Thursday, February 02, 2006

"Nun läßt du, Herr, deinen Knecht..."

Hallo Ihr Lieben!

Jetzt habe ich vorgestern erst die große Pause angekündigt, da muß ich mich doch tatsächlich noch einmal zu Wort melden, weil es nämlich heute ein ganz besonders schönes Evangelium gibt, das ich Euch natürlich nicht vorenthalten will. Die Kirche feiert heute das Fest der Darstellung des Herrn (früher Mariä Lichtmess, was heute im Volksmund auch noch recht bekannt ist). Und das heutige Evangelium ist mir zu kostbar, als daß ich einfach träge dahin-linke und hoffe, daß jeder auch brav Knöpfechen drückt und liest. Also gibt es den Text jetzt und hier (Lukas 2,22-40):

"Dann kam für sie der Tag der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung. Sie brachten das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn zu weihen, gemäß dem Gesetz des Herrn, in dem es heißt: Jede männliche Erstgeburt soll dem Herrn geweiht sein. Auch wollten sie ihr Opfer darbringen, wie es das Gesetz des Herrn vorschreibt: ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben. In Jerusalem lebte damals ein Mann namens Simeon. Er war gerecht und fromm und wartete auf die Rettung Israels, und der Heilige Geist ruhte auf ihm. Vom Heiligen Geist war ihm offenbart worden, er werde den Tod nicht schauen, ehe er den Messias des Herrn gesehen habe. Jetzt wurde er vom Geist in den Tempel geführt; und als die Eltern Jesus hereinbrachten, um zu erfüllen, was nach dem Gesetz üblich war, nahm Simeon das Kind in seine Arme und pries Gott mit den Worten:

Nun läßt du, Herr, deinen Knecht,
wie du gesagt hast, in Frieden scheiden.
Denn meine Augen haben das Heil gesehen,
das du vor allen Völkern bereitet hast,
ein Licht, das die Heiden erleuchtet,
und Herrlichkeit für dein Volk Israel.


Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden. Und Simeon segnete sie und sagte zu Maria, der Mutter Jesu: Dieser ist dazu bestimmt, daß in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden, und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird. Dadurch sollen die Gedanken vieler Menschen offenbar werden. Dir selbst aber wird ein Schwert durch die Seele dringen. Damals lebte auch eine Prophetin namens Hanna, eine Tochter Penuëls, aus dem Stamm Ascher. Sie war schon hochbetagt. Als junges Mädchen hatte sie geheiratet und sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt; nun war sie eine Witwe von vierundachtzig Jahren. Sie hielt sich ständig im Tempel auf und diente Gott Tag und Nacht mit Fasten und Beten. In diesem Augenblick nun trat sie hinzu, pries Gott und sprach über das Kind zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. Als seine Eltern alles getan hatten, was das Gesetz des Herrn vorschreibt, kehrten sie nach Galiläa in ihre Stadt Nazaret zurück. Das Kind wuchs heran und wurde kräftig; Gott erfüllte es mit Weisheit, und seine Gnade ruhte auf ihm."



Wie ich in einem früheren Post bereits erwähnte, stellen sich mir, wenn wir abends im Chor das "Nunc Dimittis" ("Nun läßt du, Herr, deinen Knecht...") beten, manchmal die Härchen an den Unterarmen auf. Die Vorstellung, daß da dieser alte Mann in den Tempel kommt, Jesus sieht, und sofort und ohne wenn und aber weiß, daß dies der Messias ist und daß er, Simeon, nun der ihm gegebenen Offenbarung zufolge sterben kann; diese Vorstellung ist für mich schier überwältigend. Ich weiß auch nicht genau, warum. Die prophetischen Reden von Simeon und Hanna lassen mich vergleichsweise kalt (Hey! Vergleichsweise, okay?). Möglicherweise ist es dieser Idealzustand des "Christus erkennen und sterben" (weil es danach ja eh nicht mehr größer und schöner und wahrer werden kann), der mich so fasziniert. Und auch wenn dieser Idealzustand seit der großen Märtyrerzeit nicht mehr so direkt zu erreichen ist, ist das "Nunc Dimittis" dennoch eine nicht unattraktive Lebenshilfe, sagt es mir doch, daß die menschlichen Affären nicht so wichtig sind und der Tod nicht so schrecklich ist. Meiner Meinung nach schlägt dies das moderne "Hab ich die richtige Figur, den richtigen Wagen, die richtigen Freunde, die richtigen Klamotten, die richtige politische Einstellung?" um Längen. "Hab ich den richtigen Messias?" Darauf kannst du aber locker deine Schwingungskristalle, deine Räucherstäbchen oder dein Clear-Zertifikat verwetten!

Alles Liebe,
Alipius

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