Tuesday, February 27, 2007

Psalm 133

Seht doch, wie gut und schön ist es,
wenn Brüder miteinander in Eintracht wohnen.

Das ist wie köstliches Salböl,
das vom Kopf herabfließt auf den Bart, auf Aarons Bart,
das auf sein Gewand herabfließt.

Das ist wie der Tau des Hermon,
der auf den Berg Zion niederfällt.
Denn dort spendet der Herr Segen und Leben in Ewigkeit.

Monday, February 26, 2007

Psalm 1

Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt,
nicht auf dem Weg der Sünder geht,
nicht im Kreis der Spötter sitzt,

sondern Freude hat an der Weisung des Herrn,
über seine Weisung nachsinnt bei Tag und bei Nacht.

Er ist wie ein Baum,
der an Wasserbächen gepflanzt ist,

der zur rechten Zeit seine Frucht bringt
und dessen Blätter nicht welken.

Alles, was er tut,
wird ihm gut gelingen.

Nicht so die Frevler:
Sie sind wie Spreu, die der Wind verweht.

Darum werden die Frevler im Gericht nicht bestehen
noch die Sünder in der Gemeinde der Gerechten.

Denn der Herr kennt den Weg der Gerechten,
der Weg der Frevler aber führt in den Abgrund.

Saturday, February 24, 2007

Zur Fastenzeit

Ein befreundeter Priester hat mal scherzhaft gesagt: "Heute gibt es doch eh nur noch zwei Bereiche, in denen die Menschen mit Sünde vertraut sind: Verkehr und Ernährung."

Joh, da hat er mal nicht unrecht. Wobei die Verkehrssünden ja in der Regel die sind, bei denen man sich erwischen läßt, während die Kaloriensünden die sind, bei denen man sich selbst erwischt. Letztere sind somit von der Sache eigentlich nicht so weit entfernt. Man genießt gegen besseres Wissen und aus Eigensinn den momentanen Vorteil (z.B. das Extra-Stück Schwarzwälder-Kirsch), rückt es subjektiv in eine haarklein in die Lücke passende Perspektive (z.B. 'Man lebt nur einmal') und verdrängt die nun verzerrte Zukunft (z.B. die auseinanderbrechende Waage). Mit dem, was katholischerseits unter Sünde verstanden wird, ist es ebenso: Man tut etwas, das man nicht tun soll, redet es schön und verdrängt die Folgen für das eigene Heil (und nicht selten auch das der Anderen).

Die vorösterliche Zeit wird streng genommen mit dem Begriff "Fasten" zu eng bezeichnet, wird sie doch erst durch den traditionellen Dreiklang aus Fasten, Gebet und Almosen wirklich zu einer Zeit, die echte Frucht bringt. Natürlich steht am Anfang die Enthaltsamkeit. Man verzichtet, sagt "Nö, ich kann auch ohne". Dann kommt aber - je nachdem, wie Hardcore der Verzicht ist - ziemlich schnell der Moment, an dem man eigentlich die liebgewonnene Gewohnheit wieder aufnehmen möchte. Nehmen wir z.B. mal die "Keine Schokolade"-Taktik. Da durchfährt einen dann plötzlich der ganz heiße Wunsch nach einem Biß in einen Lion-Riegel. Jedoch: Der Buzzer ertönt. Was tun? Beten! Ja, einfach hinsetzen, die Augen zu oder auf das Kruzifix an der Wand geheftet und schon kann man den nicht inhalierten Lion-Riegel aufopfern und zusammen mit ein paar persönlichen Zeilen an Gott den Moment zu einer echten Win-Win-Situation werden lassen. Das funktioniert nicht nur, daß kann sogar zu einer Methode heranwachsen, die weit über die Fastenzeit hinausgeht. Das Problem: Nur, wer es versucht und nicht schon beim ersten Mal die Flinte ins Korn wirft, wird es soweit bringen, die Frucht seiner Arbeit auch zu kosten. Wie ich schon einmal an anderer Stelle sagte: Erst, wenn man einer Versuchung gewohnheitsmäßig über längere Zeit widersteht, wird man feststellen, daß diese Versuchung tatsächlich nachläßt. Das ist es, was mit "Abtötung des Fleisches" gemeint ist. Man sagt dem Fleischlichen, dem Weltlichen "Halt die Klappe!" und hat plötzlich ganz viel Raum und Zeit für das Geistige, das Über-Weltliche. Und, um das nachkarnevalistische Dreigestirn voll zu machen: Die durch Verzicht gesparte Kohle läßt sich dann am Ende der Fastenzeit prima einem guten Zweck spenden.

Tja, aber wie wendet man jetzt dieses an, wenn man ein im frühen 21. Jahrhundert lebender Durchschnitts-Mitteleuropäer ist, der - wenn überhaut - nur eine sehr lockere Bindung an Christus und seine Kirche hat? Welchen Grund gibt es, den so hübsch und bequem ausgetrampelten Pfad der Selbst-Rechtfertigung und Selbstgerechtheit zu verlassen und sich auf den steinigen Pfad der schonungslosen Offenheit gegenüber Gott zu begeben? Langfristig gesehen gibt es nur einen Grund: Das andere, das nächste, das bessere, das Ewige Leben. Und bezogen auf unser Erdendasein bietet sich hier jedem Menschen die Gelegenheit, sich seines Status als von Gott geliebtes, von Gott gewolltes und von Gott geschaffenes Individuum zu erkennen und somit einen Grad an Freiheit zu erlangen, der alles übersteigt, was die an Fallstricken, Täuschungen und Bosheiten nicht arme Welt einem zu bieten hat.

Glaubt mir, ich bin der letzte, der nicht weiß, wie verführerisch diese Fallstricke, Täuschungen und Bosheiten sind und wie praktisch die "Das ist schon alles okay"-Masche ist. Aber ich habe auch immer den schalen Geschmack des Moments danach in Erinnerung, der es mir letztlich unmöglich machte, weiterhin vor Gott den Betrug an mir selbst und die Mißachtung seiner Liebe und Majestät zu leben. Eine Hilfe dabei ist, nicht exklusiv mit der Erbsünde zu operieren, sondern den Blick auch und vor allem auf den Gekreuzigten und Auferstandenen zu heften. Dann schließt sich der Kreis. Ja, wir sind Sünder, hineingeboren in eine gefallene Welt. Aber das Sündersein ist nur eine Vorstufe zu einem Dasein von unbeschreiblicher Herrlichkeit. Dieses Dasein steht grundsätzlich jedem Einzelnen offen, ist aber nicht für lau zu haben. Und, nein, der zu zahlende Preis liegt nicht in der Kategorie von "Gott ist so lieb, der mag mich eh und holt mich bestimmt auch in den Himmel, egal was ich mache und egal ob ich hier auf der Erde auf irgendwelche Gebote höre, die von alten Opas mit lustigen Hüten unters Volk gebracht werden." Der Zusammenhang zwischen Erlösung und Zugehörigkeit zur einen Kirche wird im Neuen Testament verdeutlicht:
    "Darum geht hin und mach euch alle Völker zu Jüngern, indem ihr sie tauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und sie alles halten lehrt was ich euch geboten habe." (Mt 18,19)

    "Was immer ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, das soll auch im Himmel gelöst sein." (Mt 18,18)

    "Wer euch hört, der hört mich, wer euch verwirft, der verwirft mich; wer aber mich verwirft, der verwirft den, der mich gesandt hat." (Lk 10,16)
Yup, ich weiß, ich weiß! Die Kirche selbst ist nicht frei von Sünde. Aber schaltet mal in den zweiten Gang Leute: Verdunkelt diese Tatsache die Worte unseres Herrn? Wohl kaum. Mehr dazu hier, in einem älteren Artikel.

Alles Liebe und frohes Fasten,
Alipius

Friday, February 23, 2007

Juchei!

Erstens: Ich habe beide Horror-Examen (sowohl das besteuerruderte Ontologie- als auch das total ver-Hegelt geglaubte Geschichts-Examen) mit 8,5 abgeschlossen! Woah! Da fiel mir aber erstmal ein Kiesel vom Herzen, als ich heute die Noten sah!

Zweitens: Das Abschlußexamen ist doch nicht so oberkritisch. Es macht insgesamt nur 20% der endgültigen Note aus. Die restlichen 80% werden zu gleichen Teilen von den vier Semestern beigesteuert. Dann geht's ja.

Muß das sein?

Links auf dem Photo seht Ihr John Travolta als Edna Turnblad in einer Neuverfilmung von "Hairspray".

Als ob es an der John-Waters-Version von 1988 mit Divine, Ricky Lake, Debbie Harry, Ric Ocasek und Pia Zadora noch irgendwas zu verbessern gäbe.

Tsk!

Lukas, Kapitel 6, Vers 22

"Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen, verstoßen und schmähen und euch um euren guten Namen bringen um des Menschensohnes willen!"

Endlich!

Pünktlich zur routinemäßigen Regierungskrise in Italien kann ich jetzt endlich mal dieses heiße Plakat einer politisch nicht unbedingt ultralinks einzustufenden Jugend-Organisation posten.

Hübsch, gelle?

Sunday, February 18, 2007

Bamberger Wochen, Teil 3

Okay, ich weiß nicht, ob ich das hier schon einmal offiziell festgestellt habe und daher mach ich's jetzt: Ich bin ein Spätbarock- und Rokoko-Liebhaber. Und somit bin ich in Bamberg und Umgebung bestens aufgehoben. Der nun folgende Beitrag ist der bisher längste in der Geschichte von am römsten. Aber ich habe jetzt geduldig für tausend Examen gelernt, diese (mit mehr oder weniger Angstschweiß auf der Stirn) auch bestanden und jetzt reicht's. Heute bin ich mal nicht Student sondern Professor und führe Euch, geneigte Leser und treue Kunden, in die große, bunte, schöne Welt der berühmt-berüchtigten Schönborn-Bischöfe ein (nö, ich red' jetzt nicht vom Wiener Erzbischof, der aber auch zur Familie im weiteren Sinne gehört). Ich reden von den Herren, die zwischen Ende des Siebzehnten und Mitte des Achtzehnten Jahrhunderts den Herbst des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen mit ihren Sakral- und Profanbauten vergoldet haben. Und wegen eben dieser als "bauwurmb" in die Geschichte eingegangenen Familienkrankheit habe ich natürlich einen Narren an den Herren gefressen, besonders am Hervorragendtsen unter ihnen, dem Kurfürsten Lothar Franz, dessen proper-prälatesques Portrait ihr oben seht. Er war nicht nur von 1695 bis zu seinem Tode 1729 Kurfürst und Erzbischof von Mainz. Er war auch von 1693 Fürstbischof von Bamberg und hat den "Fränkischen Barock" erfunden. Somit legitimiert er diesen Beitrag als "Bamberger Wochen"-Material.

Tja, ich bin grade in Plauderstimmung, also werde ich Euch mal erzählen, wie es zu meiner Schönborn-Marotte kam. Dazu werde ich noch auszugsweise einen kleinen Essay über eben diese Herren und ihre Architekten kredenzen, den ich mal geschrieben habe.


Also: 1992 fuhr ich zum ersten Mal nach Würzburg. Ich hing damals zwischen zwei Jobs, hatte etwas Kohle gespart und entschloß mich, mit meinem alten R5 einfach mal drei Wochen durch Süddeutschland zu gurken und zu schauen, was es so an Sehenswürdigkeiten gibt. In Würzburg machte ich dann erstmals mit der Familie Schönborn Bekanntschaft, waren es doch zwei Brüder dieses Geschlechtes, die als Fürstbischöfe dieser Stadt zwischen 1720 und 1746 den Bau der Residenz starteten bzw. größtenteils vollendeten. Ihr könnt Euch vorstellen, wie der Name "Schönborn" in meinem Gedächtnis nachhallte, als ich die sich jeglicher Beschreibung entziehende Würzburger Residenz verließ. Ich war binnen Minuten zum Fan geworden und brauchte nun ganz schnell und ganz dringend noch viel mehr Fränkischen Barock. Da traf es sich natürlich ganz gut, daß meine nächste Station Bamberg war. Hier erlag ich erstmal dem Charme des Städtchens selbst. Was für ein Juwel! Ich war so begeistert, daß ich zunächst gar nicht mehr an "Schönborn" dachte, sondern nur noch verträumt durch die Gäßchen lief und erst einmal alles nur von außen betrachtete. Allein in den großartigen Dom wagte ich mich hinein. Am zweiten Tag machte ich dann einen Trip zum Schloß Weißenstein in Pommersfelden, womit mein Schicksal dann besiegelt war. Pommersfelden ist ein Privatschloß, das Fürstbischof Lothar Franz zwischen 1711 und 1718 primär für sich als Sommerfrische, aber - vorausschauend - dann auch für die Familie hat bauen lassen. Und - siehe da - es wohnen tatsächlich auch heute noch die Schönborn während einiger Monate des Jahres dort. Klar, die Residenz in Würzburg ist größer, glänzender, fürstlicher. Aber meine Herren! Was hat Weißenstein für eine Persönlichkeit! Da spielt es kaum noch eine Rolle, daß das Treppenhaus eines der schönsten des Barock ist; daß das Deckenfresko im Vestibül in den über 270 Jahren seiner Existenz nicht einmal gereinigt werden musste und trotzdem aussieht, als sei es gestern gemalt worden; daß sowohl Sala Terrena als auch der Spiegelsaal friemelig-wirre Originalzeugnisse barocker Verspieltheit sind; daß das Schloß noch im Urzustand erhalten ist, nie geplündert oder beschädigt wurde. Alles Zweitrangig. Ich stand im Ehrenhof, glotzte wie blöd auf die Fassade des Corps de Logis und plötzlich fühlte es sich an, als seien die zwei Seitentrakte des Schlosses zwei Arme, die sich einladend um meine Schultern legen und mich sanft heranziehen und zur näheren Betrachtung des Schlosses einladen. Und im Innern dann das Gleiche: Jedes Zimmer, ja, jedes Einrichtungsstück sagte: "Schön, daß du hier bist. Schau dich um. Laß es dir gut gehen. Flossen weg von den zerbrechlichen Sachen. Aber ansonsten: Fühl dich ganz wie zu Hause." Gespenstisch! Ich hatte trotz der wirklich oberedlen Ausstattung des Schlosses nie das Gefühl auf Fürstenboden herumzuspazieren. Es wirkte irgendwie alles leicht, familiär, humorig und entspannt. Und so ließ ich mich dann von der Führungsleiterin mit den anderen vier Herrschaften, die an diesem frühen Morgen ihren Weg zum Schloß gefunden hatten, durch die ganze Pracht geleiten und dachte ständig, im falschen Film zu sein. Bis ich dann im Speisezimmer vor dieser irrwitzig-grandiosen Büste des Hausherrn stand und erst einmal still in mich hineinprusten mußte. Ihr seht ja das Portrait oben. Die Büste aus schlichtem weißen Stein wirkt genauso, nur irgendwie noch barocker, noch feister, noch augenzwinkernder. Und da wurd's mir dann klar: "Logo", dachte ich. "Wenn DER das Schloß hat bauen lassen, dann muß es natürlich so unkompliziert und firlefanzfrei wirken."

Bestätigt wurde meine Intuition Wochen später, als ich Freunde zu Gast hatte und von meinem Trip schwärmte. Ich zeigte ihnen einen Bildband, in dem unter anderem das Portrait von oben zu sehen war. "Boah, cool!" rief einer meiner Gäste. "Der hat doch bestimmt jeder Magd an den Hintern gepackt!" Ich will dieses Statement jetzt nicht unterschreiben, muß aber eingestehen, daß es vage in die Richtung meiner ersten Intuition geht, wobei ich weniger bzw. überhaupt nicht an einen schürzenjagenden Bischof dachte, als vielmehr an einen Herrn, der sich ganz darüber im Klaren ist, was es bedeutet, nicht perfekt zu sein, und der eben darum Würde, Humor und Demut bestens vereinen kann.

Naja, nach Pommersfelden sah ich dann noch die ebenfalls von Lothar Franz erbaute Neue Residenz in Bamberg, die Wallfahrtskirchen Vierzehnheiligen und Gößweinstein, das Schloß Werneck und so manch anderes Schmankerl. Und nach diesem Urlaub waren die Schönborn und ich beste Kumpels. Ich bin dann für den Zeitraum von zehn Jahren jeden Sommer für ein paar Tage nach Bamberg gefahren. Mal alleine, mal mit Freunden oder Familie. Und alle, die ich durch dieses entzückende Städtchen und die umliegenden Sehenswürdigkeiten führte, teilten meine Begeisterung.


Im Folgenden gebe ich jetzt mal fix einen kurzen Abriß über das, was geschehen kann, wenn die Freude am Bauen, die Lust am Kommunizieren und der Sinn für die Familie nicht nur eine fruchtbare Beziehung eingehen, sondern ein Maß annehmen, welches für die heute aktiv bausparenden und passiv die kühlen Glas-, Beton- und Stahlpaläste der Versicherungszentralen und Bankhäuser emporwachsen sehenden Zeitgenossen kaum nachvollziehbar ist.


Aber zuerst stelle ich die vier Neffen des Lothar Franz mal kurz im Bilde vor (v.l.n.r.): Johann Philipp Franz, Franz Georg, Friedrich Karl und Damian Hugo. Wenn Ihr jetzt denkt: "Ey, wart mal! Das ist doch immer der Gleiche!", dann habt Ihr nicht ganz Recht. Es sind immerhin vier Brüder und, ja, die Familienähnlichkeit ist ebenso wenig von der Hand zu weisen, wie eine gewisse Neigung zur Erhaltung der ecclesia carnalis an und in ihren eigenen Leibern. Sei's drum. Sie waren schließlich Barockfürsten.

Also, hier ist jetzt meine kleiner bescheidener Essay:

1.) „Das Bauen ist eine Lust und kostet viel Geld, doch einem jeden Narren seine eigene Kappe gefällt“

So reimte Lothar Franz von Schönborn nicht ohne Selbstironie zu einer Zeit, da der sprichwörtlich gewordene „bauwurmb“ ihn und seine Neffen schon längst infiziert hatte. Lothar Franz wurde am 4. Oktober 1655 geboren. Zu dieser Zeit war dem ursprünglich aus dem Nassauischen stammenden Geschlecht ein erster Erfolg auf politischer Bühne geglückt. Lothar Franzens Onkel, der Kurfürst und Erzbischof von Mainz, Johann Philipp, hatte einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Westfälischen Frieden geleistet und somit dafür gesorgt, daß der Name Schönborn im Reich einen guten Klang hatte.

Nach Johann Philipps Tod im Jahre 1673 stand dessen Neffe Franz Georg an der Spitze der familiären Bestrebungen auf geistliche Nachfolge. Doch Franz Georg, bereits Domherr in Bamberg, Würzburg und Mainz, starb unerwartet nur ein Jahr nach seinem Onkel. Die Hoffnungen der Familie konzentrierten sich nun auf seinen jüngsten Bruder, Lothar Franz. Auch er war bereits für die geistliche Laufbahn bestimmt. Die Tatsache, daß er sich im Jahre 1674 zum Studium in Wien und nicht, wie bis dahin bei den Schönborn üblich, in Frankreich befand, deutet bereits die Abkehr der Familienpolitik von der Frankophilie hin zur pro-kaiserlichen Ausrichtung an, die sich später in Lothar Franzens Devise „Pro Deo, Caesare et Imperio“ – „Für Gott, Kaiser und Reich“ widerspiegelte. Durch familiäre Diplomatie, persönliche Fähigkeit und die üblichen finanziellen Zuwendungen gelang es Lothar Franz, innerhalb von zwei Jahrzehnten zu höchsten Kirchen- und Reichsämtern emporzusteigen. 1693 wurde er zum Fürstbischof von Bamberg gewählt, 1694 zum Koadjutor (Stellvertreter) des Erzbischofs und Kurfürsten von Mainz mit dem Recht der Nachfolge, welche er am 2. Mai 1695 mit dem feierlichen Einzug in Mainz antrat. Das Amt des Kurfürsten von Mainz brachte die Würde des Reichskanzlers mit sich. Lothar Franz war somit der zweite Mann im Reich, gleich nach dem Kaiser. Es gelang ihm dazu im Jahre 1705 seinen Neffen Friedrich Karl als Reichsvizekanzler in Wien durchzusetzen. Damit war es der Familie nicht nur gelungen, eine Achse zwischen dem Mainzer Kurfürstentum und dem Wiener Hof zu schlagen. Schönborn hatte auf diese Weise außerdem einen Vertrauten in unmittelbarer Nähe des Kaisers gewonnen, durch den er auf das gesamte Reichsgeschehen Einfluss nehmen konnte. Die Regierungsjahre des Lothar Franz waren ruhige und friedliche Jahrzehnte, da es dem Kurfürsten gelang, seinen Staat sowohl aus dem Nordischen Krieg als auch aus dem Spanischen Erbfolgekrieg herauszuhalten. Handel und Finanzwesen wurden unterstützt, Justiz und Bildung wurden reformiert in dem Maße, in dem ein der überlieferten Regierungsauffassung verbundener Fürst es für notwendig und geziemend hielt.

Immer hatte Lothar Franz ein wachsames Auge auf seine Neffen und es gelang ihm und der Familie nicht nur, den für den geistlichen Stand Vorgesehenen Plätze in interessanten Domkapiteln zu sichern. Die Diplomatie und das Geschick der Schönborn bewirkten weitaus mehr. Wohl kaum einmal zuvor und danach regnete es in so kurzer Zeit so viele Bischofshüte auf die Häupter einer Familie. Der jüngste Neffe, Marquard Wilhelm (1683-1769) hält zwar als Mitglied in gleich fünf Domkapiteln den familieninternen Rekord, bleibt aber dennoch von den weiteren Betrachtungen ausgeschlossen, da er nicht vom Ehrgeiz geplagt war und nie Bischof wurde. Er stieg lediglich zur zweifachen Dompropstwürde auf, verblieb auf diesem sicheren, ruhigen Posten und unternahm keine bemerkenswerten baulichen Tätigkeiten; „eine Republik für sich“, so nannte ihn der Onkel. Dem ältesten der Neffen des Lothar Franz, Johann Philipp Franz (1673-1724), war zwar nur die kürzeste Lebensspanne der Brüder vergönnt, dafür legte er aber in seiner fünfjährigen Amtszeit als Fürstbischof von Würzburg den Grundstein zum Mammutprojekt „Residenz“. Friedrich Karl (1674-1746) war der zweitälteste der Brüder und regierte von 1729 bis zu seinem Tode die beiden fränkischen Bistümer Würzburg und Bamberg. Er war somit in Bamberg direkter Nachfolger seines Onkels und in Würzburg der zweite Nachfolger seines Bruders. Damian Hugo (1676-1743), der Drittälteste, stieg zu den höchsten kirchlichen Würden in der Familie auf. Er wurde im Jahre 1715 Kardinal – „unser rotes Käppel“ hieß er fortan im Familienjargon; vier Jahre später wurde er Bischof von Speyer und 1740 zusätzlich Bischof von Konstanz. Franz Georg (1682-1756) war der zweitjüngste der geistlichen Herren dieser Schönborn-Generation. Ihm war es zu verdanken, daß auch nach Lothar Franzens Tod die Familie stolz auf einen Kurfürstenhut verweisen konnte, denn er folgte im Jahre 1729 seinem Onkel, wenn auch nicht auf den Mainzer Thron. Er wurde Kurfürst und Erzbischof in Trier, zusätzlich im Jahre 1732 Bischof von Worms und Fürstpropst von Ellwangen.

Die fünf eingeführten Herren teilten eine Leidenschaft: Die Kunst im Allgemeinen und das Bauen im Besonderen. Zu den Architekten und Handwerkern, die sie im Laufe der Jahrzehnte beschäftigten, gehören unter anderem Johann Wolfgang von der Auwera, Ferdinand Tietz, Rudolf Byss, Ferdinand Plitzner, Daniel Schenck, Johann Dientzenhofer, Johann Lukas von Hildebrandt, Maximilian von Welsch und natürlich der unvergleichliche Balthasar Neumann.

Aufgrund der zur damaligen Zeit noch üblichen Personalunionen konnte sich also innerhalb des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation eine Art „Schönborn-Reich“ bilden, in welchem eine Familie nicht nur politisch an einem Strang zog, sondern auch die jeweiligen Hofkünstler eines Mitgliedes dieser Familie beratend oder gestaltend ihre eigentlichen Handlungsbereiche verlassen und mit anderen Architekten, Handwerkern, Künstlern und fürstlichen Mäzenen fruchtbare Beziehungen eingehen konnten. Da jeder dieser Künstler seinen ureigenen Stil, seine „Sprache“ hatte, ist es dem kundigen Betrachter auch heute noch möglich, die Grenzen des ehemaligen Herrschaftsgebietes der Schönborn allein an bestimmten architektonischen Merkmalen zu erkennen .

2.) „Meine stieg muess bleiben, als welche von meiner invention undt mein meisterstuck ist.“

So knapp und selbstbewußt verteidigt der Bauherr Lothar Franz von Schönborn seinen Entwurf zu einer doppelläufigen Treppe, welche sein neu zu errichtendes Privatschloß Weißenstein zu Pommersfelden zieren sollte. Daß es überhaupt zu einer Diskussion über die Ausführung nur eines Teils einer gesamten Schlossanlage kommen konnte, ist mehreren Faktoren zuzuschreiben. Die Bauherren des Barock pflegten neben der Lust am simplen Delegieren von Aufträgen ein reges Interesse an der Materie selbst. Sie waren zwar streng genommen Dilettanten, aber immerhin doch so informiert, daß sie es sich in Fällen besonders ausgeprägter Fachbildung, wie sie bei den Schönborn im Allgemeinen und bei Lothar Franz im Besonderen vorlag, leisten konnten, sich zu den über Bauplänen brütenden Architekten zu gesellen und fruchtbare Kommentare abzugeben. Schönborn selbst besaß bei aller gebotenen Distanziertheit trotzdem ein ausgesprochen humorvolles, leutseliges und gewinnendes Wesen. Hierzu der Herr von Blainville, der 1705 den damals fünfzigjährigen Kurfürsten in Bamberg besuchte: „Es bleibt einmal gewiß, daß es wenig Fürsten gibt, die besser geschaffen sind, als der Churfürst von Mainz. Er ist von gutem Gewächse, und hat ein sehr majestätisches Ansehen. In seinem Gesicht ist etwas natürlich Süßes und Reizendes, welches in jedem Liebe und Ehrfurcht erwecket, und seine großmüthige Gemütsart stimmet mit seinem Ansehen vollkommen überein. Er ist ein sehr weiser, verständiger und urtheilsfähiger Herr, der mit seinem eigenen und aller Mächte von Europa ihrem Vortheil wohl bekannt ist."

Überhaupt legten die Herren Schönborn ihren Künstlern und Architekten gegenüber ein Verhalten an den Tag, wie es durchaus nicht selbstverständlich war. Hierzu Lothar Franz: „... wie köndten die künstler undt andere handtwerksleuth, die doch Gott auf dieser welldt haben will, bestehen, wenn er nicht zugleich narren werden ließe, die sie ernehren theten.“ Und Johann Philipp Franz bemerkt: „Es weren die künstler eben nit wie andere hergeloffene bursch zu tractieren.“

Es scharte sich mit der Zeit aus dem Kreis der Hofkavaliere des Lothar Franz eine Gruppe um den Kurfürsten, die mit ihm die Leidenschaft des Bauens und Planens von Schlössern teilte. Diese Herren verbrachten nicht selten mit ihrem Fürsten bei einer Karaffe Wein eine Nacht über Zeichnungen, Rissen und Plänen. Schönborn nannte diese Männer „meine Baudirigierungsgötter“, nie nannten ihn ihren „Erzbaumeister“.

Im Jahre 1710 gelingt Lothar Franz ein finanzieller Coup: Er ist bei der Kaiserwahl als Kurfürst von Mainz das Zünglein an der Waage und fördert entscheidend die Wahl Karls VI., was ihm eine Gratifikation von 100.000 Gulden einbringt. Zum Vergleich sei angemerkt, daß der höchstbesoldete kurmainzische Beamte dieser Zeit ein Jahresgehalt von 4822 Gulden empfing.

Das Geld kommt zur rechten Zeit. Denn neben dem Bau der neuen Bamberger Residenz durch Johann Dientzenhofer in den Jahren von 1697 bis 1703 und der Mainzer „Favorite“ durch den dortigen Hofarchitekten Maximilian von Welsch zwischen 1711 und 1718 stand im Jahre 1710 ein weiteres Projekt an, welches große Summen zu verschlingen drohte: Die Herrschaft Pommersfelden war Lothar Franz aus dem Erbwege zugekommen. Auf dem Gebiet stand ein Wasserschloß, welches der Kurfürst ursprünglich nach Plänen seines Bamberger Hofarchitekten Dientzenhofer umzubauen gedachte. Bald schon erwies sich das alte Schloß als zu klein und zu baufällig und Lothar Franz entschloß sich zu einem Neubau, einem Privatschloß. So ergab sich der seltene Fall, daß ein Bischof beim Errichten eines Schlosses ganz freie Hand hatte, da er weder auf seine Nachfolger auf dem Bischofsstuhl noch auf das von ihm verkörperte Amt und den von ihm repräsentierten Staat Rücksicht nehmen mußte. Es baute in gewissem Sinne nicht das Amt, sondern die Person.

Schon die Pläne für den Umbau hatte der Kurfürst im März 1711 an seinen Neffen in Wien geschickt, auf daß dieser sie an seinen und des Prinzen Eugen Architekten Johann Lukas von Hildebrandt zur Begutachtung weiterleitete. Als nun der Neubau beschlossene Sache war, informierte der Onkel sogleich am 7.4.1711 den Neffen: „Über dem Pommersfeldischen Riß bin ich allhier (zu Mainz) mit meinem Bamberger Baumeister begriffen und will beweisen, daß man auch hier zu Land was hübsch machen kann.“

„Hier zu Land“ bedeutet für den Kurfürsten immer seinen Herrschaftsbereich der Mainzer und Bamberger Lande. „Etwas hübsch machen“ heißt, in einem eigenständigen Stil, abseits der großen Strömungen aus Frankreich und Wien zu bauen. „Theutschen Gusto“ nannte Lothar Franz diesen Stil.

Basierend auf den Plänen Dientzenhofers, verfeinert durch Lösungen von Johann Lukas von Hildebrandt und nicht zuletzt gekrönt durch den Entwurf des Treppenhauses durch den Bauherrn selbst, entstand dann zwischen 1711 und 1718 unter unzähligen Briefen, reich bestückt mit Rissen, Plänen und Zeichnungen, Gutachten, Urteilen und Vorschlägen das Schloß Pommersfelden. Auch die am Bau und an der Ausstattung des Schlosses mitwirkenden Künstler, wie der Stuckateur Schenck, der Maler Byss, der Kunstschreiner Plitzner und auch Dientzenhofer selbst, wurden nach Wien geschickt, um dort Anregungen aufzunehmen. Der Kurfürst sandte seine Pläne nicht nach Wien, um sie dort verbessern zu lassen. Er besaß genug Selbstbewußtsein und Fachkenntnis, um von seinem Urteil überzeugt zu sein. In erster Linie ging es Lothar Franz in diesen Briefen stets darum, den Wienern zu demonstrieren, daß man auch außerhalb der Hauptstadt anständig zu bauen versteht. So lädt er zwar im Brief vom 14.3.1712 ein: „Ich will gerne anhören und annehmen, was Ihr Herren Virtuosi, Curiosi und Somptuosi zu Wien mir einraten werdet“, entscheidet aber am 13.6.1714: „Das Haus ist gebauet und ich kann und werde nichts mehr daran ändern.“

Glücklicherweise hielt der Bauherr Wort und so präsentiert sich heute ein zugleich wuchtiger und eleganter, gleichermaßen majestätischer wie einladender Bau. Das Treppenhaus des Schlosses ist neben dem verwirrend prachtvollen Spiegelkabinett und dem riesigen Marmorsaal nicht nur das Prunkstück des Baus sondern auch von architekturhistorischer Bedeutung. Denn auch wenn es ähnliche Ausführungen bereits vorher gab, auch wenn Walter Jürgen Hofmann Verwandschaften zu Schloß Schönbrunn und zur Architektur Palladios sieht, so vermerkt Bernhardt Schütz daß im Pommersfelden „erst eigentlich der Prototypus des barocken Treppenhauses“ geschaffen wurde. Tatsächlich treffen die Theatralik und das Private, das Höfische und das Intime hier zusammen und spielen gemeinsam und nicht sich gegeneinander aus. Hinzu kommt, daß der Bauherr selbst am Entwurf des großartigsten Raumes des Schlosses entscheidend mitgewirkt hatte und seine Architekten nur feine architektonische Notwendigkeiten korrigieren ließ, in Fragen der Gestaltung aber sonst, wie ja die Überschrift dieses Kapitels zeigt, unerbittlich war. Neben der reinen Ästhetik stand ein weiterer Gedanke hinter der doppelläufigen Stiege: Jederzeit konnte der Neffe Damian Hugo sich zu einem Besuch anmelden. Dieser war seit 1715 Kardinal und stand somit in der kirchlichen Hierarchie über seinem Onkel, welcher wiederum das weitaus höhere weltliche Amt bekleidete. Damit nun die Zeremonienmeister sich nicht zu sehr den Kopf darüber zerbrechen mußten, welcher der Herren rechts neben dem anderen die Treppe emporschreiten durfte, erhielt kurzerhand jeder seine eigene Stiege.

Gilt das Schloß Pommersfelden, welches richtig übrigens Schloß Weißenstien zu Pommersfelden heißt, den Kunsthistorikern gewissermaßen als Vorstufe zur Würzburger Residenz, so ist auch der Austausch von Plänen und Künstlern exemplarisch für die weiteren baulichen Tätigkeiten der Schönborn.

3.) „Ergo nur wacker Bauconcepten her!“

So bejubelt Lothar Franz von Schönborn den Schatz von 600.000 Gulden, der seinem Neffen Johann Philipp Franz aufgrund eines gewonnenen Prozesses wegen Veruntreuung im Jahre 1720 zugefallen war. Johann Philipp Franz war seit 1719 Fürstbischof von Würzburg und hatte schon im Jahre seines Amtsantritts beschlossen, die Burg auf dem Marienberg zu verlassen und zu ebener Erde in der Stadt eine Residenz zu errichten. Das Schloß auf dem Marienberg war gemessen an den Ansprüchen der Zeit nicht mehr bequem genug. Schon die Würzburger Bischöfe des späten 17. Jahrhunderts hatten lieber in ihren Domherrenhöfen in der Stadt gewohnt, als droben auf dem Berg, was zu einer doppelten Hofhaltung geführt hatte. So waren es letztlich tatsächlich Gründe der Sparsamkeit, die den Gedanken an eine Residenz in der Stadt aufkommen ließen. Natürlich ist „sparsam“ das letzte Attribut, welches sich beim Betrachten der Würzburger Residenz aufdrängt. Allerdings ist das Gebäude, wie es sich heute präsentiert nicht die „Ur“-Residenz. Bereits Schönborns Vorgänger im Amt, Johann Philipp, ein Onkel aus dem angeheirateten Geschlecht der von Greifenclau, hatte am Rennweg, in der Nähe des heutigen Standortes, einen Bischofspalais entstehen lassen. Jedoch wurden bald Mängel und Schäden in Mauerwerk und Gebälk offenbar. Also entschloß Fürstbischof Johann Philipp Franz sich zu einem Umbau.

Selbstverständlich war Lothar Franz die erste Adresse für solcherlei Neuigkeiten und tatsächlich befand sich das „Baubüro“ der Würzburger Residenz Ende 1719 bis Anfang 1720 in Mainz, wo Schönborns Kavalier-Architekten Rotenhan und von Erthal zusammen mit dem Hofarchitekten Maximilian von Welsch „auf was Neues studieren“, wie der Onkel an Friedrich Karl nach Wien berichtet. Zwar war Balthasar Neumann gleich nach der Thronbesteigung von Johann Philipp Franz an die Spitze des Bauwesens im Hochstift Würzburg gestellt worden, doch der Einfluß des Onkels, seine pure Freude am Planen und die Tatsache, daß seine und seines Neffen Friedrich Karls Architekten zu dieser Zeit die Namhafteren waren, ließen es nicht zu, daß Lothar Franzens Stimme ungehört blieb. So geschah es, daß Neumann im Oktober 1719 nach Pommersfelden bestellt wurde, um seine Pläne für den Umbau des Rennweg-Schlößchens vorzulegen. Als Neumann auf Weißenstein eintraf, wartete dort nicht nur das Familienoberhaupt, sondern auch dessen Lieblingsneffe. Friedrich Karl war aus Wien angereist und zu dritt widmete man sich den Plänen. Das abschließende Urteil fällt überaus günstig aus. Onkel und Neffe sind sich einig, daß Neumann rasch begreift, dazu gelehrsam und willensstark ist und rundum geeignet scheint, daß Projekt „Residenz“ anzugehen.

Lothar Franz und Friedrich Karl waren es dann auch, die nach dem Eingang der 600.000 Gulden sich bei der Familienehre gepackt fühlten und Johann Philipp Franz dazu überreden konnten, den Bau des Würzburger Schlosses ins Große zu treiben. Es galt, den Schönborn ein Denkmal zu setzen. Dabei spielte nicht allein der Stolz eines Herrschergeschlechtes eine Rolle. Wie oben erwähnt schwenkte unter Lothar Franz die Politik der Familie fort von der Frankophilie hin zu einer kaiserlichen, einer Reichs-Gesinnung. Diese Gesinnung in Stein zu verewigen war für den damals amtierenden Reichskanzler und seinen Neffen, den Reichsvizekanzler, nicht nur ein Vergnügen, sondern eine Pflicht. Nun, da nach dem Prozessgewinn weder auf Geldmittel noch auf tatsächliche Wohnbedürfnisse geachtet werden mußte, sah man bald von der bescheidenen Variante des Umbaus des Rennweg-Schlößchens ab und entschloß sich zu einem kompletten Neubau. Müßig zu erwähnen, daß sowohl Lothar Franz als auch Friedrich Karl nicht nur selbst Feuer und Flamme waren, sondern auch ihre jeweiligen Kavalier- und Hofarchitekten ins Rennen schickten. Neumann war nun erstmals in der Lage, sich an anderen Architekten zu messen, und er begann in dieser Zeit, seinen Stil zu entwickeln. Bereits in seinen früheren Jahren als Stückgießer, Festungsbauer und Ingenieurhauptmann war er technisch und handwerklich überaus begabt, ja den meisten Kollegen weit voraus. Durch die Beauftragung mit dem Bau der Residenz und durch die Begegnung mit den anderen Architekten reift Neumann auch zum Künstler. Ihm obliegt es, seinen eigenen Entwurf für den Bau mit denen der Architekten von Welsch, von Erthal und Hildebrandt weiterzuentwickeln. Von Welsch plante zum Beispiel bereits 1720 mit vier Innenhöfen, während Neumanns früher Plan derer zwei aufweist.

Die Grundsteinlegung für die Residenz findet 1720 statt. Hier wird bereits der Grundriß des Schlosses unabänderlich festgelegt. Für größere oder kleinere Details blieb bei solchen Mammutprojekten aber immer Spielraum und Zeit. Der Bischof wollte internationale Anerkennung und Neumann brauchte weiteren Austausch mit führenden Architekten. Was lag also näher, als ihn nach Paris zu schicken? Auch hier machten sich die Kontakte der Schönborn bezahlt: Damian-Hugo, der Kardinal der Familie, war befreundet mit dem Straßburger Fürstbischof und Kardinal Gaston Armand de Rohan, dieser wiederum konnte Neumann den Weg zu Robert de Cotte, dem Ersten Königlichen Architekten, ebnen. De Cotte genoß in ganz Europa einen ausgezeichneten Ruf und wurde oft um Rat gebeten, da er das französische Ideal der Architektur verkörperte. Im Versailler Stadtpalast des Kardinals kommt es zur ersten Begegnung. Rohan hatte schon über Neumanns Plänen gebrütet und sich von ihnen ein schönes und großes Gebäude nach italienischem Gusto versprochen.

De Cotte bittet um einen in Blei gezeichneten Grundriß, den Neumann selbst in Paris anfertigt. Der Franzose macht sich trotz knapp bemessener Zeit auf Bitten und Drängen des Kardinals bald an die Arbeit, läßt die linke Hälfte des Planes unberührt als Referenz und fügt in die rechte, identische Hälfte Korrekturen nach seiner Vorstellung ein. Er empfindet die vier Innenhöfe als zu groß und sieht in ihnen noch verfügbaren Baugrund, in welchen hinein er die Disposition der Räume erweitert. Neumann widersetzt sich den größere Bequemlichkeit und Großzügigkeit versprechenden Ideen de Cottes, da er erstens von seinem Plan überzeugt ist und zweitens das Gebäude stets als Gesamtkomplex in seiner äußeren Form versteht und nicht, wie der Franzose, von innen nach außen plant. De Cotte wartet mit weiteren Änderungsvorschlägen auf, die teilweise gar den bereits begonnenen und fortgeschrittenen Bau der Residenz ignorieren. Wenn beide Männer es auch nicht an gegenseitigem Respekt mangeln lassen, so kommen sie sich dennoch künstlerisch nicht näher. Ein ungezwungeneres Verhältnis baut Neumann zu Germain Boffrand auf. Dieser andere große französische Architekt dieser Zeit, den Lothar Franz in seinen Briefen an Friedrich Karl scherzhaft in „beau franc“ umtauft, steht für Neumann auf derselben Stufe wie de Cotte. Vielleicht war es Selbstkenntnis, vielleicht gesunder Menschenverstand, die Neumann dazu bewegten, den einen nicht wissen zu lassen, daß er mit dem anderen verkehrt und sich von ihm beraten läßt: „werdte schon die pilance halten und mich in acht nehmen undt alle jalousie evitieren.“

Neben dem Austausch mit den Architekten ist eine weitere Aufgabe der Frankreichreise, einen Maßstab für die Ausstattung der Würzburger Residenz zu finden. Im Residenzschloß der Straßburger Fürstbischöfe zu Zabern und in den Stadtpalais in Paris sieht Neumann die Dekorationen, die fortan für ihn beispielhaft sein werden. Er erkennt die handwerklichen Erfordernisse des aktuellen Geschmacks und legt sich Musterstücke zu, um in Würzburg den künstlerischen Anspruch an Beispielobjekten demonstrieren zu können. So schickt er Lüster und Leuchter, geschnitzte und vergoldete Spiegelrahmen, Türbeschläge und Schlösser und kleine Modelle von Möbeln nach Würzburg „damit mans abformen kann“. Doch sieht Neumann in den Mustern nicht sofort die höchstvollendete Form, denn er stellt sich schon beim Kauf vor „was undt wie ferner in dergleichen sachen reicher zu componieren“ sei. Boffrand empfiehlt Neumann einen Tapezierer und einen Vergolder, welche sogleich mit den Kisten und mit drei Karossen, die für Johann Philipp Franzens Wagenpark erworben wurden, den Weg nach Würzburg antreten.

1724 stirbt Johann Philipp Franz. Die Residenz ist erst zu einem Fünftel vollendet und der Bau gerät unter dem neuen Bischof Christoph Franz von Hutten ins Stocken. Lothar Franz, bereits hoch betagt, fürchtet um die Früchte seiner Bemühungen: „Gott gebe, daß dieses residenzgebau um so balden möge zum stand bringen..., um welches sonsten wohl schad wär, wo es stecken bleiben sollte.“ Neumann bleibt die Jahre über optimistisch, und seine gute Hoffnung erfüllt sich: Am 30. Januar 1729 wird Friedrich Karl von Schönborn Fürstbischof von Bamberg und bereits am 18. Mai desselben Jahres besteigt er auch den Bischofsthron von Würzburg. Zwar sieht sich die Familie durch den Tod des Lothar Franz ihres Oberhauptes beraubt, andererseits aber regieren Ende 1729 die drei noch lebenden Schönborn-Bischöfe bereits ein Kurfürstentum und drei Bistümer. Es werden noch zwei weitere Bistümer und eine Fürstpropstei folgen.

Friedrich Karl von Schönborn wird mit Amtsantritt in Würzburg und Bamberg Balthasar Neumanns wichtigster Dienstherr. 17 Jahre lang arbeiten beide Männer zusammen. Dabei verbindet sie ihr Sinn für das Praktische, ihr Selbsbewußtsein und ihre Tatkraft. Durch die von ihnen angestoßenen Bauprojekte erreicht nicht nur die Baukunst in beiden Bistümern neue Höhen, es entwickelt sich allgemein das Gewerbe äußerst positiv.

Friedrich Karl wird nicht sofort aus Wien nach Franken ziehen, da seine Geschäfte als Reichsvizekanzler ihn noch einige Zeit in der Hauptstadt festhalten. Die Korrespondenz über den Fortschritt des Residenzbaus geht also zwischen den Städten hin und her. Dabei kommt Friedrich Karls Hofarchitekten Johann Lukas von Hildebrandt die Rolle zu, Neumanns Pläne zu begutachten. Der an Epilepsie leidende Hildebrandt gilt allgemein als ein wunderlicher Charakter. Und auch Neumanns Stellung ihm gegenüber ist schwierig, da der Wiener sich manchmal kleinlich zeigt oder Verbesserungsvorschläge ins Unermeßliche wachsen läßt, und manchmal, wie De Cotte in Paris, gar keine Rücksicht auf bereits Gebautes nimmt. Neumann, der in diesen Jahren die Bauverwaltung leitet, gelingt es aber den erfahrenen und älteren Hildebrandt nicht respektlos vor den Kopf zu stoßen und dennoch den Bau so zu dirigieren, daß er letztlich seine, Neumanns, Handschrift trägt. Eine Anekdote verdeutlicht die Spannungen, die zwischen diesen beiden Männern herrschte: Als Neumann sich dazu entschlossen hatte, das Treppenhaus der Residenz nicht als doppelseitige Anlage zu bauen, sondern aus dem Vestibül nur eine, dafür aber doppelt so große Treppe hochzuziehen, sah er sich vor die Aufgabe gestellt, ein riesiges Deckengewölbe ohne eingestellte Stützen zu errichten. Hildebrandt, der 1738 in Würzburg weilte, bezweifelte die Haltbarkeit der Konstruktion und schwor, sich im Gewölbe aufzuhängen, wenn es nach der Errichtung halten sollte. Neumann schlug ein und erklärte sich bereit, nach Abschluß der Arbeiten im Treppenhaus ein Artilleriegeschütz abzufeuern, um die Festigkeit zu beweisen. Fürstbischof Schönborn bangte um sein Schloß und erklärte die Wette für nichtig.

Für die Innenausstattung der Residenz werden Künstler ersten Ranges verpflichtet: Der Schweizer Maler Rudolf Byss, der bereits das Deckenfresko in Treppenhaus zu Pommersfelden schuf, der Bildhauer Johann Wolfgang von der Auwera, der Stuckateur Antonio Bossi, der Kunstschmied Johann Georg Oegg. Sie alle treiben unter Neumanns Leitung und ab 1734 unter dem wachen Auge des Schönborn den Bau voran, so daß 1744 Richtfest gefeiert werden kann. Zahllose Gedichte priesen damals die weitgehende Vollendung des so gewaltigen und beeindruckenden Gebäudes. In einem heißt es:
    „Ein großer Fürsten-Sinn, der selbst mit eingesehen,
    Wie all gemächlichkeit, nebst zierd und Kunst bestehen
    Nach ihrem grund und riss, nach theilung maaß und zill,
    wie die erfahrnus lehrt, daß ordnung stehen soll.
    Dem kame ferner zu ein Obrist, haischt Neumann,
    der jedermann belehrt, dass wer weiss und will, all dieses thuen kann.“
Die letzen beiden Zeilen schrieb Friedrich Karl von Schönborn selbst und würdigt somit als Bauherr die Leistung Neumanns, der hier als einziger mit Namen genannt ist .

Die Hochschätzung des Schönborn für seinen Baumeister bewirkte, daß Neumann bis zum Tod Friedrich Karls nicht nur für diesen tätig sein sollte, sondern sich bald in einige Projekte der Brüder des Bischofs eingebunden fand.

4.) „...dass ich nunmehro mit diesem Kirchenbau nichts wollte zu tun haben.“

Mit diesen eindeutigen Worten betrachtete Balthasar Neumann sein Mitwirken am Bau der Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen als beendet. Anlaß für den Bau war die zweimalige Erscheinung des Christkindes im Jahre 1445 auf einem Hügel des Staffelberges im Hochstift Bamberg und die Erscheinung des Christkindes in Begleitung der vierzehn Nothelfer im Jahre 1446 an derselben Stelle. Die Kinder stellten damals klar: „Wir sein die viertzehn nothhelffer / und woellen ein Capelln haben / auch gnediglich hie rasten / und biß unser diener / so woellen wir dein diener wieder sein.“ Es wurde bald eine kleine Kapelle errichtet, die die Wallfahrer anzog. Im Jahre 1735 entschied der Abt des nahegelegenen Zisterzienserklosters Langheim, daß es gilt, eine würdiger ausgestattete Kirche zu errichten. Neumann zeichnete die ersten Pläne. Andere Entwürfe stammten von Gottfried Heinrich Krohne und Johann Jacob Michael Küchel. Krohne stand in der Gunst des Abtes, war aber als Protestant mit dem Wallfahrtswesen und dessen Bauerfordernissen so gut wie überhaupt nicht vertraut. Sein Entwurf eines Zentralbaus mit Emporen und kleeblattförmigem Chor mißachtete den Wunsch der Wallfahrer, so nahe wie möglich an die Gnadenstätte heranzugelangen oder sie wenigstens gut erblicken zu können und ignorierte ebenso den notwendigen Platz für Prozessionen. Küchel arbeitete im Auftrag des Bamberger Fürstbischofs und entwarf einen Kuppelraum zwischen zwei Bauteilen im Stile von Langhäusern. Doch Friedrich Karl von Schönborn entschied sich letztlich für Neumanns Entwurf, der auf dem Grundriß eines lateinischen Kreuzes eine basilikale Kuppelkirche entwarf. Hier stand der Gnadenaltar in der Vierung, wo der Umraum am weitesten und sie Sichtbarkeit am besten ist. Gottfried Heinrich Krohne, der Freund des Abtes, wurde mit der Ausführung des Neumann-Projektes betraut. Jedoch wich er willkürlich von Neumanns Plänen ab. Der Chor der Kirche lag plötzlich viel zu weit im Osten, so daß der Gnadenaltar sich im Langhaus wiederfand, was nicht nur jedem liturgischen Brauch wiedersprach, sondern auch überaus unpraktisch war. Das ursprüngliche Raumkonzept war nun nicht mehr einzuhalten, es sei denn, man risse die bereits stehenden Mauern wieder ein. Neumann erkannte bei einem Besuch die Baufehler und ergriff die Flucht. Seine oben angesprochene Resignation wollte der Fürstbischof aber nicht anerkennen. Er befahl Neumann, sich der Herausforderung zu stellen. Der Architekt gehorchte und machte sich ans Werk. Bald schon kehrte sich der anfängliche Widerwillen um in den Eifer, die Fehler nicht nur zu beheben, sondern ins Gegenteil zu verkehren und „eine gute Kirche herzustellen“, ein „vollkommenes Werk“, ein „Meisterwerk“.

Tatsächlich greift man nicht zu hoch, wenn man die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, wie sie sich heute präsentiert, als Meisterwerk bezeichnet. Das Äußere des Baus besagt mit seiner fünfachsigen Doppelturmfassade ein für Rokoko-Verhältnisse nüchternes aber eindeutiges „Kirche“. Tritt man ein, so findet man sich in einer Raumkomposition, die im krassen Gegensatz zum Außenbau steht und eher an einen Ballsaal als an ein Sakralgebäude gemahnt. Neumann hat den Gnadenaltar, als wichtigstes Element einer Wallfahrtskirche, mit einem gewaltigen ovalen Zentralraum umgeben, der Chor und Vierung, die in dieser Komposition tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle spielen, keine bauliche Betonung beimisst. Weit zurückgezogene Wandpfeiler mit Emporen auf halber Höhe und vorgestellten Halb- und Dreiviertelsäulen blähen den Umraum des Gnadenalters auf letzmögliche Weise gegen die Wand. Zusammen mit zwei weiteren Ovalen des Chores und des Eingangsbereiches ergibt sich eine für Sakralbauten einmalige Raumkomposition, zumal die Gewölbe den Grundriß nicht eins zu eins auffangen, sondern in unterschiedlichsten, statisch teilweise gewagten Teilbereichen eigene Grundformen ergeben. Die Basilika mit ihren einzelnen Abschnitten wird durch die Weite und die Lichtfülle zu einem Gesamtraum verschmolzen, in dem die überkommenen Elemente Eingang, Langhaus, Vierung und Chor keine Individualität mehr besitzen. Wohl kaum einer anderen Kirche gelingt es auf so bezaubernde Weise, sich aus jeder Perspektive als geschlossenes Ganzes zu präsentieren und gleichzeitig mit stellenweise atemberaubenden Detailreichtum aufzuwarten. Dem Betrachter bietet sich mit dem von Küchel entworfenen Gnadenaltar ein vor verspielter, leichter Festlichkeit beinahe schäumender Mittelpunkt. Beim langsamen Durchschreiten der Kirche mit auf den Altar fixiertem Blick schiebt dieser sich wie eine prunkvolle Karosse vor dem Hintergrund der Architektur entlang. In Vierzehnheiligen gelingt das gewagte Unterfangen, dem Glauben Schwere und den Ernst zu nehmen und den Pilger nach seinem langen Marsch mit Licht, Luft und Leichtigkeit in einem Raum reinen Freudenjubels zu empfangen.

Weder Friedrich Karl von Schönborn noch Balthasar Neumann erlebten die Vollendung der Kirche. Aber mit der Entscheidung des einen für den anderen und vor allem mit der Beharrung des Fürsten auf die Weiterführung des Werkes durch seinen Architekten wurde dieses herrliche Gebäude ins Leben gerufen. Immerhin war es in der Person des Adam Friedrich von Seinsheim ein angeheirateter Schönborn-Neffe, der im Jahre 1772 die Basilika einweihte.

5.) Bilanz

Als im Jahre 1756 mit Franz Georg der letzte der berühmt-berüchtigten „bauwurmb“-Bischöfe stirbt, schließt sich ein Kapitel der Kulturgeschichte, in dem ein Herrschergeschlecht den Herbst des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation mit seinen Baumeistern zu vergolden geholfen hatte. Die Französische Revolution hat einige der schönsten Schönborn-Bauten weggefegt, so die Villa Favorite bei Mainz oder das Schloß Schönbornslust bei Koblenz. Und auch die Bomben des Zweiten Weltkriegs waren nicht zimperlich, lagen doch 1945 sowohl die Würzburger Residenz als auch das Bruchsaler Schloß in Asche. Beide Paläste wurden wieder aufgebaut, und so ist die Bilanz der Schönborn-Zeiten dennoch eine stolze: Kirchen und Klöster, Paläste und Schlösser, Schulen und Spitäler, Heime und Verwaltungsgebäude verschönern nicht nur in den Residenzstädten wie Würzburg, Bamberg, Worms, Bruchsal, Konstanz, Mainz und Trier das Stadtbild, sondern beleben auch kleinere Orte wie Gaibach, Forchheim, Werneck und Wiesentheid. Während der Schönborn-Jahrzehnte entwickelten sich Handel und Handwerk. Zugleich herrschte in jedem der Bistümer Frieden. Die Herren waren gut gelitten. Ein Würzburger Professor berichtet noch im 19. Jahrhundert davon, daß im Frankenland die Menschen es sich zur Gewohnheit machen, die „besseren Zeiten“ als „Schönbornzeiten“ zu bezeichnen.


Soviel also zu den Schönborn. Wenn Ihr mal einen Kurztrip machen wollt und nicht wißt wohin: Ab nach Bamberg und Umgebung!

Alles Liebe,
Alipius

Saturday, February 17, 2007

Das wir's eben von 80er-Pop hatten...

Auch in den Neunzigern gab's noch anständiges Zeugs.

1993 veröffentlichte der Jazz Butcher (zu diesem Zeitpunkt bereits Jazz Butcher Conspiracy, fortan kurz JBC) mit “Waiting for the Love Bus“ das - moment, mal nachzählen... - neunte offizielle (also nicht "Live" oder "Compilation" oder "Best of" oder so) Studioalbum in zehn Jahren. Ich war vom Butcher immer ziemlich angetan. Die Musik lag genau auf meiner Wellenlänge und die Texte waren clever, schwarzhumorig und tief. 1991 wurde die Fangemeinde dann durch "Condition Blue" ein wenig gespalten, weil es einigen Aficionados nicht JBC-ig genug war und man gleich was von "Sell out" maulte. Der "Love-Bus" dürfte diese Leute dann endgültig aus der Bahn geworfen haben.

Ein erstaunlicher Widerspruch macht dieses Album so großartig: Der "Love-Bus" ist middle-of-the-roadigster Rock/Pop. Harmoniefolgen aus der Mottenkiste, Rhythmen aus dem Paläolitikum, Melodien aus dem Second-Hand-Shop. Und trotzdem haut mich jeder Song weg. Keine Ahnung, was deren Mojo ist, aber es funktioniert.

Los geht’s mit "Rosemary Davis World of Sound". Da ich nicht weiß, wer diese Rosemary Davis ist, kann ich mir zu dem ruhigen, leicht geisterhaften Tune prima eine blinde Omi vorstellen, die auf ihrer Terasse sitzt und einfach all das hört, was in dem Song besungen wird ("Church bell tolling, alsatian barking, radio static, engine running at 18 knots..." usw). Ein schöner und wie gesagt ruhiger Song. Dann wird ein bischen aufgedreht. "Bakersfield" startet mit simplem Gitarrenwirbel, dann setzten mit einem Mini-Break die auf Persil-Trommel-Stil runtergemumpften Drums ein und ein rotzordinäres Gitarrensolo frißt sich trotzdem gleich in Herz und Seele. Und auch der Rest vom Lied macht Spaß. "Kids in the Mall/Kaliningrad" beschäftigt sich inhatlich mit Waffenhandel. Musikalisch hat der Song einen schon fast kriminell abgegriffenen Beat, und trotzdem werden wahrscheinlich nicht mal Biologie-Lehrer still sitzen, so böse swingt es. Klasse! "Waddya?" ist dann die erste von mehreren äußerst empfehlenswerten Balladen, die dieses Album zieren. Schneebesendrums und ein monoton durchlaufendes Echolot-Bing zusammen mit quirlig gezupften Klampfen und unterwassriger Orgel verleihen dem Song seine besondere Note und machen ihn zum ersten eigentlich originellen Stück auf dem Album. Dann folgt mit "Sweetwater" einer dieser perfekten Popsongs, die JBC immer wieder mal ausspucken. Eingängig bis zum Weinen, locker daher-sechachtelnd mit perligen Gitarren und einem "Und jetzt alle!"-Chorus verbreitet dieser Song pure gute Laune, oder, um es mit den Lied selbst zu sagen: "Havanna cigars on the back seat, and I wouldn't have it any other way". Und weil man grade in Pop-Stimmung ist, wird mit "Ghosts" gleich noch einer nachgelegt. Eine simple Keyboardschleife läuft im Hintergrund durch und davor wird eine steinalte Harmoniefolge schamlos ausgebeutet, um einen überraschend flockigen und witzigen Song zu präsentieren. Und dann das große, das schöne, das atemberaubende "Baltic". Ein Lied, so dramatisch und edel, daß ich wirklich nicht weiß, warum man es nur auf der CD findet. Pech für die Vinyl-Freaks. Um eine Ahnung von der Stimmung des Songs zu bekommen, hier erst einmal ein paar Zeilen des Textes:
    " Thinking in squares in binocular time.
    Trailing admirers who all look too young for her.
    Talking in French in unsuitable restaurants.
    Keeping a lost age alive with her perfume.
    Her glamour, her scandal, her dreams and her smokescreens,
    the Church and the veil and the old Russian cigarettes.
    Always impeccable, never in daylight.
    The pale sun of midnight was all that she wanted."
Ja, genau. Und die Mucke paßt einfach eins zu eins. Schleppend, ein wenig düster, mit synthetisch-kühlen Streichern, warmen gezupften Saiteninstrumenten und einem hin und wieder eingestreuten Break, der dem Song immer an der richtigen Stelle neues Leben einpumpt. Das ist das zweite durchaus eigenständige Lied des Albums. Ober-Klasse! Dann aber heißt es "Aufwachen!", denn "Killed out" ist wieder JBC-Rock wie man ihn kennt und liebt. Augen zu und gradeaus! Und als konnte man sich nicht so recht entscheiden, gibt's danach wieder eine Ballade: "Ben" handelt von Ben Silcock, der - nachdem er vom "National Health Service" keine Hilfe gegen seine Schizophrenie bekam - Weihnachten 1992 versuchte, sich selbst im Londoner Zoo den Löwen zum Fraß vorzuwerfen und dabei - wenn auch nicht getötet - so doch ziemlich durchgewalkt wurde. Und selbst dieses nicht eben spaßige Thema versteht die Conspiracy noch in einer Ballade mit etwas Augenzwinkern zu behandeln ("It just can't be done, they weight half a ton and they don't want you going in there..."). Musikalisch ist es ein ruhiges Stück mit ganz klassichem Aufbau und ganz klassischer Instrumentierung, aber auch wieder mit dem klitzekleinen bißchen JBC-Extra. "Penguins" ist dann ein liebes, poppiges Stückchen mit zittrigen Gitarren und Synthie-Glöcken über Pinguine, die ein wenig von der Antarktis erzählen. "President Chang" bietet nochmal mumpfigen Butcher-Rock über Politik und Wahlen. Mit über sech Minuten ein wenig zu lang, aber wer beklagt sich. Abgeschlossen wird das Album dann von "Angel Station", einer weiteren Ballade, die sehr luftig und weit gemixt ist, mit Hall hier und dort und sparsam instrumentiert und so weiter. Sehr angenehm, sehr schön. Und dieser Song geht dann in ein Reprise von "Rosemary Davis" über, in dem das Lied einfach nochmal nur mit einer konstant durchjängernden Klampfe und hin und wieder in den Vordergrund drängendem Gezupfe und Geperle und Gewirre anderer Saiteninstrumente dargeboten wird. Nicht super-überflüssig, aber auch nicht essentiell.

Tja und dann hat es sich. "Waiting for the Love Bus" ist sicher nichts für Leute, die sich zum Frühstück schon Tool reinziehen und dann aber erstmal was komplexeres brauchen. Es ist Rock/Pop ohne Ecken und Kanten oder übergroße Ideen aber trotzdem auf seltsame Art einnehmend und mit richtig guten Texten. Kurz: Eine Scheibe, die Spaß macht!

Langeweile

Ich küsse behutsam Euterpe wach
und schreibe ihr süffige Zeilen.
Ich mache vor Jericho etwas Krach
und lerne die Sehnsucht zu heilen.

Ich schicke Picasso fünf nackte Mädchen,
doch kann er sie nicht malen.
Ich trinke Kaffee mit Faust und Gretchen
und laß sie die Rechnung bezahlen.

Ich schlaf unter eines Königs Bett,
tret einem Kardinal auf die Schleppe,
klaue Shakespeare das erste Sonett,
baue Sysiphos eine Treppe.

Ich trink mit der Pompadour einen Ouzo.
Ich knüpfe den gordischen Knoten.
Ich lausche einem verschnupften Caruso.
Ich haue Shir-Khan auf die Pfoten.

Die Geister, die ich rief, werde ich wieder los,
zu einem vernünftigen Preis.
Ich mache Rast in Abrahams Schoß,
treib Spott auf dünnem Eis.

Ich gähne in Kirchen und schlafe auf Festen,
leide Hunger an vollen Töpfen.
Ich wähne das Paradies im Westen
und gleit aus auf rollenden Köpfen.

Was es bedeutet...

... in den 80ern jung gewesen zu sein.

Ich höre immer wieder Leute, die sich über diese Zeit lustig machen. Oft zurecht, wenn ich mir diverse Moden angucke (denen ich nicht selten selbst zum Opfer fiel). Aber, hey, die Mucke damals? The Icicle Works, The Lotus Eaters, Joy Division, ABC, so ziemlich alles vom 4AD-Label, Echo and the Bunnymen, The Psychedelic Furs, The Pixies, The Smiths etc.

Und eben auch die Pale Fountains, hier und heute vertreten mit Thank You. Ein Klassiker! Bescheuertes Video, okay, aber was für ein Superpopschmalzdrama!

Die Fundgrube

Die Österreichische Nationalbibliothek hat (bereits im Jahr 2003) einen virtuellen Zeitungslesesaal eingerichtet, der es gestattet, online in alten Ausgaben österreichischer Zeitungen herumzublättern. Es sind bereits über drei Millionen Seiten im Netz. Sukzessive sollen dort alle im Bestand vorhandenen Zeitschriften eingescannt werden. Momentan lassen sich die Zeitungen nur nach Datum oder Titel browsen, künftig soll es aber wohl auch eine Volltextsuche geben, was das Ganze natürlich zu einem richtig edlen Internetprojekt macht. Sinn der Sache ist, den Leuten einen Blick in die Vergangenheit zu gewähren, ohne daß die Leser fettige Fingerabdrücke auf zweihundert Jahre altem Papier hinterlassen. Die Originale werden geschont, der sinnliche Reiz des Umblätterns und des Papierraschelns fällt weg, aber die Informationen sind für alle jederzeit vorhanden.

Ich hab mal ein bischen rumgeguckt und auch gleich was Interessantes gefunden (obacht, große Bilddatei):



Aus der Zeitschrift Wiener Bilder von 1936

Schaut Euch mal dort um, wenn Ihr mögt. Die bisher eingescannten Zeitungen reichen bis ins Jahr 1713 zurück, aber die Jahrgänge sind insgesamt noch lückenhaft. Wenn Euch das Projekt reizt, dann schaut öferts mal nach Updates, die ziemlich regelmäßig stattfinden.

Friday, February 16, 2007

Bamberger Wochen, Teil 2

Das Kloster Michelsberg

Eberhard, der erste Bamberger Bischof, gründete im Jahr 1015 das Benediktinerkloster St. Michael auf dem Michelsberg. Wer jetzt ruft "Boah! So'n Zufall! Der Berg heißt genauso wie das Kloster!" der bleibt bitte zum Nachsitzen hier. Das Kloster war ein sogenanntes Eigenkloster, was bedeutet, daß die Äbte nur dem Bischof unterstanden. Der erste Bau wurde schon 1117 zerstört, vermutlich durch ein Erdbeben. Bischof Otto (1102-1139) machte sich dann um das Kloster sehr verdient und wurde dort auch beigesetzt. Nach seiner Heiligsprechung 1189 gelang es dem Kloster, zunehmend Unabhängigkeit von den Bischöfen zu erlangen. Es erreichte in dieser Zeit eine große geistige Blüte und auch finanziell lief's, hatte man doch Grundbesitz in über 400 Orten des Bistums.

Bergab ging es dann stufenweise: Wie viele andere süddeutsche Benediktinerklöster nahm auch St. Michael um 1400 ausschließlich Adlige auf, deren Lebensweise nicht nur durch die Regel des Hl. Benedikt sondern auch durch ihr Selbstverständnis als Adlige bestimmt wurde. Dies führte nicht nur zu Kritik, sondern auch zu echtem Rabatz: 1435 wurde das Kloster von aufgebrachten Bürgern geplündert und verwüstet. Dies zu einer Zeit, zu der man ohnehin schon aufgrund der Hussitenkriege unter erheblichen Zahlungen in die Kriegskasse des Hochstifts litt. Abt Andreas Lang (1483-1502) brachte das Kloster dann wieder auf Kurs, führte die rechte monastische Ordnung wieder ein, brachte Gelehrsamkeit und Frömmigkeit zurück und sorgte dafür, daß dringende Reperaturen ausgeführt wurden. Jedoch: Schon 1525 fallen die aufständischen Bauern über Bamberg und das Kloster her und treiben es gar doll. Während des zweiten Markgrafenkrieges gibt es 1552 gleich noch einen Dämpfer und dann fällt auch noch 1610 die Kirche einem Brand zum Opfer.

Was tun? Gegenreformation! Barock!

Ab 1697 erhielt die Basilika ihre barocke Westfassade durch Leonhard Dientzenhofer. Die beeindruckende Treppe und der pompös fricklige Barock-Hochaltar wurden dann ab 1723 durch den bischöflichen Hofbaumeister Johann Dientzenhofer angelegt. Die verspielte Engelskanzel ist dann schon Rokoko und das Heilige Grab in der Seitenkapelle weist bereits in Richtung Klassizismus. Es gibt einige sehr hübsche und künstlerisch nicht wertlose Bischofs-Epitaphe in der Kirche, die aber erst nach 1833, als der Dom "purifiziert" wurde, von dort auf den Michelsberg gebracht wurden. Der eigentliche Hammer aber ist die Decke der Kirche: Das Herbarium. Fast 600 verschiedene Pflanzen tummeln sich im Mittel-, im Quer- und in den Seitenschiffen. Ob exotisch oder heimisch war ganz egal: Ananas, Baumwolle, Granatapfel oder Tabak sind ebenso zu finden wie Apfel, Birne, Brombeere und Buche. Außer den Pflanzen gibt es noch Singvögel und Papageien zu sehen. Die Malereien sollten die gesamte bekannte Flora repräsentieren, sie können aber auch als Verehrung der Schöpfung gewertet und als eine gegenreformatorische Maßnahme verstanden werden, was den Wert des Kunstwerks ja nicht schmälert.

1803 kam dann die heißgeliebte Säkularisation und somit fiel für die Benediktiner vom Michelsberg der letzte Vorhang. Nichtmal das 800-Jährige konnten die Jungs feiern! Und wir haben noch Glück: Anfangs war von Abriß die Rede. Das Kloster kam aber letztlich in Besitz der Stadt Bamberg, die auf Bitten der Bürgerschaft die alten Spitäler aus der Innenstadt auf den Michelsberg verlegte. Die ehemalige Abtei beherbergt noch heute das Bürgerspital (Altersheim).

YESSS!

Oder, um es mit Brentano zu sagen: "Ein psychisch Tätiges verneint in dem modus praesens ein Durchgefallensein in einem seiner Examen."

Jawoll, die Woche des Grauens liegt hinter mir! Komme soeben vom "Geschichte der Gegenwartsphilosophie"-Examen und habe es bestanden. Epistemologie habe ich schon am Dienstag klargemacht und auch im geflügelten und besteurruderten Ontologie-Examen am Monatg habe ich mich achtbar geschlagen.

Okay, jetzt muß ich dochmal protzen. Nicht nur wegen der eigenen Glorie, sondern auch und vor allem, weil die Geschichte einfach so witzig ist: Also, da war letztes Jahr dieser Typ am Angelicum, der auch bei Professor Holzer das Gegenwartsphilosophie-Examen gemacht hat. Professor Holzer ist Schweizer, fachlich ungeheuer firm, menschlich wahnsinnig nett und unterhaltsam aber o-ber-an-spruchs-voll. Wer da nicht den Aristoteles auf Griechisch rückwärts zitiert und dabei mit drei rohen Eiern jongliert, der kriegt dann halt auch keine 10 Punkte. Das Holzersche Geschichts-Examen sieht so aus, daß man einen von drei Textschnipseln, die mit dem Gesicht nach unten präsentiert werden, ziehen muß. Das ist dann immer ein Ausschnitt aus einem Text eines der 12 im Kurs behandelten Philosophen (Kant, Hegel, Feuerbach, Marx, Schopenhauer, Kierkegaard, Nietzsche, Comte, Mill, Brentano, Frege, Bergson. Keine Panik, liebe Philosophen: Die Phänomenologen und Analytiker folgen im zweiten Semester). Dann guckt man sich den Text an und sagt, wer der Author ist und breitet anhand des Textes dessen Philosophie ein wenig aus. Der Typ im letzten Jahr hatte sich für das Examen nur auf einen EINZIGEN der Philosophen (Mill, glaube ich) anständig vorbereitet. Und was geschieht? Logo, er zieht Mill und tütet ganz dick ein. Naja, jetzt kommt in diesem Jahr der kleine Herr Alipius an und hat sich auf ALLE Philosophen super-anständig vorbereitet, bis auf einen, namentlich Hegel. Und was geschieht? Ich ziehe natürlich Hegel! Argh! Immerhin erkannte ich auf den ersten Blick, daß es Hegel war und war damit schonmal denen voraus, die so obskures Zeugs aufgetischt bekommen, daß sie nicht mal den Autor erkennen können. Ich hab dann brav von Logik, Natur, Geist, Schlüssen etc erzählt (ohne wirklich zu wissen, was ich tue). Dann kam das Gespräch auf Hegel und Religion und - aus welchem Grund auch immer - ich hatte doch tatsächlich zwei Sätze aus dem Hegel-Manuskript wörtlich im Kopf, die sich direkt darauf bezogen und die ich dann auch gleich mal brav zitierte und erläuterte, wobei die Augen des Professors sich zum ersten Mal weiteten (nach dem Motto: "Hey, der Kerl hat ja doch einen Puls!"). Und am Ende erfuhr ich dann, das es gereicht hat! YEAH!

Jetzt sitze ich bei strahlendem Sonnenschein am Laptop, höre Melissa auf der Maur's großartiges Soloalbum, trinke Milchkaffee und teile meine Freude mit der geneigten Leserschaft. Jetzt muß ich nur noch ein Semester Philosophie und die Abschlussexamen überstehen, dann geht's ab in die Theologie.

Oh, Abschlußexamen: Da hörte ich doch just am Dienstag, daß die Note des Abschlußexamens 60% der Gesamt-Philosophie-Note ausmacht. Da gibt man sich doch die Kugel! Zwei Jahre wackeres Studieren inklusive Einheimsen nicht weniger Zehner können dann innerhalb von zwei Stunden in Trümmer sinken, wenn man ein Thema kriegt, das einem nicht liegt. Das wird ein lustiges Vierteljahr.

Alles Liebe,
Alipius

Tuesday, February 06, 2007

Ethik (Reprise)

Ich habe auf meinen "Straßenbahn-Ethik"-Artikel einen Kommentar von Frank erhalten. Es klingt ziemlich nach Physik und ich neige fast zur Annahme, daß es sich um Frank Timphus handelt, könnte aber auch falsch liegen. Solltest Du es sein: "Hi! Schön, mal wieder von Dir zu hören. Ich freue mich auf den 15. September!"

Okay, ich mache den Kommentar hier publik und antworte auch darauf. Nicht nur aus Eitelkeit, sondern weil es ein großes und breites Thema ist und vielleicht andere Leute Interesse haben, darüber ein wenig zu lesen oder vielleicht gar sich einzuschalten.

Also, zuerst einmal der Kommentar:
    "Hmh, der Bogen zur Ethik ist sehr interessant, aber ich möchte auf den naturwissenschaftlichen Aspekt des ersten Absatzes zurückkommen. Der deutsche/österreichische Ansatz sieht auf den ersten Blick menschenfreundlicher aus, aber ist das nicht nur eine Frage der Effizienz? Nicht weniger, aber auch nicht mehr, beschreibbar mit den Gestzen der Hydrodynamik, d.h. alles eine Frage des Druckunterschieds und eine Frage der Sequenz, wann wo der Druck auftritt. Die Verhaltensweise hängt dann davon ab, was man als Gemeinschaft erreichen will UND welche Diziplin man dafür aufbringen möchte. Ethik ist dabei für mich recht weit hergeholt. Oder lässt sich schließen, dass die Italiener weniger Ethik haben als die Deutschen, während letztere weniger Ethik haben als Engländer, die eine Schlange bilden, um einzusteigen?

    Nun stehe ich aber vor einem Problem, denn ich würde ja mal gerne etwas über die fundamentalen Normen und Werte lernen. Bisher habe ich da ein sehr naives Verständnis, dass mir sagt, dass wir auf der Suche nach fundamentalen Werten noch lange nicht zuende ist. Ok,Ok, alles geht zurück auf einen unendlich gütigen Gott, aber der hat sich in den vergangenen 3000 Jahren sehr unterschiedlich manifestiert, bzw. wurde sehr unterschiedlcih interpretiert. Je nach Umgebung, sozialer, wirtschaftlicher Situation, Herrschaftsform, Informationsstand, usw.usw. gibt es auch eine sehr unterschiedliche Ethik. Was sind denn z.B. diese extremen Umstände, die es erlauben einen Menschen zu töten?

    Um die Kurve zu kriegen: Das Handeln von Menschen ist evtl. nur dadurch bestimmt das eigene Leben zu verbessern (gemeinsam sind wird stark, ich helfe damit mir geholfen wird). Das ist eine logische Folge, ein Naturgesetz. Wo aber ist die Grenze, an der darüber hinausgehenend eine (göttliche) Ethik anfängt?"
So weit, so gut. Es gibt einige interesante Punkte hier, die ich nun ansprechen möchte:

Ich muß vielleicht erst einmal voranstellen, daß sich Gott für mich als Katholischen Christen nur einmal manifestiert hat, nämlich in der uns in Form der Heiligen Schrift zur Verfügung stehenden Offenbarung. Einzuräumen, daß andere "Manifestationen" vergleichbare Gültigkeit besitzen ist nicht etwa deswegen undenkbar, weil ich so ein Sturkopp bin, sondern weil dies Gott schlicht und einfach zu einem Lügner machte, was er aber nicht sein kann.

Die Grenze, wo die (göttliche) Ethik beginnt, ist dort, wo der absolute Wert der individuellen Person erkannt wird. Ein dem Utilitarianismus anhängender Verfechter des Kommunismus hätte keine Probleme damit, 2.000 reiche Grundbesitzer zu töten, wenn dies zur Errichtung eines kommunistischen Staates und somit - seiner Meinung nach - zur Verbesserung unseres Lebens beiträgt. Tatsächlich könnte dies nicht nur unter dem "Gemeinsam sind wir stark"-Aspekt sondern auch unter "Ich helfe, damit mir geholfen wird" eingeordnet werden (Ich helfe, indem ich die Order gebe, die Grundbesitzer zu töten und mir wird geholfen, indem mir entweder im künftigen kommunistischen Paradies die entsprechenden Credits angerechnet werden oder ich zumindest als Gleicher unter Gleichen ohne irgendwelche Repressionen ein bestimmtes Ideal verfolgen kann). Wenn man um den Wert anderer Personen weiß und sie tatsächlich als - wenn auch nur potentiell - an Gottes Liebe und Weisheit teilhabende Individuen erkennt, dann läßt man sie leben.

Philosophisch betrachtet ist das Gute (auf eine rauhe, primitive, vor-moralische Art) das, was geliebt wird. Wird etwas geliebt, ist es gut (etwa analog zu: Wird etwas gesehen, ist es Farbe). Nun hat alles, was existiert, eine gewisse Inklination im Hinblick auf seine eigene Existenz. Natürlich kann man bei einem Stein nicht im strengen Sinne von einer Affinität zur Existenz reden, aber zumindest bei animierten (Pflanzen), empfindenden (Tieren) und vernunftbegabten (Menschen) Substanzen sieht man, daß sie den Weg gehen, der der Erhaltung ihrer Existenz förderlich ist. Und daher - weil es geliebt wird - ist das Sein als solches gut. Das bedeutet natürlich nicht, daß alle Dinge einfach so wie ein Puzzle sich reibungslos zusammenfügen. Aber es heißt, daß dort, wo das Sein an sich ist, auch das Gute ist. Und das hebt die Aussage über einen vermeintlichen metaphysischen Optimismus reicher Konservativer ("Die Dinge sind gut, so wie sie sind") hinaus auf eine Ebene, wo das Sein als solches tatsächlich nicht nur einen berechtigten Ruf nach Unversehrtheit in die Welt schickt, sondern - der Dynamik des Guten folgend - auch der Empfänger dieses Rufes die Verpflichtung hat, ihm nachzukommen.

Und hier erreichen wir die fundamentalen ethischen Normen: Es gibt Dinge, die im Umgang mit anderen Existenzen absolut zu unterlassen sind und Dinge, die zu tun wir uns anderen Existenzen gegenüber verpflichtet sehen. Hier spielt natürlich der andere Mensch eine übergeordnete Rolle. Grundsätzlich ist aber auch z. B. das Leben einer Mücke zu schonen und es geht nicht an, daß wir sie einfach aus Lust und Laune zerquetschen. Wenn die Mücke sich aber anschickt mich anzuzapfen, dann ist es ethisch vertretbar sie zu pürieren, da ein der Schöpfungsordnung und auch dem Baum des Porphyrus zufolge unter dem Menschen stehendes Wesen sich nun mal dem Wohle des Menschen zu beugen hat. Deswegen ist nach katholischem Verständnis übrigens auch Fleischgenuss keineswegs ein Irrweg (mit diversen abartigen Formen der Massentierhaltung ist das anders). Das Problem hier: Wo ziehen wir die Bremse? Klar, die Schöpfung ist für den Menschen gemacht. Aber ist der Mensch reif genug, mit ihr verantwortungsvoll umzugehen? Momentan sieht es nicht so aus. Und auch hier betritt wieder die (göttliche) Ethik die Bühne: Gott verneinend wird man nicht weit kommen, wenn man den Leuten so etwas sagt wie: "Haltet den Ball mal flach, sonst ist für die nächsten Generationen wenig übrig". Da kann die Antwort leicht lauten: "Na und? Wer soll mich dafür bestrafen? Hauptsache, es reicht noch für mich!" Erst wenn man erkennt, daß nachfolgende Generationen nicht nur das Bedürfnis, sondern auch das Recht haben in einer einigermaßen intakten Welt zu leben, wird man ethisch korrenkt handeln können. Im "Gemeinsam sind wir stark"-Modus sind die nächsten Generationen nur ein Hirngespinst, da sie, als noch nicht Geborene, noch nicht ihren Beitrag zum Gemeinsamen leisten können. Im "Jeder Mensch besitzt einen absoluten Wert"-Modus sind die nächsten Generationen - von denen man weiß, daß sie existieren werden - eingeschlossen (vorausgesetzt unser momentanes Verständnis vom Beginn des Lebens läßt künftig noch Geburten zu).

Aber zurück zum berechtigten Ruf nach Unversehrtheit: Je früher man beginnt, hierfür ein Verständnis zu entwickeln, desto besser. Und je niedriger das Level, auf dem dieses Verständnis in die Tat umgesetzt wird (aus der Straßenbahn aussteigen lassen), desto größer die Wahrscheinlichkeit, auch auf anspruchsvollerem Niveau (Verzicht auf Rufmord, Diebstahl, Gewalt) korrekt zu handeln.

Und noch etwas: Wenn man den Fall setzt, daß physikalische Gesetze zur Erklärung gewisser zwischenmenschlicher Phänomene ausreichen, wie liegt es dann zum Beispiel mit den Horden von Teens und Twens, die sich sowohl in Deutschland und Österreich als auch in Italien in den Bussen und Bahnen bequem auf Sitzplätzen herumlümmeln, währen vor ihren Augen ein altes Mütterchen sich mit Händen und Füßen und dritten Zähnen an die Haltestangen klammert? Würden physikalische und biologische Intuition hier nicht verlangen, daß ich als Kid oder junger Erwachsener aufspringe und die Oma sitzenlasse, damit der unkoordiniertere Körper nicht (aufgrund nicht vorhandener Trägheitspuffer) plötzlich nach einer Vollbremsung auf meinem Schoß landet oder beim Herumstolpern mit dem Ellbogen gegen meinen Kopf schlägt? Eigentlich sollte es doch so sein. Trotzdem sind es aber in der Regel 40 bis 60-jährige Damen und Herren (die in ihrer Erziehung noch mit (göttlicher) Ethik konfrontiert wurden), die entweder ihren Platz räumen, oder die Kurzen wenigtens auf ihre Pflichten aufmerksam machen (und sich dann hin und wieder noch eine schräge Anmache einfangen).

Impliziert der physikalische Ansatz nicht, daß die Menschen überall auf der Welt die gleiche Chance haben, gewisse Mechanismen zu verstehen und zu durchschauen, da kein Gott ihnen hilft und sie erleuchtet? Und ist es dann nicht mindestens ebenso absurd zu behaupten, Italiener seien weniger physikalisch begabt als zu sagen, sie besäßen weniger Ethik?

Logo, der physikalische Ansatz ist nicht von der Hand zu weisen. Aber er reicht meiner Meinung nach nicht aus, um ethische Phänomene zu erklären. Denn wo ist z.B. die Physik, wenn Ordensleute sich in die dritte Welt begeben und im Dienste Anderer Leib und Leben riskieren? Wo ist die Physik, wenn man als Geschäftsmann nicht auf Umsatz, sondern ausschließlich auf Profit schielt und das Wohl der Arbeiter diesem unterordnet? Wo ist die Physik, wenn sich bei "Vera am Mittag" Mutter und Tochter unter Zuhilfenahme derbster verbaler Nuklearbomben über eine zerquetschte Zahnpastatube streiten? Hier handelt es sich um vorhandenes oder mangelndes ethisches Verständnis.

Der einzige mir einleuchtende und bekannte Fall, in dem es erlaubt wäre, einen Menschen zu töten ist der der Selbstverteidigung. Aber auch hier sollte man natürlich erstmal versuchen, dem Anderen das Messer aus der Hand zu schießen, bevor man aufs Herz zielt ;-)

Naja, soweit meine fünf Pfennig an Weisheit.

Alles Liebe,
Alipius

Monday, February 05, 2007

Bzgl. des vorherigen Eintrags:

Das erklärt alles!

Straßenbahn-Ethik

Eine alte physikalische Weisheit besagt, daß zwei Körper nicht gleichzeitig denselben Raum einnehmen können. Da der Innenraum einer Straßenbahn im Vergleich zu einem Bürgersteig begrenzt ist, macht es daher Sinn, daß an einer Haltestelle die Fahrgäste erst aussteigen, bevor die Wartenden einsteigen. Um diesen Prozess wiederum so geschmeidig wie möglich zu gestalten, bietet es sich an, daß (Abb. 1) die Wartenden einen möglichst breiten Weg freihalten oder wenigstens (Abb. 2), sich so positionieren, daß am Ende eines eventuell sich bildenden Trichters noch ein Ausweg besteht. So kannte ich es bisher aus Ländern wie Deutschland oder Österreich.

Willkommen in Italien: Hier sieht es so aus (Abb. 3), daß, wenn die Türen der Bahn sich geöffnet haben, man sich als aussteigender Fahrgast einer nervös mit den Hufen scharrenden Meute gegenübersieht, die nicht nur eng geschlossen im Halbkreis die Türe belagert, sondern sich auch noch langsam vorwärts schiebt. Das kreiert dann auf der Türschwelle eine hübsche Moshpit, in der nur eines zählt: Für die Einsteigenden der Sitzplatz und für die Aussteigenden das nackte Leben. Hab's heute morgen (auf dem Weg zum Ethik-Examen, das ich nicht glorreich aber immerhin bestanden habe) wieder erleben dürfen.

Apropos Ethik: Ich weiß, es ist ein weiter Bogen, aber liegen diese Art von Verhalten und das Töten eines Sicherheitsbeamten während eines Fußballspiels nicht zumindest auf derselben Route? Jede individuelle Person besitzt einen absoluten Wert. Dieser wird ihr nicht von anderen Personen verliehen, sondern von Gott. Der Mensch ist das Subjekt, in dem der simple, absolute Wert der unendlichen Gutheit Gottes sich in Wissen und Liebe wiederfindet. Der Mensch ist Träger dieser Güte und hat somit Anteil an der Güte Gottes. Wenn der Mensch nun aber nur jemand ist, der mir beim Einsteigen der Straßenbahn im Weg steht und nicht jemand, dem gegenüber ich aufgrund seines Wertes auf eine gewisse Art verpflichtet bin (in unserem Fall: Weg freimachen), dann kann der Mensch ja im nächsten Moment auch jemand sein, der nicht etwa aufgrund seines Alters einen Anspruch auf meinen Sitzplatz hat, sondern nur jemand, der annimmt, mir wegen seiner Tatterigkeit meinen Sitzplatz wegnehmen zu dürfen. Und dann kann er mich mal gern haben (wie täglich im römischen Personennahverkehr beobachtet). Dann machen wir dieser Logik folgend noch ein paar Schritte mehr auf dem falschen Weg und plötzlich ist der Mensch nichts weiter als ein lästiger Störenfried, der nicht zulassen will, daß ich randaliere, Gewalt ausübe und Fans der gegnerischen Mannschaft verletze. Dann muß er halt weg, und im Eifer des Gefechtes greift man dann auch mal zu etwas drastischeren Mitteln. Der Heilige Thomas von Aquin war überzeugt, daß keine Gesellschaft je so kaputt sein könnte, daß sie die fundamentalen Normen des Naturgesetzes nicht anerkennte. Diese Normen werden direkt von der Natur der guten Dinge selbst bestimmt und legen unter anderem eben fest, daß andere Menschen nicht zu verletzen und schon gar nicht zu töten sind, es sei denn, bestimmte extreme Umstände erfordern es. Und wo sind die Umstände, die es erfordern, aus einem Fußballspiel eine Gewalt-Party zu machen? Oder Schwächere zu piesacken? Oder einer Oma keinen Sitzplatz anzubieten? Oder Leute nicht anständig aus einer Straßenbahn aussteigen zu lassen?

Friday, February 02, 2007

Hörst Du!

Belly's Star (1993) war eine Woche nach seinem Erscheinen eins meiner Lieblingsalben und ist es auch heute noch.

Tany Donelly hatte damals nach dem Ausstieg bei den Throwing Muses und der nicht so recht fluppenden Kooperation mit den Breeders ihren "Menno! Niemand will meine Songs auf seinen Alben veröffentlichen"-Frust. Irgendwie mußte die geballte Kreativität dann wohl raus. Also: Flugs eine eigene Band gegründet und ein Album rausgebracht, das nur eigene Songs enthält. Und was für welche!

Der Opener Someone to die for ist kurz und sanft. Stimme und Gitarre und ein Text, der gleich klarmacht, daß hier auch mal ein paar andere Geschichten erzählt werden ("Would you lay your body down on the tracks for her? Step one tiptoe in hell for her?"). Nicht jedermanns Geschmack, aber definitiv abseits von normal. Mit Angel und Dusted folgen dann zwei gitarrenlastige, flotte, rockige Nummern die so richtig Spaß machen. Every Word tritt die Bremse, bevor auf Gepetto dann Sechsachtelpop vom Allerallerfeinsten losbricht und Tanya uns von einem puppenentköpfenden Kind erzählt. Witch ist dann wieder eine ganz ruhige und etwas spukige Angelegenheit ("You're not safe here, in some witch's bed."). Slow Dog startet mit schräg-zapplig-punkiger Strophe und geht dann im Chorus mitreißend los. Hier zeigt sich auch, daß es keine Schande ist, mangelnde Stimmqualität durch den Gebrauch von mehreren Vocals-Spuren auszugleichen. Klappt prima. Der Song endet recht abrupt und macht Platz für Low Red Moon, einen wunderbar hypnotischen Ohrwurm, der irgendwo hinter seinen Bergen von monotonen Drums und Klampfen eine Stummfilmorgel mitflimmern läßt. Zu Feed the Tree muß, glaub ich, nicht mehr so arg viel gesagt werden. Es war ein Hit und dies zurecht. Full Moon, Empty Heart fängt auch erstmal nur mit Gitarre und Stimme an, lädt dann aber Bass und Drums zu einem hübschen Groove ein und entwickelt sich zu einem großen Song, in dem es wieder ein paar dieser leicht verstörenden Textpassagen gibt ("Out the window backwards"). White Belly finde ich nicht so spektakulär. Es ist kein übles Stück, aber es packt mich irgendwie nicht so wie der Rest der Platte. Untogether ist da schon eine ganz andere Geschichte. Wieder wird Tanya nur von ihrer Gitarre begleitet und erzählt zu einem wirklich tollen Lied durchgedrehte Geschichten von Schiffbruch mit Fröschen, Parties mit Vögeln, die auf ihrem Rücken nisten und kommt dabei noch zu der Erkenntnis "Sometimes there's no poison like a dream". Auf Star, dem Titelsong, darf die Rhythmus-Sektion immer noch nicht zum Spielen rauskommen, was dem Song aber keinen Abbruch tut und sich auf Sad Dress auch schnell ändert. Ein etwas sumpfig produzierter, schnoddrig abgelieferter aber gut swingender Song. Auf Stay, dem letzten Track, wird's dann fast hymnisch. Langsam, schlepend, mit jammernder Violine, klagenden Gitarren und klagenderem Gesang drückt der Song während seiner ganzen Dauer genau das aus, was der Titel besagt: "Bitte geh nicht weg!" Tut er dann aber doch, der Song, und eine absolut hörenswerte CD findet nach 50 Minuten ihr Ende.

Belly's zweiter Longplayer King wurde übrigens seinerzeit von einigen Kritkern gnadenlos zerrissen, was aber ungerechtfertigt war. Der einzige Nachteil von King ist, daß Bass-Ass und Namens-Ass Fred Abong durch Gail Greenwood ersetzt wurde. Die ist zwar Weltmeisterin im Posen, ist aber am Bass mehr eine Handwerkerin im Dienste des gepflegten Rock als eine Künstlerin. Die Songs auf King sind einwandfrei und wer von Star nicht genug kriegen konnte wird hier gut bedient (und hat die Scheibe wahrscheinich eh schon im Rack).

Tja, schade daß diese Klasse-Band sich nach nur zwei Alben wieder aufgelöst hat.

Spätbarocker Hochsommer

Ein schwerer Körper schreitet
durch einen großen Raum.
Gravität und Fieber,
Gegenwart und Flucht.
Streifen milchigen Lichtes
gleiten, tasten und streicheln.
Zwei Füße berühren
berühren nicht
berühren
den Boden.

Die Sonne betrachtet Häuser und Kirchen,
wärmt Sandstein, Kupfer und Holz.

Die langsame Welt duftet und lauscht
den Stimmen kleiner Tiere.

Ein Apfel fällt und
wird gefangen.

Türen stehen offen.

Thursday, February 01, 2007

Als ich neulich "Germanistan" sagte...

... da meinte ich natürlich eigentlich "Eurabien":
    "Vi måste vara öppna och toleranta mot islam och muslimerna för när vi blir i minoritet kommer de att vara det mot oss."
    "Wir müssen dem Islam und den Moslems gegenüber offen und tolerant sein, denn wenn wir eine Minorität werden, dann verhalten sie sich uns gegenüber auch so."


    Jens Orbach, Minister der sozialdemokratischen Regierung in Schweden.

Ach, was wird das schön, wenn wir endlich die Früchte der idiotischen Selbsterniedrigung, der kleinmütigen Identitätsverleugnung, der quasi-faschistoiden Political Correctness, der anbiedernden Multi-Kulti-Tümelei, der Tyrannei der Nettigkeit, des Siegeszugs der Lüge und der Diktatur des Relativismus genießen können. Ein englischsprachiger Kommentator hat diese Art von Europäischen Politikern zurecht als die neuen Marie Antoinettes bezeichnet:
    "Dann sollen sie doch Kebab essen!"

Wie wir so tief sinken konnten? Ich glaube, daß Ihr alle es wißt.

Ist doch wahr: Man kann sich nicht einmal mehr in Ruhe auf die Examen vorbereiten.