Heute ein ganz besonderer Leckerbissen: "Emperor Tomato Ketchup" von Stereolab.
Diese Band hat zwei ganz entscheidende Vorteile: Sie produzieren fleißig immer wieder neue Alben, die alle durch die Bank ziemlich hörbar sind. Und sie haben mit Laetitia Sadier die (zumindest meiner Meinung nach) schönste Frau des Pop in ihren Reihen.
Emperor Tomato Ketchup erschien 1996 und war das bis zu diesem Zeitpunkt reifste Werk der franco-britischen Combo. Man erwischt sie auf diesem Werk irgendwo zwischen ihrem frühen 60ies-Brummen und dem aktuellen Jazz-Gebastele.
Es ist nicht so recht möglich, die Band einzuordnen oder zu vergleichen. Vergleiche gibt es zu viele (von den Krautrockern Neu! und Can über Velvet Underground und Philip Glass bis hin zu den Beach Boys habe ich schon ales gehört) und ein Etikett kann man Stereolab nicht aufdrücken, weil sie sich - grade wenn man denkt 'Ich habs! Retro-furistischer Elektro-Dream-Jazz trifft südamerikanisch-marxistischen Cocktailbar-Bubblegum-Pop!' - schon wieder in eine andere Richtung bewegen. Und trotz der Stilvielfalt, trotz der wilden Instrumente-Mischung (Farfisa und Moog wurden aus der Mottenkiste geholt) ist die Musik erstaunlich zugänglich. Am eindrucksvollsten wird dies eben auf Emperor Tomato Ketchup bewiesen.
Wer übrigens den Titel dieses Albums witzig findet, der sei darauf hingewiesen, daß man auf diversen Stereolab-Scheiben Songnamen wie "Italian Shoe Continuum", "Ticker-Tape of the Unconscious", "The long Hair of Death" oder "Puncture in the Radax Permutation" findet.
Warum also sollte man Emperor Tomato Ketchup unbedingt in seiner CD-Sammlung haben? Es ist einfach eines ihrer besten Alben, wenn nicht sogar das Beste. Mein persönlicher Favorit ist Mars Audiac Quintett. Das fiel zwar bei den Profi-Kritikern stellenweise durch. Ich mag es, weil es mit "Ping Pong" und "International Colouring Contest" zwei lupenreine Pop-Diamanten aufweist und darüberhinaus mit seiner gnadenlosen Monotonie einen für ein Stündchen davonträgt.
Aber zurück zu Emperor Tomato Ketchup: Insgesamt ein wunderbares Werk. Mal wird Klangschicht auf Klangschicht gestapelt, so in dem locker funkenden "Metronomic Underground" oder dem trotz 5/4tel-Rhythmus eingängigen "Tomorrow is already here". Mal geht es einfach nur nach vorne, so zum Beispiel in "Les Yper-Sound" mit schnellem Beat und Drums die furzstaubtrocken sind und so knapp wie ein Leinen-Bikini nach der 90°C-Wäsche, oder im grandios rockenden "The Noise of Carpet", auf dem sich Laetitia Sadier mit Mary Hansen auf achthundertdreiundneunzig Tonspuren die "La-La-La's" und die "Badam-Badam's" zuwirft, daß es eine Freude ist. Ruhig geht es auch, so im entspannten "Monstre Sacre" und in "Anonymous Collective", der letzten Nummer der CD, die so wunderbar hypnotisch und einschläfernd daherkommt, daß es keine besseres CD-Ende geben kann. Natürlich dürfen auch die Pop-Perlen nicht fehlen. Neben dem im Songtitel schon versprochen mal-schnell-mal-langsam Zuckerstückchen "Slow Fast Hazel" fällt vor allem "Cybele's Revrie" mit seinem herrlichen Streicher-Gedudel und dem erneuten "Ba-dah-ba"-Overkill der Damenstimmen angenehm auf. Die Texte sind mal in englischer, mal in französischer Sprache verfaßt und die Inhalte liegen irgendwo zwischen Optimismus und Marxismus.
Nich alle Stereolab-Alben konnten mich bisher gänzlich überzeugen. Aber Emperor Tomato Ketchup ist jeden Pfennig wert, bringt eine gute Stunde Hörvergnügen ins Haus, komponiert von einer Band, die sich allen Schubladen verweigert und ziemlich intelligent - aber nicht oberlehrerhaft - ihre Sicht des Pop an den Mann bringt.
Probiert's mal aus!
3 days ago
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