Sunday, November 18, 2007

Die lange Nacht

Hier an der Piazza San Salvatore in Campo liegt eine ziemich heruntergekommene Kirche, die von äthiopischen Katholiken genutzt wird. Da ist schon an handelsüblichen Sonntagen schwer was los, denn die Messe dauert gute zweieinhalb Stunden. Nach der Messe gibt's auf der Piazza dann immer einen Instant-Flohmarkt, zu dem Händler ihre Waren auf den Kühlerhauben der geparkten Autos ausbreiten und anbieten. In der Regel sind das Heiligenbildchen, Kernzenhalter und die weißen Tücher, in die die Äthiopier sich während der Liturgie hüllen.

Naja, heute haben die Äthiopier einen Mega-Festtag. Ich weiß allerdings nicht, wer oder was genau da gefeiert wird. Jedenfalls ging es gestern am frühen Nachmittag schon mit Gesängen und Getrommel in der Kirche los. Und es hörte nicht auf! Im Gegenteil: Nachdem Nachmittag, Abend und Nacht hindurchgesungen und -getrommelt wurde, verlegte man das Fest gegen fünf Uhr in der früh für eine halbe Stunde und eine Prozession um den Block nach draußen. Das war dann ziemlich gespenstig, weil die Frauen während des Singens immer wieder mal in ein kollektives "Yih-Yih-Yih-Yih" verfallen. Dieses Geschrei entspricht genau dem Klang, von dem ich immer annehme, er sei der Letzte den ich hören werde bevor mir ein Sarazenensäbel die Rübe vom Hals schlägt. "Schweißgebadet" trifft's so halb. Mit der korrekten "Was interessiert mich die religiöse Tradition, ich will schlafen!"-Attitüde schrillte dann auch von irgendwoher eine recht aufgebrachte Dame ein dreifaches "BASTA!" aus dem Fenster, welchem natürlich nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Viel geschlafen habe ich in dieser Nacht nicht.

Heute morgen gegen acht Uhr ging dann der Hauptgottesdienst los und seit circa elf Uhr tummelt sich das Volk auf dem für diesen Tag von Autos befreiten Platz. Es ist ganz schön was los, und das Auge isst auch mit, denn - wie Ihr auf den beiden Fotos sehen könnt - die Äthiopier mögen's nicht nur weiß, sondern auch bunt.




1 comment:

dilettantus in interrete said...

Könnte St. Michael gewesen sein - fällt im äthiopischen Kalender ungefähr in diese Zeit!