut der Papst eine dogmatisch verengte, autoritäre und weltfremde Kirche auf. Aufgeben wollen die vom Vatikan Enttäuschten aber nicht. "Auftreten statt austreten: Wir sind eine offene Kirche", lautete das Motto der Kundgebung.

    Seine Solidarität mit den Anliegen der Demonstrierenden bekräftige der Papstkritiker Hans Küng. Er war in Luzern, um als Präsident der Herbert-Haag-Stiftung "Für Freiheit in der Kirche" drei couragierte Männer auszuzeichnen.

    Küng stellte an der Preisverleihung gemäss Redetext fest, dass das Feuer der Freiheit in der Kirche in den letzten Wochen wieder aufgelodert sei - und zwar ausgerechnet dank denen, die es auslöschen wollten. Übles könne auch Gutes gebären."
Mich interessiert hier jetzt weniger, ob man in der Kirche das Feuer der Freiheit 'auslöschen' will, weil man es lieber kalt und dunkel hat, oder weil man den sich durch den mystischen Leib unseres Herrn fressenden Brand ersticken will, bevor man sich nur noch an malerischen Ruinen erfreuen kann.

Ebenso wie Elsa interessiert mich - auf Kirche, Glaube und Schöpfung bezogen, nach dem schnellen Gedankensprung von Freiheit zu Feuer zu Revolte - das Bild der Freiheit als eine "Freiheit von...": 'Freiheit von Rom', das hatten wir schon und da wurde dann einfach rom-los weitergebetet. 'Freiheit von Christus' gab's auch schon mal, da durfte immerhin noch eine Prostituierte als 'Göttin der Vernunft' auf einem Altar in Notre Dame herumtanzen. Bald folgte dann die 'Freiheit von Gott', die heute noch ein ganz erträgliches Einkommensgebiet für viele des Schreibens Mächtige darstellt. Und durch die Hintertüre hat schon vor einiger Zeit die konsequente nächste 'Freiheit von...' einen Fuß über die Schwelle geschoben: 'Freiheit vom Menschen' droht es nun, da der Mensch, bewußt oder unbewußt, sich selbst zum Gott gemacht hat. Ist Gott erst einmal weg, dann muß natürlich der Mensch Gottes Aufgaben wahrnehmen. Und das ist nun mal etwas zu viel. Wenn es keine übergeordnete objektive Wahrheit mehr gibt, dann können wir uns die Lippen fusselig debattieren beim Versuch, herauszufinden, wie es denn nun zu laufen hat. Dann werden nicht mehr Rezepte ausgetauscht und nach Prüfung der Zutaten entweder ausprobiert oder von vornherein abgelehnt. Dann versammeln sich alle am Pott und kochen. Gleichzeitig. Dann kommen Rechte, persönliche Vorlieben, Forderungen, Überzeugungen, Pflichten, natürliche Bedürfnisse, Verweigerungen, Meinungen, Zweifel, Monarchie und Alltag, Demokratie und Urlaub alle rein in einen großen Pott und werden unter langsamem Weiterdebattieren zum Köcheln gebracht. Irgendwann wird dann ermüdet von der grauen Suppe gekostet. Dann sagen wir zum Anderen "Yum! Lecker! Siehste, geht doch!" Und dann drehen wir uns um, spucken aus und spülen uns mit dem heimlich behaltenen, nicht dem Mix beigefügten, daheim Schwarzgebrannten den Geschmack aus dem Mund. Und so drängt sich langsam die Erkenntnis auf, daß es ohne einen obersten Regelverfasser nicht geht. Dann kann man entweder zurückkehren, zu Gott, zu Christus, nach Rom. Oder man sieht eben zu, daß man sich von der neuen Generation der obersten Regelverfasser auch noch befreit, durch den finalen 'Freiheit von...'-Rettungsschuß:

Die finsterste 'Freiheit von...', die uns noch droht, ist die Freiheit von Überzeugungen. Denn diese Freiheit kann es nie geben. Wie auch? "Ich bin der Überzeugung, daß es keine Überzeugungen geben darf!" Versuchen wird man es wahrscheinlich irgendwann trotzdem. Und dann Gnade uns Gott. Denn in grober Abwandlung eines bekannten Spruches wird es dann lauten: "Die verbotene Überzeugung ist immer die Überzeugung des Anderen".

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