Oh Mann!
Da saß ich doch ewig lang über meiner am 16. Januar veröffentlichten Liste von Lieblingsalben und habe eines der allerwichtigsten vergessen! Der Schlag traf mich, als ich eben mit dem Taxi durch den strömenden Regen Roms ins Kolleg fuhr und plötzlich
"Appetite" von
Prefab Sprout im Radio lief.
Um diese unverzeihliche Nachlässigkeit wieder gut zu machen, widme ich dem zweiten
Prefab Sprout-Album nun einen ganzen Blog-Artikel. Das Album erschien 1985 (Boah! So lange ist das schon wieder her?) in Europa unter dem Titel
"Steve McQueen", in den USA heißt es
"Two Wheels Good". Familie McQueen hatte seinerzeit gegen den Namen protestiert. Wahrscheinlich beißen sie sich heute ins Hinterteil, denn eine bessere Werbung als diese Scheibe wird Steve McQueen nie wieder bekommen.
Aaaaalso: Wer zeitgenössische Musik mag, aber weder auf plumpes Gitarren-Gebrettere noch auf obszön einfallslosen Dosen-Pop oder überkandidelt frickliges Pseudo-Gejazze steht, sondern auf smarte, romantische, gut arrangierte, vor Hooklines nur so strotzende Pop-Juwelen, der erhebe sich bitte nun von seinem Sitz, gehe in den nächsten Plattenladen und kaufe sich dieses Album. Gibt's im Laden nicht? Fein, dann bestellt es halt bei Amazon oder ersteigert es bei e-bay. Aber bitte, bitte, bitte: Holt es Euch!
Die Songs im Einzelnen:
"Faron Young": Ein zappeliger Country-Shuffle mit eingebauter Mit-Wipp-Garantie.
"Bonny": Ein sublimes Romantik-Juwel, in dem Wendy McAloon's feenhafter Background-Gesang einen davonträgt.
"Appetite": Toller Einstieg in einen treibenden Song mit flirrendem Streicherteppich im Ohrwurm-Chorus.
"When Love Breaks Down": Die düstere Seite der Liebe, verpackt in ein zart startendes und in einem unvergeßlichen Refrain endenden Meisterwerk.
"Goodbye Lucille #1": Noch dezenter startend als der vorherige Song, dafür auch wüster endend, mit einem herrlich klagenden Gitarren-Solo.
"Hallelujah": Und wieder schlägt Wendy groß zu, in einem Stück, das man nicht oft genug hintereinander hören kann, weil es einerseits so gnadenlos logisch abläuft und andererseits doch so voller Gefühl ist.
"Moving the River": Das wäre wahrscheinlich mein Lieblingssong auf dem Album, wären nicht mindestens sieben andere Stücke ebenso stark. Wieder ein sanfter Einstieg, langsame Steigerung und dann, nach einer mit total unspektakulären und dennoch hochwirksamen Bongos garnierten Bridge ein Refrain, der im Ohr kleben bleibt wie Kaugummi im Hochsommer an der Schuhsohle.
"Horsing Around": Cooles, jazzoides Cocktailbar-Teilchen mit Bläsertupfern.
"Desire as": Wenn ich das am wenigsten überzeugende Stück der Platte wählen müßte, so wäre es dies. Was bei einem solchen Hammer-Album aber wirklich nicht viel zu sagen hat. Die eigentliche Schwäche ist wohl, daß es mit 5:20 einfach ein wenig zu lange dauert.
"Blueberry Pies": Übertriebene Länge kann man diesem ober-lässigen Zweieinhalbminüter nun wirklich nicht vorwerfen.
"When the Angels": Und zum Schluß wird noch mal so richtig mitgezuckt, zu treibendem Baß und Drums, die so tight sind wie ein Entenarsch.
Auf der CD-Version gibt es noch drei Extra-Tracks, die ich aber nicht so gut kenne und daher auch nicht näher beschreibe.
Warnung: Die Platte ist ein sogenannter "Grower", daß heißt, daß man sie nach dem ersten hören als "Nicht übel, aber haut mich nicht um" abtut. Aber dann erinnert man sich an diese eine Hookline, summt sie einen halben Tag lang vor sich hin, legt die Scheibe nochmal auf und ab dann, spätestens ab dem dritten Mal, gibt es kein zurück mehr. Glaubt's mir.
Ach, was für ein Klasse-Album! Jetzt sitze ich hier in Rom, habe mir den Mund wässrig geschrieben und die Scheibe ist daheim im Stift! Gnarzwarz!
Also, Freunde der überdurchschnittlichen Populär-Musik, die Mission ist klar: Legt euch diese Platte zu!
Abschließend seien noch zwei weitere Alben lobend erwähnt, die ich ebenfalls in meine Liste aufzunehmen vergaß:
"A Rush Of Blood To The Head" von
Coldplay ist wahrscheinlich den Meisten bekannt. Wenigstens die Über-Single
"Clocks" hat jeder mal gehört. Schade, daß die Jungs durch übermäßige Medienpräsenz und Extrem-Preiseinheimsing bei den Kritikern etwas an Popularität eingebüßt haben. Aber das ist ja häufig deren Lebenszweck und Existenzberechtigung: Die Leute erst hochjubeln und dann in den Dreck treten um sich am nächsten Hype wichtig zu tun.
"Glee" vom neunköpfigen kanadischen Musik-Kollektiv
Bran van 3000 ist möglicherweise etwas unbekannter, wobei ich aber wette, daß jedermann sofort "Ach so, das!" ruft, wenn
"Drinking in L.A." oder
"Afrodiziak" angespielt werden. Die Platte ist ein wahnwitziger und unglaublich unterhaltsamer Stilmix aus Trip-Hop, Metal, Reggae, Soul, Rock, Pop, Hip-Hop, Western. Wäre dieses Album eine Pizza, dann hieße sie "Quattordici Stagioni".