Zuerst hatten wir einen weiteren Gig mit unsrem Archäologiekurs. Es ging zur Kirche Sant'Agnese fuori le mura, in der järlich am 21. Januar die Agneslämmer gesegnet werden. Ich ging danach gar nicht wieder heim, sondern schlenderte gleich zur Lateranbasilika, wo um 19:00 der Heilige Vater eine Freiluft-Messe zelebrierte. Nach der Messe folgte eine Fronleichnams-Prozession zur Basilika Santa Maria Maggiore. Und dann mußte ich ja auch wieder zurück zur Piazza San Salvatore in Campo. Da der Herr Alipius erstens noch gar nicht müde ist und zweitens weiß, was er den treuen Lesern schuldet, gibt's vor dem Heia-Machen noch ein paar Bilder vom Tag:
Archäologie-Trip: Hier stehen wir inmitten der Mauern der alten Basilika, die früher auf dem Friedhof stand, auf welchem auch die Heilige Agnes ihre letzte Ruhestätte fand. An den Wänden des langen und breiten Treppenweges, der in die zur Hälfte unter dem Straßenlevel gelegenen "neuen" Kirche (7. Jhdt.) führt, kann man eine uralte Marmorplatte sehen, die von Papst Damasus I (366-383) als Verzierung an Agnes' Grab angebracht wurde. Agnes wurde im Jahre 304 enthauptet, also ist ihre Abbildung auf der Marmorplatte noch recht zeitnah. Man sieht ein junges, pausbäckiges, schlichtes römisches Madel. In der Kirche selbst sieht man in der Apsis ein Mosaik aus dem späten 7. Jhdt. Auf diesem gleicht Agnes einer byzantinischen Prinzessin. Witzig, wie die Legenbildung auch auf die Kunst Einfluß nimmt.
Der bärtige Herr ist Professor Ditton. Er unterrichtet Patristik, die diversen Kirchengeschichten (alte, mittelalterliche und neuzeitliche) und eben auch christliche Archäologie. Er ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der größte Sprücheklopfer unter den Angelicum-Profs und es vergeht keine Stunde, in der nicht wenigstens geschmunzelt, wenn nicht gar gegackert wird (und dabei lernt man bei Prof Ditton auch noch richtig was).
Und auch heute war das Wetter erst einmal durchwachsen. Noch bis kurz vor 14:00 Uhr herrschte Blitz, Donner und Regen. Doch als ich das Haus verließ, um mich auf den Weg zu Sant'Agnese zu machen, war plötzlich die Sonne da. Von circa 16:00 - 17:00 Uhr gab es nochmal einen kräftigen Schauer. Das war genau die Zeit, die wir in der Kirche waren. Als wir rauskamen, strahle schon wieder die Sonne. Nur diese schöne, stolze Wolke lungerte noch ein wenig am Himmel herum. Für den Rest des Tages blieb es dann trocken (wegen der Papstmesse, denke ich mal).
Auf dem Weg von Sant'Agnese zur Lateranbasilika machte ich kurz in San Bernardo alle Terme Zwischenstop. Das war dem Löwen von Münster seine Titelkirche.
Clemens August Kardinal Graf von Galen wurde am 18. Februar 1946 von Papst Pius XII in das Kardinalskollegium aufgenommen. Als Kardinalpriester wurde ihm die Titelkirche San Bernardo zugeteilt. Von dieser hat er leider nicht viel gesehen, verstarb er doch bereits am 22. März 1946 an einem Blinddarmdurchbruch. Ich sah vor vielen Jahren eine Fernsehdokumentation über den Kardinal. Er kehrte am 16. März 1946 - seinem 68. Geburtstag - nach Münster zurück, wo ihm ein grandioser Empfang bereitet wurde. Im Fernsehbericht wurden Photos und Filmaufnahmen gezeigt, auf denen man den hünenhaften Kirchenfürsten vor dem Hintergrund der total zerbombten Stadt in voller Kardinalstracht auf dem Domplatz stehen sah. Dazu wurde eine Originalaufnahme der Rede eingespielt, die er aus diesem Anlaß hielt. Es war seine Letzte. Ich fand neulich Teile des Textes:
- "Es ist heute schon und in den letzten Tagen davon gesprochen worden, daß Gott der Herr mich gestärkt, mich berufen und gestärkt hat, in den vergangenen Jahren manchmal laut und deutlich zu sprechen über Dinge, von denen zu sprechen gefährlich war. Und ich habe es getan, weil es meine Pflicht war. Ich habe es getan, weil ich glaubte, damit meinem Volk und meinen Diözesanen den besten Dienst zu erweisen. Ich habe es getan aber auch, weil ich wußte, daß ich nicht für mich und meine Person allein sprach, sondern daß ich berufen und berechtigt war, für Hunderte und Tausende zu sprechen, die hinter mir standen und nicht sprechen konnten. Eure Liebe und Treue, meine lieben Diözesanen, haben auch das von mir ferngehalten, was vielleicht mein Verhängnis, aber auch mein schönster Lohn gewesen wäre, daß ich die Märtyrerkrone erhalten hätte. Eure Liebe und Treue hat es verhindert. Daß ihr hinter mir standet und daß die damaligen Machthaber wußten, daß Volk und Bischof in der Diözese Münster eine unzertrennliche Einheit waren und daß, wenn sie den Bischof schlugen, das ganze Volk sich geschlagen gefühlt hätte..."
Ein weiterer berühmter ehemaliger Kardinalpriester von San Bernardo ist Giuseppe Kardinal Sarto, besser bekannt als der Heilige Papst Pius X. Ihm wurde sogar ein kleines Seitenkapellchen eingerichtet.
Auf dem Weg zum Lateran kam ich auch an Santa Maria Maggiore, dem Endpunkt der Prozession vorbei. Dort standen bereits der Altar für die Benediktion und die Straßenabsperrungen. Millionen von Cops und Vatikanischen Platzanweisern spielten Crowd Control mit neugierigen Touristen oder viel zu früh eingetroffenen Gläubigen.
Entlang der Via Merulana waren viele Häuser für die Prozession geschmückt. Die religiösen Häuser hatten natürlich die Nase ganz weit vorne, so wie hier.
Auch der Lateranpalast hatte sich fein gemacht.
Das Bild ist zwar ein wenig verwackelt, aber ich konnte nicht widerstehen: Als ehemaliger X-Men-Fan (besonders die Phase in den späten 80'ern) muß ich beim Anblick einer habittreuen Brigittinerin einfach immer an Havok denken.
Aber zurück zum Spiel: Ich kam also am Lateranplatz an und der war natürlich gehörigst abgesperrt. Ich ging dann mal so da entlang wo alle anderen Soutanen- und Talartäger auch entlanggingen und grinste ganz lieb. Um den Altar rum gab es ein hochkompliziertes Sitzarrangement. Rechts vom Altar nah an der Kirche gab's die Plätze für die weltlichen VIPs. Auf derselben Seite, aber ebenerdig, saßen die Ordensleute (das sah ich dann aber erst viel später). Kardinäle, Bischöfe und Monsignori saßen in den ersten Reihen ganz vorne links vom Altar mit gepolsterten Kniebänken, wie es sich nun mal gehört. In den Reihen dahinter saßen eigentlich erstmal nur Priester. Aber da waren doch irgndwie noch einige Plätze frei. Also erkundigte sich der Herr Alipius mal ganz unschuldig bei einem dieser Ordner, die den Leuten die Plätze zuweisen. Es war ein älterer Herr, der meinen Habit ganz außerirdisch und interessant fand und mich daher viel weiter nach vorne zerrte, als ich es mich alleine getraut hätte. Da hatte ich dann nicht nur einen prima Blick, sondern traf auch gleich noch einige Bekannte (Hallo Jarek, Wojciech und Thomas!).
Vom Beginn der Messe bis nach der Kommunion habe ich die Kamera mal Kamera sein lassen. Aber diesen Schuß mußte ich einfach machen. Was Ihr hier seht ist leider ertens nicht so schön, wie in natura und zweitens auch nur noch der Rest von einer viel grandioseren Erscheinung: Ungefähr mit Beginn der Präfation schob sich (von meinem Platz aus betrachtet) eine weiße, plüschige Wolke hinter dem Lateranpalast hervor. Sie wurde von hinten von der Sonne angestrahlt, leuchtete daher wie Osram und hatte einen atemberaubenden orange-rosa Stich. Als die Schola das Sanctus anstimmte, begann sich in der Mitte der Wolke ein kleines, ovalförmiges Loch zu bilden, welches den Blick nicht auf den blauen Himmel dahinter, sondern auf das etwas dunklere Innere der Wolke freigab. Ich weiß nicht, wie viele Leute das sahen, und es dauerte auch nur ca. eine Minute bis die Wolke an der Stelle ganz entzwei war. Aber während der sechzig Sekunden, in denen ich mitten in der Wolke so etwas wie ein Auge sah und um mich herum tausendstimmig das "hosanna in excelsis" ertönte, wurden meine Knie doch ein wenig puddingähnlich.
Nach der Messe gab es dann die Fronleichnamsprozession. Ich marschierte mittendrin mit und konnte leider kein schärferes Photo als dieses hier schießen. Mann, war das schön, mit tausenden von Gläubigen und Priestern die Via Merulana entlangzugehen und dabei rechts und links haufenweise Menschen zu sehen, die die Lieder mitsangen und die Gebete mitsprachen.
Vor Santa Maria Maggiore hatten die Ehrengäste bereits Platz genommen, als wir eintrafen.
Der Herr und sein Knecht: Auf einer von einem Pick-up gezogenen Plattform kniet Papst Benedikt XVI vor der Monstranz mit dem Allerheiligsten. Ich habe nach dieser Aufnahme die Kamera wieder weggepackt. Benediktion und so.
Ich war früher nicht selten mal auf Rockkonzerten. Wenn ich aus der Halle kam, war ich immer wie betäubt. Erstens, weil die Mucke natürlich irrsinnig laut war. Zweitens, weil ich meine "Helden" live gesehen hatte. Drittens, weil ich für ca. zwei Stunden inmmitten der anderen Fans so ein "Wir sind alle eine Famile"-Gefühl hatte. Wenn ich dan zu Hause ankam, wollte ich nur noch schlafen.
Heute gab es keine irrsinnig laute Mucke, sondern Gesang und Gebet. Ich habe meinen Gott live gesehen und ich war für ca. zwei Stunden mit meiner Familie zusammen. Daher ist mir jetzt noch war ums Herz und ich will irgendwie so gar nicht schlafen, sondern lieber durch die ganze Welt rennen, um allen Leuten die beiden ganz einfachen Antworten auf die beiden ganz großen Fragen zu geben:
- "Erstens: Ja, er existiert. Zweitens: Katholisch werden."
8 comments:
Lobe den Herrn, meine Seele! Herr, mein Gott, wie groß bist du! Du bist mit Hoheit und Pracht bekleidet.
Du hüllst dich in Licht wie in ein Kleid, du spannst den Himmel aus wie ein Zelt.
Du verankerst die Balken deiner Wohnung im Wasser. Du nimmst dir die Wolken zum Wagen, du fährst einher auf den Flügeln des Sturmes.
Du machst dir die Winde zu Boten und lodernde Feuer zu deinen Dienern.
Das hast Du schön gesagt mit dem guten Wetter und der Papstmesse. Dass man zwischendurch einfach immer wieder mal ganz naiv mit so kleinen liebevollen Aufmerksamkeiten rechnen sollte, und Ihm zurechnen sollte, das war mir grad ein bißchen ein Aha-Effekt, solche Gedanken haben mir in letzter Zeit irgendwie gefehlt. Ich werd das heut ein bißchen üben, wieder so zu denken. :)
Mein ich ernst. Danke.
Grüß Dich, Yon,
schön, mal wieder von Dir zu hören!
Ich habe für Dich und Deinen Großvater gebetet (Ich hab Dir das damals auf Deinem Blog nicht gesagt, tu's aber jetzt, weil's hier ein wenig mehr entre nous ist). Ich werd' einfach noch gebetsmäßig ein bißchen was nachschieben, damit den Üben Frucht trägt.
Alles Gute und Gottes Segen!
Leutz, Vorsicht, alles Schöne auf den lieben Gott als willkürlichen Urheber zu münzen und sich um den Rest an Nicht-so-Prickelndem nicht zu kümmern. Da landet man schnell bei der Theodizee. Das kann ne schöne Sackgasse sein.
Bedingt. Ich glaube, daß weder bei Yon noch bei mir der feste Vorsatz durchschimmerte, sich um das "Nicht-so-Prickelnde" nicht zu kümmern. Sowohl Yon als auch ich hatten unseren Anteil an "Nicht-so-Prickelndem". Und wir haben uns konkret und korrekt damit auseinandergestzt (Schau mal auf Yon's Blog vorbei und Du weißt, wovon ich rede). Gott ist der Schöpfer von Allem, somit vorrangig der Schöpfer des Guten, wenn man das Böse thomistisch als privatio boni betrachtet. Daher ist es nicht nur ungefährlich, sondern auch würdig und recht und geziemend und heilsam, ihm die Credits für eine regenlose Papstmesse unter freiem Himmel anzurechnen.
Gegenfrage:
Am Ostersonntag goss es in Rom während der Papstmesse aus allen Kübeln...
bitte um Erklärung...
Was gibt's da zu erklären? Das war auch Gott. Ich finde es halt nur passender, Ihm für einen regenfreie Papstmesse zu danken, als ihm wegen einer verregneten Papstmesse Vorhaltungen zu machen oder deswegen an seiner Güte oder Allmacht zu zweifeln.
Ich verstehe Dich schon.
Mir liegt die nicht nachzuvollziehende Kausalität im Magen: Es regnet nicht während des Papstes Messe- Conclusio: Gott ist bei uns in diesem Moment (zweifle ich nicht an), er zeigt uns sein Wohlwollen durch gutes Wetter, Naturerscheinung, Sonstiges.
Soweit in Ordnung.
Was zeigt er uns dan im gegenteiligen Fall??
privatio boni- akzeptiert. Weswegen fehlt in dem Moment das Gute?
Die Prämisse, dass er uns bei positiven (Wetter-)erlebnissen, etwas sagen will, muss auch die Folgerung einer Intention m anderen Fall bedingen.
Stimmt. Aber es war ja in keinem Kommentar die Rede davon, daß Gott uns mit negativen Ereignissen nicht etwas sagen will. Die Sonne scheint und der Regen fällt immer auf Sünder und Heilige zusammen. Da es bedeutend mehr Sünder gibt (und ich mich gut genug kenne), ist ein Regenguß während einer Papstmesse eher ein Phänomen, welches ich im Hinblick auf mein enormes Verbesserungspotential als logische Konsequenz abhaken kann. Wenn andererseits nach zwei verregneten Tagen plötzlich pünktlich zur Papstmesse der Himmel voll und ganz mitspielt, dann finde ich mich erstens zum Dank angeregt und schreibe zweitens das Gute nicht mir alleine zu, sondern der Gemeinschaft der Gläubigen, denen Gott in diesen Stunden sein Wohlwollen und seine Liebe zeigt. Und das ist für mich auch schon die "Nachricht": "Vegeßt nicht, daß ich euch Liebe, trotz allem. Hängt den Kopf nicht zu tief. Denkt daran, immer wieder aufzustehen."
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