Friday, February 24, 2006

Wer Kunst mag...

... und sich fragt, wo ich die witzigen Prälaten-Gemälde für meine beiden "Was sie damals so trieben..."-Beiträge gefunden habe, der sollte mal im Art Renewal Center (ARC) vorbeischauen. Das ist eine Internet-Seite, die sich der Wiederbelebung der Kunst der großen akademischen Meister der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschrieben hat. Das ARC spricht sich dezidiert und mit ziemlich unerschrockener Wortwahl gegen jegliche Art von stümperhaften Schock- und Schluder-Modernismus aus und vertritt die Meinung, daß nur dort, wo man auf das solide Fundament eines über Jahrhunderte herangewachsenen Wissens baut und sowohl in den relevanten Techniken geübt als auch mit den wichtigen Werkzeugen vertraut ist, Kreativität und Experimentierfreudigkeit eine weder Verstand noch ästhetisches Empfinden beleidigende Verbindung eingehen können.

Das ARC engagiert sich in der Ausbildung junger Künstler und hat ein gigantisches Archiv angelegt. In diesem findet man einige zeitgenössische Werke, die auf den ersten Blick von ziemlicher Kitschigkeit sind. Andererseits ist der Löwenanteil dieser Bilder handwerklich tatsächlich bemerkenswert. Und was die alten und die ganz alten Meister angeht ist das ARC unangefochten die Nummer eins. Da kann man dann tatsächlich sehen, was Kunst einmal war (nämlich Wahrheit) und wird schmerzhaft daran erinnert, was Kunst heutzutage größtenteils ist (nämlich Meinung).

Die Stücke fügen sich dann zu einem Ganzen, wenn man bedenkt, daß die vergangenen zwei- bis zweieinhalb Jahrhunderte ja zu einem großen Teil eben diesen Trend aufwiesen: Weg von der Wahrheit, hin zur Meinung. Oder anders Formuliert: "Nö, das kennen wir schon. Komm, laß uns mal das ausprobieren." Soweit ist ja noch alles im grünen Bereich. Wenn man sich dann aber nach dem "mal das ausprobieren" leerer fühl als vorher und nicht die Größe besitzt, einen Irrtum zuzugeben, sondern im Gegenteil noch schneller noch höher klettert, und dann, wenn der Sauerstoff langsam rar wird, noch die Kühnheit besitzt, denen, die zwar in etwas angeschmutzter Luft sitzen, die aber immerhin noch atmen können, ein "Ihr Zurückgebliebenen!" zuzurufen, dann wird's nicht nur problematisch, sondern auch irgendwie peinlich. Ich erinnere hier gerne nochmals an "Piss Christ", ein von vielen Kritikern als "tiefreligöses und wichtiges Kunstwerk" hochgejazztes Schundstück: Eine Kunstphotographie eines in einem mit Urin gefüllten Glasbehälter stehenden Kruzifix. Hübsch auch das Gemälde in der Met in New York, welches im Jahre 1999 im Rahmen der Ausstellung "Sensation" gezeigt wurde: Eine mit Pornoschnipseln und Elephantenkot besudelte Jungfrau Maria. Ich erwähne hier aus naheliegenden Gründen die religiösen Motive. In beiden Fällen waren die Verteidiger dieser "Kunst" selbstverständlich erst einmal mit dem "Meinungsfreiheit"-Argument zur Stelle. Schön und gut. Natürlich war die Meinung dann plötzlich aber nicht mehr ganz so frei, als die Kritiken lauter wurden und als Bügermeister Giuliani entschied, das Museum nicht weiter mit städtischen Mitteln zu unterstützen, solange es die Gefühle von Katholiken verletzt. Dann waren die Empörten einfach "unaufgeklärt" oder "dumm" oder "ewiggestrig" oder "faschistoid" oder was sonst so an verzweifelten Rettungsversuchen einer langsam aber sicher bitte zu schlachtenden Heiligen Kuh vorgebracht wird. Laßt die Leute von mir aus fabrizieren, was sie wollen. Aber seid wenigstens so mutig und sagt dem Kaiser, daß er nackt ist und werft ihm nicht noch zur Belohnung für seine Blödheit das Geld hinterher.

Alles Liebe,
Alipius

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