- "Indess scheint die Umkehrung manchmal nicht stattzufinden, wenn man die Beziehung nicht genau, sondern mangelhaft ausdrückt. Wenn man z.B. sagt "der Flügel des Vogels", so lässt sich nicht umgekehrt sagen "der Vogel des Flügels". Jener Ausdruck "der Flügel des Vogels" ist nicht genau; denn nicht insofern es ein Vogel ist, wird der Flügel als der seinige genannt, sondern insofern er ein Geflügeltes ist; denn noch vieles andere hat Flügel, was kein Vogel ist. Wenn man sich deshalb genau ausdrückt, so findet auch die Umkehrung statt; so ist der Flügel der Flügel des Geflügelten und das Geflügelte ist durch den Flügel geflügelt. Manchmal muss man auch wohl ein Wort dazu bilden, wenn das der genauen Ausdrucksweise entsprechende Wort nicht vorhanden ist. Wenn z.B. Jemand sagt "das Steuerruder des Schiffs", so wäre dies kein genauer Ausdruck; denn das Steuerruder wird von dem Schiffe nicht als Schiff ausgesagt, da es auch Schiffe ohne Steuerruder giebt, und deshalb lässt sich des Ausdruck auch nicht umkehren; denn das Schiff kann man nicht das Schiff des Steuerruders nennen. Dagegen würde die Aussage wohl genauer sein, wenn man sich ausdrückte "das Steuerruder ist das Steuerruder eines Besteuerruderten", oder in einer sonst entsprechenden Weise; ein Name ist dafür nicht vorhanden. Wenn man sich in dieser Weise genau ausdrückt, so findet auch das Umkehren statt; denn das Besteuerruderte ist durch das Steuerruder besteuerrudert.
(Aristoteles, Kategorien, Kapitel 7)
Ja, ganz genau! Das ist unter anderem Bestandteil meiner Ontologie-Prüfung am 12. Februar. Der Witz: Ich habe 130 A4-Seiten voll davon und jede Zeile kann in der Prüfung auftauchen. Der Ober-Witz: Was ich hier veröffentlich habe, ist noch verständlich.
Tja, ich geh' mich dann mal in den Schlaf weinen.
5 comments:
Die Texte liegen zur Prüfung wohl hoffentlich im griechischen Originaltext vor, oder? *frechgrins*
Neiiiiiiin, jetzt nicht auch noch in den Morgenkaffee weinen. Dazu ist der italienische Kaffee viel zu schade.
Viel Erfolg bei den Prüfungen.
Danke!
Die Texte liegen - je nachdem wer der Autor ist (Aristoteles, Thomas etc.) im griechischen bzw. lateinischen Original und in der englischen Übersetzung vor. Enghlisch deshalb, weil ich am Angelicum studiere und da nur Italienisch und Englisch angeboten wird. Das lateinische Original ist für mich oft äußerst hilfreich. Mein Grieschich ist ein wenig zu sehr auf "Neues Testament Griechisch" beschränkt, daher fluppt's bei Aristoteles nicht so ganz.
Naja, wird schon alles schiefgehn.
Evtl. hilfreich: Bruno Snell, Die Entdeckung des Geistes. Studien zur Entstehung des europäischen Denkens bei den Griechen, Vandenhoeck & Ruprecht, Kap. XII, bes. S. 216f. (sowie eigentlich das ganze Buch).
Nicht weinen, das macht Kopfweh.
Geflügelte Worte!
andererseits: Bei meinen bescheidenen Aristotelesversuchen, war mir - trotz meiner ebenfalls bescheidenen Griechischkenntnisse - gelegentlich der Urtext verständlicher als der sogenannte "deutsche" Text, dieweil dieser nicht deutsch war, sondern philosophensprech.
Lieber Cicero: Meine Oma zumindest behauptete, daß ein wenig Salz in den Kaffee gehörte und am Angelicum trinkt man doch hoffentlich Tee zu seinem Frühstücksporridge!
Mit stagiritischem Gruß und ebensolchen Erfolgswünschen!
Auch hier rate ich zu Snell. Die Übersetzungen von Bruno Snell sind sämtlich sehr schönes und elegantes Deutsch und so verständlich, wie es nur sein kann. Leider wirst Du bei einer Prüfung kaum auf einer bestimmten Übersetzung bestehen können...
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