Thursday, May 03, 2007

Kaum zu glauben...


... aber dieser schöne Bau, das Bruchsaler Schloß, war eigentlich schon tot.

Die einzige geistliche Residenz der Barockzeit am Oberrhein war bis zur Auflösung des Hochstifts im Jahre 1803 Sitz der Speyrer Fürstbischöfe. Den Grundstein legte natürlich ein Schönborn, nämlich Damian Hugo, der Kardinal (oder auch "das rote Käppl"). Als der im Jahre 1719 Fürstbischof von Speyer wurde, war die Stadt immer noch vom Pfälzischen Erbfolgekrieg gezeichnet, in welchem französische Truppen nicht nur Speyer, sondern ganze pfälzische und badische Landstriche in Trümmerwüsten verwandelt hatten. Zu dem recht unwohnlichen Zustand der Stadt kamen noch diverse Zwistigkeiten mit den Speyrer Bürgern, die durch kleinliche Auflagen schließlich den Bischof aus der Stadt jagten. Also ab nach Bruchsal, wo 1722 der Grundstein zur neuen Residenz gelegt wurde. Architekt war einer der Haus- und Hof-Baumeister der Schönborn, Balthasar Neumann, der auch in Bruchsal wieder bewies, daß es kein Problem gibt, welches er nicht meistern kann. Das Treppenhaus alleine ist in der Tat schon den Besuch im Schloß wert.



Der Bauplan der neuen Residenz sah eine eigenwillige, weitläufige Gesamtanlage vor, die in über 50 einzelne Gebäude aufgelöst war. Sämtliche Funktionen eines Regierungssitzes wurden um das zentrale Corps de Logis gruppiert: Der Kirchenflügel und der Kammerflügel liegen mit dem Hauptbau zueinander hufeisenförmig um den Ehrenhof, waren zunächst jedoch unverbunden. Dazu gesellten sich Verwaltungsgebäude, Kaserne, Stallungen, Reitbahn, Torbauten mit Schlosswache und hinter dem Corps de Logis die Kavaliershäuser und ein prächtiger Schlossgarten. In der Hauptachse liegen dem Schloss gegenüber die Kanzlei und weitere Verwaltungsbauten. Ein Grund für die Auflösung in viele verschiedene Baukörper lag, laut Damian Hugo von Schönborn, in der Erfahrung der vergangenen Kriege: Im Falle eines Brandes sollte das Feuer nicht die gesamte Residenz zerstören können:
    "Ich baue haldt in ein landt, wohe täg- und stündtlich kriech, also muß es auch so gebauet werden, daß wan eine flam aufgehet, das andre gebey noch zu erretten, also wirdt fast alles von einander separiret, hat doch seine communicationes, hat viel höf und separationes..."
Könnt Ihr Euch das vorstellen? Ein Krieg in dem nur Teile eines großen Baus zerstört werden? So etwas scheint es tatsächlich mal gegeben zu haben.

Vollendet wurde das Schloß nach Schönborns Tod im Jahre 1743 von Fürstbischof Franz Christoph von Hutten zum Stolzenberg (links). Der bemühte sich in den 50er und frühen 60er Jahren des 18. Jahrhunderts besonders um die Ausstattung der Räume. Hutten ging als friedliebender und gütiger Landesvater in die Geschichte ein, der gleichzeitig Waffen- und Büchernarr war. Er verabscheute militärische Auseinandersetzungen, schaffte es aber doch, bei seinem Tode Schulden zu hinterlassen, da er bei der Prachtentfaltung seines Hofes hin und wieder an die Grenzen ging. Besonders Juwelen, Jagd und Tokajer sollen es ihm angetan haben. Betrachtet man sich Photographien, die die Prunkräume im Obergeschoß des Schlosses im Vorkriegs-Zustand zeigen, dann glaubt man gerne, daß Hutten der Verschwendung nicht abgeneigt war.

Naja, dann kam der glorreiche Zweite Weltkrieg und mit ihm am 1. März 1945 ein Bombenhagel. Zerstört werden sollte der Eisenbahnknotenpunkt in Bruchsal. Nach 40 Minuten waren allerdings sowohl von der Stadt als auch vom Schloß nur schwelende Trümmer geblieben.


Wie Ihr auf dem Bild sehen könnt, war von der "Damiansburg" nach der Bombardierung wirklich nichts mehr übrig. Nachdem Wetter, Altmaterialverwertung und Vandalismus den Ruinen noch weiter zugesetzt hatten, wurde ab 1950 darüber nachgedacht, das Schloß wieder aufzubauen. Und zwar gänzlich. Selbst die noch stehenden Mauerreste mußten erst niedergelegt werden, da sie durch die Hitzeentwicklung beim Luftangriff total ausgebrannt waren. Nur die Fundamente blieben erhalten. Und auf denen wurde im Jahre 1964 mit der originalgetreuen Restauration des Corps de Logis begonnen. Wie schon in der Würzburger Residenz hatte sich auch in Bruchsal das Neumannsche Treppenhaus als besonders widerstandsfähig erwiesen. Um dieses Treppenhaus herum wuchs nun - obwohl durch Menschenhand so doch wie auf wundersame Art - das ganze Schloß wieder heran, bis es 1975 wieder eröffnet werden konnte. Orignialgetreu und in alter Pracht sind nur der Eingangsbereich, das Treppenhaus und die drei Säle im Obergeschoß wiederhergestellt. Ich habe aber jüngst in einem Begleittext zu einer Ausstellung im Schloß Bruchsal gelesen, daß die gesamte Beletage anhand von alten Photographien wieder eingerichtet werden soll. Woll'n mal sehen.

Unter diesem Link findet Ihr ausführliche Informationen rund um das Schloß Bruchsal.

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