Monday, April 28, 2008

San Salvatore in Campo

Stegi hat in einem Kommentar gefragt, welche Kiche auf dem Photo im Juchei-Artikel abgebildet ist. Da es noch andere Romfreunde geben könnte, die eine der etwas obskureren Kirchen der Ewigen Stadt kennenlernen möchten, schreibe ich einfach einen kleinen Eintrag.

Das abgebildete Gotteshaus ist die Kirche San Salvatore in Campo, welche man an der Ostseite der Piazza San Salvatore in Campo findet. Der Bau wurde im 10. Jhdt errichtet und zum ersten mal in einer im Jahre 1186 promulgierten päpstlichen Bulle schriftlich erwähnt. Ursprünglich dachte man, das Wort "Campo" leite sich von einer Wiese oder einem Feld ab, auf welchem die Kirche stand, bevor die Piazza mit einem Pflaster versehen wurde. Heute nimmt man an, daß mit "Campo" der berühmt-berüchtigte Abt Campone oder Campus von Farfa gemeint ist. Denn die Kirche befand sich im Besitz dieses Klosters.

Farfa ist eine der bekanntesten Benediktiner-Abteien Italiens, und die Geschichte dieses Hauses liest sich streckenweise wie ein Drama, welches ein gewisses Verständnis für jeden hingeschluderten, im Kirchen- oder Klostergewerbe angesiedelten, "historischen" Groschenroman weckt.

Der Legende nach von einem Syrer, dem Heiligen Laurentius, gegründet, wurde das Kloster von den Lombarden im späten 6. Jhdt in Asche gelegt und 681 wieder errichtet. Die Lombarden und später die Karolinger entzogen das Kloster Schritt für Schritt dem Einfluß der Bischöfe von Rieti und sicherten dem Haus viele Immunitäten und Privilegien. Gegen Ende des 9. Jhdts galt Farfa, sowohl was die kirchliche Würde als auch den weltlichen Besitz betraf, als wichtigstes Kloster Italiens. Das weckte natürlich Begehren. Die Sarazenen rannten sieben Jahre lang gegen die Abtei an, bis Abt Peter sich endlich entschloß, Mönche und Schatz zu dritteln und in verschiedene Richtungen (Rom, Rieti, Fermo) davonzuschicken. Die Sarazenen hielten das Haus als Stützpunkt, bis es während eines Kampfes mit Christen in Flammen aufging. Unter Abt Ratfred wurde das Kloster in den Jahren 930-936 erneut aufgebaut.

Und jetzt betritt Campus die Bühne. Damals bereits war in Italien der verwerfliche Brauch bekannt, daß hohe Kirchenämter von lokalen Herrschern an Günstlinge vergeben wurden. Campus - Schützling des Lombardenkönigs Hugo - vergiftete zusammen mit seinem Komplizen Hildebradt Abt Ratfred und setzte sich, mit Hugos Einverständnis, selbst die Mitra auf. Hildebrandt wurde entlohnt, indem er die reichsten Tochterklöster von Farfa "überschrieben" bekam. Es geschah, was häufig passiert, wenn zwei ursprünglich verbündete Verbrecher sich langweilen: Campus und Hildebrandt - beides Leute von Adel - standen sich nach weniger als einem Jahr in offenem Krieg gegenüber. Nach wilden Gefechten und diversen Skandälchen (Campus hat angeblich Klosterbesitz an seine Frau veruntreut) wurde endlich Odo von Cluny als Reformer herbeigerufen. Er tat seinen Job und ein heiligmäßiger Mönch namens Dagibert wurde als Abt eingesetzt, starb allerdings schon ein Jahr später an Vergiftung. In Farfa fielen jetzt endgültig alle Schranken und die Mönche erzielten Rekorde in der Extremsportart "Lotterleben". Erst im frühen 11. Jhdt, unter Abt Hugues (998-1010) wurden greifende Reformen durchgeführt und der Geist der Liebe zu Frömmigkeit und Studium neu erweckt. Nach weiterem Auf und Nieder durch die Jahrhunderte, verlor Farfa im 17. und 18. Jahrhundert an Bedeutung und im 19. Jahrhundert durch Revolutionen an Besitz. Heute ist es Nationaldenkmal.

Zurück zur Kirche: Im 16. Jahrhundert wurde San Salvatore in Campo Pfarrkirche. Das alte Gebäude wurde im Jahre 1638 wegen großflächiger Neugestaltung der umliegenden Plätze niedergelegt. Doch bereits 1639 beorderte Francesco Kardinal Barberini einen Neubau. Die Pfarre San Salvatore in Campo wurde von Leo XII aufgehoben. Nach Nutzung durch eine Bruderschaft und einen Missionsorden wurde die Kirche zu Beginn des 20. Jhdts wegen Baufälligkeit geschlossen. Die "Una Voce"-Gesellschaft ließ das Äußere des Baus ab 1968 restaurieren, bevor das Neokatechumenat ihn in den 80'er-Jahren übernahm und den Innenraum etwas anhübschte. Heute nutzen die Kopten das Gebäude. Ich konnte aber nicht herausfinden, seit wann.

Tja, wie Ihr auf den Bildern seht, könnte die Kirche eine Rundumüberholung ganz gut gebrauchen. Seit ungefähr einem Monat findet sich an der Fassade ein ca. 4 Quadratmeter großes Farbmuster, welches darauf hindeuten könnte, das bald mal wenigstens ein Neuanstrich geplant ist. Wir werden sehen.

Euch einstweilen alles Liebe,
Alipius

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