Saturday, May 17, 2008

Unmenschen

Kaum war Amstetten am Tageslicht, ging in den Medien gleich die Mutmaßung los, inwieweit es sich beim "Horror-Vater" Josef F. noch um einen Menschen handelt.

Jetzt lese ich heute:
    Wien (AFP) - Die Opfer des Inzest-Dramas in der österreichischen Kleinstadt Amstetten werden mit zunehmender Rücksichtslosigkeit von Fotografen belagert, die sich mit Bildern von den Misshandlungsopfern eine goldene Nase verdienen wollen. Wie die Tageszeitung "Österreich" berichtet, wurde in der Nacht zum Freitag ein Fotograf erwischt, der sich auf den Balkon des Krankenhausgebäudes hieven wollte, in dem die 42 Jahre alte Elisabeth F., fünf ihrer Kinder und ihre Mutter psychiatrisch betreut werden.

    Auch ein Mitglied des Klinikpersonals von Amstetten-Mauer habe trotz eines ausdrücklichen Verbots ein Foto eines Familienmitglieds aufgenommen und versucht, es für 300.000 Euro zu verkaufen, berichtet das Blatt.
Tja, wo sitzen denn nun die Unmenschen? Ist es Josef F.? Sind es die Fotografen, die um jeden Preis einen gelungenen Schnappschuß von den Opfern schießen wollen? Sind es die Redaktionen, die den Fotografen solche Schnappschüsse abkaufen (auch wenn sie sich, wie in diesem Beispiel, als Musterknaben hinstellen und das Geschehene anprangern)? Sind es die Zeitungsleser und Fernsehzuschauer, die sich solche Bilder angucken? Aber warum gucken sie sich solche Bilder an? Besteht in der Tat eine Nachfrage nach möglichst akkuratem Splatter oder tränenfeuchten Wangen in Großaufnahme? Oder schaut man es sich an, weil es eben angeboten wird?

Schwierig, schwierig, schwierig. Über den kaputten Josef F. muß ich nicht auch noch urteilen. Das haben die Weltpresse und das Blogiversum bereits erschöpfend getan. Den Fotografen würde ich aber schon gerne ein zünftiges "Schämt Euch, Ihr Säcke!" mit auf den Weg geben. Was die Zeitungsredaktionen betrifft, werden sie ihr "Josef F., die Bestie / der Unmensch / das Tier"-Geschreibe an ihrer Berichterstattung messen lassen müssen (Wow, drei Verben mit Doppel-S hintereinander). Den Lesern und Guckern rate ich: Lebt Euer eigenes Leben und zieht Euch nicht an plakativen Blut- und Tränen-Berichterstattungen hoch.

Kackwelt, manchmal.

3 comments:

Anonymous said...

Leider würde die Aufforderung, sich zu schämen, bei solchen Photographen nicht ankommen. Die wissen nicht, wie das geht, sich schämen.

Anonymous said...

Dem "Schämt Euch, Ihr Säcke!" möchte ich doch glatt mal ein Amen folgen lassen, obwohl ein Tritt in die Säcke sicherlich erfolgversprechender wäre. Oder zumindest befriedigender.

Der Herr Alipius said...

Claudia: Klingt plausibel.

Roland: ;-)