Jetzt gibt's also seit einem Monat einen Katalog von "Sieben Neuen Todsünden". Sollte man zumindest denken, wenn man sieht, wie die internationale Presse und die Internet-Foren und -Blogs auf das Interview von Bischof Girotti, Kopf der Apostolischen Pönitentiarie, im Osservatore Romano reagieren.
Daß es keine neuen, vom Vatikan offiziell veröffentlicheten, sieben neuen Todsünden gibt wird schon dann ersichtlich, wenn man sich die verschiedenen im Internet und in Zeitschriften auftauchenden Listen anschaut. Da ist mal von "Prostitution", mal von "Abtreibung" die Rede. Das "Erzeugen von Armut durch Ansammlung von übermäßigen Reichtum" ist mal eine Sünde, mal ist es in zwei aufgeteilt. "Moralisch fragwürdige Experimente" ist ein Punkt, den ich bisher nur in einer englischen Übersetzung fand, in welcher dafür der "Kindesmißbrauch" fehlte. Mal ist der "Gebrauch von Drogen" eine Todsünde, mal der "Mißbrauch von Drogen" etc...
Bischof Girotti hat in dem Interview nicht jeden Punkt erschöpfend erklärt, so daß nun natürlich die üblichen Verdächtigen Gewehr bei Fuß stehen und dem Vatikan vorwerfen, er fände den Hunger in der Welt ganz spitzenmäßg, da er sich gegen "Genmanipulation" ausspricht. Das ist Kirchenkritik auf dem Level von "Pius der Zwölfte war Antisemit, weil der Vatikan nur 500.000 Juden half und nicht allen". Und genau deswegen ist es so gefährlich. Denn den nur zur Hälfte gebildeten aber zur Gänze in die bunte Welt der Sünden eingetauchten Individuen der Neuzeit ist jede Fehlinformation oder Halbwahrheit oder blanke Lüge über die Kirche recht, so lange sie nach politisch korrekter Moralkeule klingt und deswegen kein genaueres Hinschauen oder Nachdenken erfordert.
Da hat der gute Bischof der Kirche keinen großen Dienst erwiesen. Lieber hätte er einfach noch mal auf die seit dem 6. Jahrhundert bestehenden sieben Todsünden hinweisen sollen. Denn Hochmut, Geiz, Neid, Zorn, Wollust, Völlerei und Faulheit haben weder ihren Reiz noch ihre Gefährlichkeit verloren.
3 days ago
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