Was ist los? Griechenland hat bei Israel um Tränengas-Nachschub gebettelt, weil die Demonstrationen einfach nicht aufhören wollen?
Ob noch mehr Tränengas das geeignete Mittel ist, um die Aufstände niederzuringen, die sich ja augenscheinlich gegen Armut, Korruption, Polizeibrutalität und die offenbar ziemlich aggressive Regierung richten? Fraglich.
Einerseits scheint der Tod von Alexis Grigoropoulos nur der Funke gewesen zu sein, der Griechenland endgültig zum Explodieren brachte. Schüler und Studenten blicken in eine Zukunft, in der nur die unzulängliche soziale Absicherung gewiß zu sein scheint. Dann hört man von den Korruptionsskandalen in der Regierung; von Bauunternehmern, die in Wäldern Feuer legen lassen, um später auf dem Grund Häuser errichten zu können; von einer Kirche, die mit Grundbesitz Monopoly spielt und letztlich von Polizisten, die einen 15-jährigen 'Anarchisten' (als ob der Bub das Wort überhaupt hätte schreiben können) erschießen und "Booom!"
Andererseits ist die Heftigkeit der Proteste wohl auch grade dem Alter der Beteiligten zuzuschreiben. Ich meine hier nicht nur jugendlichen Übermut, sondern auch ein gewisses Verführungspotenzial. In der Pisa-Studie standen Griechische Schüler immer ganz hinten. Ich glaube nicht, daß hier nur eine saubere, vernunftgesteuerte Aufarbeitung zu dem Schluß geführt hat, daß man in einem Land mit instabiler Regierung, noch Kinderschuhe tragender Demokratie und undurchsichtigem Wirtschaftsgebaren jetzt halt mal die Situation mit Gewalt und Schäden in Millionenhöhe etwas entschärfen muß. Es werden wohl auch Viele einfach mitgemacht haben, weil es schulfrei bedeutet und weil anarchistische Parolen das Luftablassen irgendwie legitimiert haben. Der Frust war da, und wenn man in der Masse mitrennen kann und es obendrein noch Shops zu plündern gibt, warum nicht?
Ich klage die Kids nicht an. Ich grübele aber herum, unter welchen Umständen es in welchen anderen europäischen Ländern zuvergleichbaren Szenen kommen kann. Die Italienischen Jung-Anarchos z. B. sind auch nicht grade von schlechten Eltern. Zwar sind sie, wie Italiener allgemein, nur in der Gruppe mutig. Aber in Italien muß nur der falsche Politiker oder Bischof mal zum ungeeigneten Zeitpunkt blinzeln, und die Gruppen sind da. Hier wird JEDE Gelegenheit genutzt, nicht zur Arbeit bzw. zur Schule gehen zu müssen, weil grade mal wieder Streik oder Demo ist. Und die Agressivität ist da. Sie beschränkt sich bis jetzt zum Glück nur auf Worte.
In Frankreich ist das Gewaltpotenzial unter Jugendlichen auch nicht grade gering, wie mir scheint (und ich rede hier nicht nur von den Immigranten-Kids in den Vororten).
Was tun? Noch mehr Tränengas? Noch mehr Gewalt auf beiden Seiten? Was soll Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene davon abhalten, randalierend durch die Straßen zu ziehen, wenn nicht das Vorbild ihrer Eltern, ihrer Lehrer, ihrer Politiker, ihrer Chefs und ihrer Priester? Hab ich nicht vor einigen Wochen schon die Gier-Seifenblase zerplatzen hören? Ist es nicht langsam mal an der Zeit, daß man den persönlichen und nicht lebensnotwendigen Vorteil abwägt gegen das Wohl der Vielen (jüngstes Beispiel: Banker Madoff, hol ihn der %*@&©§). Ist doch klar, daß sonst die, die zu uns aufsehen um zu schauen, wie man's macht, alles in ihrem Umkreis imitieren. "Ich will, ich nehm, ich hab!" heißt es dann.
Für mich das Schlimmste an der ganzen Geschichte sind die Menschen, die nicht eher genug haben, bis sie gar nichts mehr haben. Denn bis es soweit ist, daß die, von denen man noch sagen könnte "Geschieht ihm recht!", nichts mehr haben, bleiben in der Regel noch Hunderte und Aberhunderte rechts und links am Wegesrand liegen.
Es ist bald Weihnachten, Ihr Raffsäcke. Bessert Euch gefälligst!
Und Ihr jugendlichen, potentiellen Auf-die-Straße-Geher: Christus ist vielleicht auf den ersten Blick nicht so spektakulär und unmittelbar befriedigend wie ein Pflasterstein, der die Scheibe eines Bankgebäudes durchschlägt. Aber wenn Ihr Euch mal die Mühe macht, genauer hinzuschauen (Hallo-ho! Auf CHRISTUS, nicht auf die böse Kirche, die schlimmen Priester, die Kreuzzüge, die Hexenverbrennungen...), dann wird Euch eine Waffe in die Hand gegeben, die gleichzeitig so effektiv und doch so unblutig, so revolutionär und doch so gewaltlos ist, daß Ihr Blut und Gewalt schon sehr, sehr dringend benötigen müßt, um dazu noch "nein" sagen zu können. Die ganz Harten unter Euch werden dann sogar in der Lage sein, den Blick auch auf die Kirche zu richten und sie als den mystischen Leib unseres Herrn erkennen, der auch dann noch blendet, wenn schlimmes Pfaffenpack Mist baut. Versprochen!