Hallo!
Mann, in Rom gibt es ganz schön viele Bettler. Und die haben ganz verschiedene Taktiken.
Am wildesten finde ich die Zigeunerjungs, die mit ihren Quetschkommoden in die Straßenbahn hüpfen und sofort zu Spielen anfangen. Logo, keiner kann fliehen, man will ja ans Ziel. Also dudelt ein Bub ein bischen rum und der Andere rennt mit seinem Plastikbecher durch die Bahn. Erfolg: Bescheiden bis Null. Ebenso bei den Damen, die in Straßenbahnen vorgedruckte Kärtchen verteilen, auf denen irgendwas von Leukämie steht (mein Italienisch ist noch nicht so gut). Ich finde diese "Spuck die Kohle aus"-Masche nicht so doll. Daher bleibt die Geldbörse auch in der Gesäßtasche.
Anders bei den Bettlern, die mir in der Innenstadt begegnen. Da laß ich häufig was springen. Weil es eben so viele von denen gibt, konnte ich in relativ kurzer Zeit ein Auge dafür entwickeln, wo wirklich gebettelt und wo abgezockt wird. Die Alten sind meistens die Echten. Die nehmen auch ganz trocken von dir jede Summe an und zucken vielleicht als Dank mal mit den Schultern. Die haben wahrscheinlich schon eine echte Bettel-Vita hinter sich und sind daher etwas abgehärtet. Aber das wirkt irgendwie authentischer als die Muttis mit den Babies auf den Armen, die dich entweder in die Hölle wünschen, wenn du ihnen nicht sofort deinen gesamten Besitz überschreibst, oder die du acht Straßenecken weiter noch vor Glück schluchzend am Rockzipfel hängen hast, wenn du mal ein paar Cent springen läßt. Die Kerle mit den "Ich hab mir heut noch keinen Schuß gesetzt"-Augen sehen immer am kaputtesten aus. Und da habe ich dann auch irgendwie Hemmungen. Ich weiß, daß klingt jetzt ganz schön Ancien Regime, aber bei denen hab ich manchmal echt Angst, daß ich mir schon beim bloßen Hingucken mindestens die Flöhe hole.
Naja, jedenfalls kommt dann immer irgendwann der Zeitpunkt, an dem all das Kleingeld, das ich mit mir rumschleppe, aufgebraucht ist. Aber Bettler sind natürlich noch bergeweise zu haben. Dann ist das große Schulterzucken angesagt. Klar, ich tröste mich dann immer damit, daß es ja soziale Einrichtungen gibt, Armenküchen, offene Häuser und so weiter. Aber es ist immer wieder ein blödes Gefühl, wenn ich einem Bettler begegne, dem ich eigentlich gerne was gäbe, ohne ihm was geben zu können. Was ja auch nicht stimmt. In drei echten Härtefällen (Eine ur-süße alte Oma; ein kochentrockener, der deutschen Sprache mächtiger Ex-Anwalt mit Horror-Absturz ins soziale Nichts und eine italienische Mamma mit einem Qualitätssäugling auf dem Schoß und einem Marienbildchen im Bettelkörbchen) bin ich auch schon mal in Geschäfte gerannt um einen Schein klein zu machen, bzw. habe gleich Papier springen lassen. Ich könnte natürlich auch, wenn gar nichts anderes mehr geht, immer noch einen auf St. Martin machen. Aber so weit bin ich noch nicht. Werde ich wohl auch nie sein. Und wenn ich einem Bettler in Rom einen halbes Cape in die Hand drücke, dann denkt der wahrscheinlich eh, daß ich entlaufen bin.
Alles Liebe,
Alipius
6 days ago
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