Monday, March 10, 2008

Ich bin ja eigentlich nicht so'n Mathematischer...

... und dann eigentlich auch wieder doch. Ich war halt in Mathe ab der Oberstufe immer ziemlich würdelos. Andererseits kann ich ganz gut mit Zahlen jonglieren und in der Regel Restaurantrechnungen mit ca 15 Positionen im Kopf schneller addieren als die Bediene auf dem Taschenrechner. Außerdem knoble ich manchmal gerne im Geiste an mathematischen Problemen herum.

Neulich saß ich so da und dachte mir, daß es doch bestimmt eine Formel gibt, mit der man die Summe aller Zahlen 1 bis x errechnen kann. Also wenn ich z. B. wissen will, was herauskommt, wenn ich alle Zahlen von 1 bis 10 addiere (55). Die Formel, die ich fand ist (x-1) • (x:2) + x. Ich erzähle das nicht, weil ich rumprotzen will oder weil es so weltbewegend ist, sondern weil ich in dem Moment, als ich die Formel fand, nicht stolz war, sondern eher ein bischen kindlich-glücklich. Und dieses Glücksgefühl führt mich zum eigentlichen Thema dieses Beitrags:


Andrew Wiles (Bild) und Pierre de Fermat

Der große fermatsche Satz (oder auch "großer Fermat") hat über 350 Jahre lang die Köpfe aller möglichen Mathematiker so richtig zum Dampfen gebracht. Irgendwann im 17. Jhdt. behauptete Pierre de Fermat, daß die Gleichung an + bn = cn für ganzzahlige a,b,c ungleich 0 und natürliche Zahlen n > 2 keine Lösung besitzt. Die Problemstellung versteht schon ein Kind, aber der Beweis schien unmöglich. Fermat behauptete zwar, einen Beweis zu haben, aber dieser wurde nie gefunden.

Andrew Wiles, geboren 1953, las als Zehnjähriger über dieses Problem und war sofort interessiert. Er beschloß, den großen Fermat zu knacken. Irgendwann während seiner Studien verlor er dann diese Arbeit aus den Augen, weil seine Nachforschungen keine anderen mathematischen Fragen aufwarfen, was in Fachkreisen als Anzeichen für ein schlechtes Mathe-Problem gilt. Dann stolperte Wiles über das Taniyama-Shimura-Theorem, wodurch er einen solch heftigen neuen Impuls bekam, daß er sich für sieben Jahre praktisch wegschloß und dann 1993 mit dem Beweis für den großen fermatschen Satz wieder auftauchte.

Vor einigen Jahren lief auf Arte eine Dokumentation über Wiles und den großen fermatschen Satz. Ich habe so ungefähr zehn Prozent von den mathematischen Inhalten verstanden, sah mir aber trotzdem die ganze Dokumentation an, weil die Suche nach der Lösung sich streckenweise wirklich wie ein Krimi ausmachte. Und irgendwann erzählt Wiles dann vor laufender Kamera von dem Tag, als er die Lösung fand. Und seine Stimme beginnt zu zittern. Und ihm tritt das Wasser in die Augen. Und er sagt: "It was so beautiful". Da hab ich selbst mal kurz geschnieft.

Faszinierend, wo und wie Träume wahr werden können. Noch faszinierender, wo überall sich Schönheit findet. Für Wiles war diese Kette von Zahlen wie für mich das Treppenhaus im Schloß Weißenstein. Ich habe nicht nur einen Mords-Respekt vor diesem Mann, sondern ich kann mir - wenn ich an meinen kleinen Freudenanfall denke, den ich nach der Lösung meines Mathe-"Problems" hatte - auch vorstellen, wie er vor Glück Rotz und Wasser geheult hat, als ihm bewußt wurde, daß er Fermat geknackt hatte.

Ich liebe solche Stories.

No comments: