Ich bin grade mit jemandem in der Combox zu einem anderen Artikel fast aneinandergeraten. Es ist ein langjähriger Leser, darüberhinaus einer der wenigen, die ich bisher in persona traf und außerdem ein feiner Kerl. So etwas wurmt mich immer.
Daher hier ein paar Gedanken, die ich schon seit einigen Tagen mit mir herumschleppe, die mir aber noch nicht reif schienen. Sei's drum. Der Zeitpunkt fühlt sich gut an.
Grundsätzlich bin ich der Meinung, daß alle unsere Priester und Bischöfe, vom kleinen Dorfpfarrer bis hinauf zum höchstmöglich Amt, es sich nicht nur nicht leisten können, Angst zu haben, sondern auch keine Angst haben müssen. Wir haben schließlich ein Versprechen unseres Herrn.
Ja, das Image der Kirche ist wichtig, und Kinderschänder oder Kinder-Ohrfeiger machen sich da im Gesamtbild nicht so gut. Wo aber solche Verbrechen oder auch Vorwürfe zögerlich behandelt bis verdrängt oder vertuscht werden, gesteht man sich ja im gleichen Augenblick ein, daß man nicht nur ihre Realität akzeptiert hat, sondern auch dazu bereit ist, mit ihnen umzugehen. Allerdings falsch.
Seit 2000 Jahren sind Sünden dazu da, sie vor Gott zu bereuen und Vergebung zu erfahren. Leider sind "Sünden" seit ungefähr drei Jahrzehnten auch dazu da, sich selbstgerecht über Andere hinwegzusetzen (wobei das nichts Neues ist) oder sie in Medienspektakeln plärrend auf sich zu nehmen. Für jeden Katholiken, der seinen Glauben halbwegs ernst nimmt, ist das ein gespenstisches Phänomen. Sicherlich auch für Priester und Bischöfe.
Dennoch ist unsere Zeit nunmal so, daß erstens so ziemlich alles ans Licht kommt und daß zweitens deswegen eine gewisse Klugheit im Umgang mit der eigenen Vergangenheit oder der eigenen Verantwortung angebracht ist. Denn nur, wenn es der Kirche gelingt, in den Punkten, wo Anklagen berechtigt sind, nicht zu mauern, wird sie es sich leisten können, reinen Gewissens alle über das Maß weit hinausgehenden Anklagen nicht nur von sich zu weisen, sondern die Ankläger auch finsterster Absichten zu bezichtigen.
Und noch etwas: Nur, wenn es der Kirche gelingt, Ruhe in den Laden zu bringen, werden Leute wie ich nicht dazu verleitet, einen Kardinal mit Klauen und Zähnen verteidigen zu wollen, nur weil der SPIEGEL sich negativ über ihn äußert. Ob Ihr es glaubt oder nicht, liebe Verantwortlichen der katholischen Kirche: Auch uns (Noch-)Nicht-Geweihten wird manchmal schwindelig vor lauter "Stimmt das jetzt echt oder ist das wieder nur Presse-Haß?".
Die Medien werden niemals ihren Teil dazu beitragen, in den Köpfen der Menschen ein faires Bild der Kirche zu erzeugen. Dafür gibt es zu wenige Journalisten, die auch mal tiefer graben, auch mal die unbequemen Fragen stellen, auch mal die unerwünschten Fakten ans Tageslicht zerren. Hier ist die Kirche selbst gefragt, bzw. ihre PR-Maschine.
Daher meine Bitte: Sortiert das überflüssige Gewicht aus. Schickt die Maurer- und Zocker- und "Täter vor Opfer"-Fraktion in einen Ruhestand, der verdient sein mag oder nicht. Riskiert mal was und holt Euch frisches Blut in die alten Mauern. Kann ja nicht sein, daß nur wir Blogoezesanen zugleich Kirche und Papa lieben und auch erkannt haben, wie man es in der heutigen Zeit spielen sollte. Denkt mal drüber nach.
L.B.: Nichts für ungut, okay?
2 days ago
8 comments:
Hm, das hab ich jetzt nicht so ganz verstanden...*blöd guck*...
Kein Problem! Sag mir, wo Du Erklärungen brauchst.
"Nichts für ungut!" muss ich genauso erbitten. Man schießt beim schnellen Verfassen von Kommentaren doch gerne mal über das Ziel hinaus.
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Übigens: Als Billot um das Ausscheiden aus dem Sacro Collegio bitten musste, war er so alt wie jetzt Castrillón Hoyos. ;-)
Man erzählt, dass Pius XI. auch Merry del Val rauskegeln wollte. Der spanische König habe das aber verhindert mit dem Hinweis, das er das als Beleidigung seiner Nation auffassen würde. Dafür war er dann selbst kurze Zeit später seinen Thron los... Wie Kardinal Meisner gerne sagt: "Zufälle gibt es ja nicht." :-)
Weißt Du, warum Piux XI Merry del Val loswerden wolte? Ich habe von der Geschichte noch nichts gehört. Wenn Du da mehr Infos hast, würde mich das ziemlich interessieren.
Also Pace, Leute, es klingt ja schon auch so leicht an und bei euch durch. Ich verkrafte das einfach momentan nicht, wo so viele Katholiken die Gunst der Stunde nutzen, um das Petrusamt zu beschädigen und mal so richtig ihrem "ich mach mir meinen Kindergartenglauben"-Drang freien Lauf lassen, auch noch bei Leuten auf Streit zu stoßen, die sich eigentlich an und für sich einig sind. Es ist mir einfach zu viel, allerorts nur noch auf Fronten zu stoßen und Gezanke. Der Kardinal ist nicht ohne Grund umstritten, das hab ich auch schon mitbekommen, nichtsdestotrotz - ich hab ihn einmal predigen hören - ein an sich wundervoller Hirte, was auch immer er jetzt schon wieder verbrochen haben soll und wo ich mich auch nicht auskenne und was mich auch ehrlich langsam nicht mehr interessiert.
Ja, eh! Pace haben wir schon gemacht. Klappern gehört bei uns großmäuligen Bloggern zum Handwerk. Hauptsache ist, daß man sich wieder zusammenrauft.
Zwischen uns passt kein Blatt Papier.
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Ich hab das mal gelesen als Anekdote in einem Zeitzeugenbericht zur Action francaise (hab grad keine Lust das c mit Häkchen herauszusuchen...) und ihrer Verurteilung. Ich meine, der war in einem Sammelband mit den Vorträgen zu einem Maurras-Symposium in den 70er Jahren. Allerdings war dieser Zeitzeuge ein klarer Sympathisant der AF. Insofern: vermutlich handelt es sich nur um ein sehr bewusst von interessierter Seite in Umlauf gebrachtes Gerücht. Auch Billots Rücktritt vom Kardinalat ist so klar nicht einzuordnen. Vielleicht wollte er wirklich einfach nur seinen Lebensabend als gewöhnlicher demütiger Jesuit verbringen. Gut, zur Demit von Jesuiten gibt's jetzt auch gleich wieder eine Menge Witze. Sicher ist: Billot und Merry del Val waren prinzipiell gegen diese Art, die AF zu verurteilen. Das spricht aber nicht unbedingt für die Wahrheit dieser Gerüchte. Es kann auch der Grund gewesen sein, dass eben solche Gerüchte erfunden wurden... (Ich werd mal versuchen, den Aufsatz wiederzufinden, dann maile ich dir. Bei Google und Google Books finde ich unmittelbar nichts dazu, spricht auch nicht für die Belastbarkeit dieser Anekdote.)
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Schön in diesem Zusammenhang die Ansprache Pius XI. an die französischen Rom-Seminaristen (Mariä Verkündigung 1927): Es bringt gar nichts, zum Studium nach Rom zu kommen, wenn das nicht auch zum Gehorsam dem Papst gegenüber führt... Vintage Ratti, hätte ein John Allen damals kommentiert. :-)
http://books.google.de/books?id=6jT-nsQijFcC&lpg=PA113&vq=billot%20merry%20%22ob%C3%A9ir%20au%20pape%22&pg=PA113#v=snippet&q=billot%20merry%20%22ob%C3%A9ir%20au%20pape%22&f=false
Okay, danke erst einmal für die Informationen. Das Zitat von 1927 ist herrlich!
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