Friday, December 07, 2007

Die Fünf Wege (I)

Jetzt, wo die Atheisten es allerorten so doll treiben, hab ich irgendwie Lust, mal die fünf Wege des Heiligen Thomas, mit denen sich das Dasein Gottes beweisen läßt, zu präsentieren. Unkommentiert und nur mal so für den Genuß. Mir ist dabei auch schnuppe, welcher dieser Wege heutzutage und nach modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen noch haltbar ist und welcher nicht. Meiner Meinung nach sind es alle Fünfe. Heute gibt's also den ersten Weg. Es sei angemerkt, daß für Thomas "Bewegung" nicht nur örtliche Bewegung, sondern auch Generation und Korruption, Zunahme und Abnahme und qualitative Veränderung bedeutete. Check it:

    Prima Via

    Der erste und nächstliegende Weg geht von der Bewegung aus. Es ist nämlich gewiß und steht durch Sinneswahrnehmung fest, daß es in dieser Welt Bewegung gibt.

    Alles aber, was in Bewegung ist, wird durch etwas anderes bewegt. Denn in Bewegung ist etwas nur, sofern es sich in Möglichkeit (in potentia) hinsichtlich dessen befindet, woraufhin es in Bewegung ist. Etwas bewegt aber, sofern es in Wirklichkeit (actu) ist. Bewegen ist nämlich nichts anderes, als etwas aus der Möglichkeit in die Wirklichkeit überführen. Aus der Möglichkeit kann etwas aber nicht in die Wirklichkeit überführt werden außer durch etwas, das in Wirklichkeit ist.

    Zum Beispiel macht ein der Wirklichkeit nach Heißes - wie etwa das Feuer - das Holz, das der Möglichkeit nach heiß ist, zu einem wirklich Heißen und bewegt und ändert es dadurch. Es ist aber nicht möglich, daß etwas in ein und derselben Hinsicht zugleich in Wirklichkeit und in Möglichkeit ist, sondern nur in verschiedener Hinsicht. Was nämlich der Wirklichkeit nach heiß ist, kann nicht zugleich der Möglichkeit nach heiß sein; wohl ist es zugleich der Möglichkeit nach kalt. Also ist es unmöglich, daß etwas in derselben Hinsicht und auf dieselbe Weise bewegend und bewegt ist oder sich selbst bewegt. Es muß daher alles, was in Bewegung ist, durch etwas anderes bewegt werden.

    Wenn also das, wovon etwas bewegt wird, in Bewegung ist, so muß es auch selbst von einem anderen bewegt werden, und dieses wiederum von einem anderen. So kann man aber nicht ins Unendliche fortgehen, weil es dann kein erstes Bewegendes und infolgedessen überhaupt nichts gäbe, das etwas anderes bewegt. Denn die Sekundärbeweger bewegen ja nur kraft ihres Bewegtwerdens durch einen Erstbeweger. Zum Beispiel bewegt der Stock nur dadurch, daß er von der Hand bewegt wird.
    Also gelangt man mit Notwendigkeit zu einem Erstbeweger, der von niemandem bewegt wird.

    Und diesen erkennen alle als Gott.
Hübsch, gell?

4 comments:

dilettantus in interrete said...

Tja, ja mein Patron!

Gregor Kollmorgen said...

Ahhhh, Alipius, ganz hervorragend, die quinque viæ!
Welche Übersetzung benutzt Du? Da ich mir vor ein paar Jahren mal den Spaß gemacht habe, sie selbst zu übersetzen, bin ich einfach mal so frei, das hier wiederzugeben. Hier also der erste Weg, der aristotelische Bewegungsbeweis:
"Der erste aber und handgreiflichste Weg ist der, der von der Bewegung her genommen wird. Sicher ist nämlich und es stimmt mit der Sinneswahrnehmung überein, daß etwas in dieser Welt bewegt wird. Alles aber, was bewegt wird, wird von einem anderen bewegt. Nichts nämlich wird bewegt, es sei denn demgemäß, daß es im Mögestand ist hin zu dem, zu dem es bewegt wird; es bewegt aber etwas demgemäß, daß es in der Wirklichkeit ist. Bewegen ist nämlich nichts anderes als etwas vom Mögestand in die Wirklichkeit zu führen; vom Mögestand kann aber etwas nur in die Wirklichkeit geführt werden von einem Seienden, das in der Wirklichkeit ist, so wie etwas wirklich Warmes, wie Feuer, Holz, das mögeständlich warm ist, dazu bringt, wirklich warm zu sein, und es dadurch bewegt und ändert. Unmöglich ist es aber, daß dasselbe zugleich wirklich und mögeständlich hinsichtlich desselben (Zustands) ist, sondern nur hinsichtlich unterschiedlicher (Zustände); was nämlich in Wirklichkeit warm ist, kann nicht zugleich im Mögestand warm sein, sondern ist zugleich kalt im Mögestand. Unmöglich ist also, daß etwas hinsichtlich desselben (Zustands) und auf dieselbe Weise (zugleich) ein Bewegendes und ein Bewegtes ist, oder (mit anderen Worten) daß es sich selbst bewegt. Alles also, was bewegt wird, muß notwendig von einem anderen bewegt werden. Wenn also das, von dem es bewegt wird, (selbst) bewegt werden sollte, muß auch das (wiederum) von einem anderen bewegt werden und jenes von (noch) einem anderen. Hier kann man aber (auch) nicht ins Unendliche fortschreiten, denn dann gäbe es nicht etwas als erstes Bewegendes; und demzufolge auch nicht etwas ein anderes Bewegendes, denn zweite Bewegende bewegen nur dadurch, daß sie vom ersten Bewegenden bewegt sind, wie ein Stab nur dadurch bewegt, daß er von der Hand bewegt wird. Also muß man notwendigerweise zu einem ersten Bewegenden gelangen, daß von niemandem bewegt wird, und dies verstehen alle als Gott."

Der Herr Alipius said...

Ich benutze die Übersetzung von Professor Horst Seidl, bei dem ich am Angelicum die Geschichte der alten Philosophie studiert habe.

Finde ich gut, daß Du eine eigene Übersetzung gemacht hast. Ich täte das auch gerne mal, aber im Moment ist mein Kopf so voll mit verschiedenen deutschen und englischen Übersetzungen, daß ich kaum eine ganz eigene zustande brächte.

Gregor Kollmorgen said...

Tja, das ist der Vorteil davon, wenn man, wie ich damals, noch völlig unbeleckt ist und sich das als Autodidakt aneignet. Natürlich sollte man dabei nicht stehenbleiben, es entgeht einem wahnsinnig viel, und vieles versteht man auch erstmal gar nicht, aber dafür kann man alles ganz frisch wahrnehmen und sortiert es nicht gleich in fertige geistige Ablagen ein.