So!
Ich bin heute zum ersten Mal seit circa 10 Jahren wieder alleine in Bamberg. Wobei - "Alleine in Bamberg" ist natürlich ein Oxymoron. Schließlich gibt's in Bamberg ja die freundlichen Bamberger und dazu natürlich unendlich viele neugierige Touristen. Und wenn die nicht wären, dann könnte ich mich immer noch auf das Heer der Nischenheiligen, der Putti und der allegorischen Damen verlassen, das in Gärten, in Kirchen und an Fassaden wohnt, mir entgegenlacht und zu mir heruntersegnet. Und sollten auch die einmal Urlaub haben, bleiben als letzte Begleitung schließlich die Herren von Schönborn (und auch der von Seinsheim), deren Geist beständig durch den Sandstein der von und unter ihnen errichteten oder ausgebauten oder renovierten Kirchen, Hospize, Seminare, Bürgerhäuser und Paläste treibt wie Schweißperlen über die Stirne eines Barockprälaten, der im August mit gepuderter Perücke und Hermelinmantel in seiner unklimatisierten Galakutsche über Land rollt und seufzend den Bauernbuben zuschaut, die in einem Fluß herumplanschen (aber letztlich dann doch nicht so wirklich mit ihnen tauschen möchte, was ihm verziehen sei, denn er ist ja schließlich Kind seiner Zeit und nicht Gutmensch des 21. Jahrhunderts).
Moment... Wo wollte ich jetzt hin mit dem Satz?
Ach ja: Bamberg..., ich..., alleine...
Toll!
Bin ich in Bamberg und steht - so wie heute - die Sonne am wolkenlosen, baby-buben-blauen Himmel, dann ist der Mensch gut, dann ist die Welt okay und dann ist Gott in seinem Himmel und wird von den Heiligen und den Engeln in vornehmst-schönsten Tönen ob seiner Größe, Güte und Genialität angesungen (wird er sonst natürlich auch, aber hier in Bamberg hört man irgendwie mit). Bin ich in Bamberg und denkt irgendwo in einer verrauchten Studi-Kneipe ein dahergelaufener Aufgeklärter, daß Europa nicht christlich ist - ach, was schwatz ich: nicht Katholisch ist - dann spüre ich das sofort und intensiv, so, als liefe eine kleine Spinne über meinen Hinterkopf und dann aus den Nackenhaaren vorbei am Hemdkragen auf meinen Rücken.
Ich bin ziemlich genau um 12:00 am Mittag hier angekommen, habe meinen Koffer ausgepackt, mich kurz aber heftig darüber gefreut, daß mein Stammhotel (St. Nepomuk) in den Zimmern nun modernst und mit allem Komfort renoviert wurde, aber trotzdem seinen Fachwerk-Charme beibehalten konnte und bin dann sofort los. Ich habe einen ungefähr zweieinhalb Stunden dauernden Spaziergang durch meine Stadt gemacht, der (schon traditionell) im Dom endete, wo ich gleich in die touristenfreie "Nur für Beter"-Kapelle huschte, in welcher ich tatsächlich ganz für mich war. Nach einem kurzen, aber hoffentlich angemessenen "Danke, lieber Gott, daß..." bin dann im Cafe im Rosengarten der Neuen Residenz eingekehrt, habe mir einen Espresso (für mich) und ein Stück Kuchen (für die Spatzen) bestellt und die Zeitung gelesen. Dann bin ich ins St. Nepomuk zurückgeschlendert, habe geduscht, und jetzt sitze ich bei einem Glas Weizenbier auf der Brückenterasse des Hotels. Es wäre Sünde, bei solchem Wetter in dieser Stadt sich in einem geschlossenen Raum aufzuhalten (es sei denn, dieser Raum ist eine Kirche). Es ist 17:35 und ich habe von den letzten fünfeinhalb Stunden jede Sekunde genossen. Bamberg ist großartig, wenn ich hier mit jemandem bin, der die Stadt nicht kennt und ich mich an seinem oder ihrem "Boah!" und "Ne, oder?" und "Waaahnsinn!" ergötzen kann. Aber ich kann Bamberg auch gut (und vielleicht sogar am besten) alleine. Es ist wohl so, wie in einer Beziehung: Wenn ein Dritter dabei ist, dann fängt man doch irgendwann an, heimlich auf die Uhr zu schauen und zählt die Sekunden, bis man endlich alleine ist. Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber ich finde es wunderbar, eine Lieblingsstadt zu haben.
Gott schütze Bamberg!
3 days ago
3 comments:
Danke! Einfach wunderschön dieser Reisebericht. Ich kann jeden Schritt und jeden Blick bestens nachvollziehen.
Das freut mich! Sind Sie Bamberger oder auch nur ein Liebhaber dieser Stadt?
Ich komme aus der Gegend und wurde vermutlich schon als Kind mit dem Bamberg-Virus infiziert. In den Familienfotos gibt es ein Bild wo ich mit meiner Mutter und meinem Bruder als kleiner Steppke vor dem Portal von St. Michael stehe. Letztes Jahr im Sommer hatte ich Zeit und Muse mich wieder sehr intensiv mit Spaziergängen durch Bamberg zu beschäftigen. Mit einem Buch auf einer Bank in den Gärten am Michelsberg den Tag zu verbringen oder einfach nur an die warme Sandsteinmauer gelehnt von oben sinierend auf die Stadt zu schauen ist mein schönster Müssiggang.
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