... dabei ist der Mai noch gar nicht gekommen.
Allerdings haben
And Also The Trees ihr neues Studioalbum veröffentlich. Dies geschah bereits im November. Aber in Italien kennt natürlich niemand die Trees, weswegen ich mir die Scheibe erst kürzlich in Wien zulegte.
Was gibt's zum neuen Werk meiner
Lieblingsmusikanten zu sagen?
(Listen for) The Rag and Bone Man ist ein typisches Trees-Album, also Musik, wie Ihr sie in den Charts nicht hört, aber eigentlich hören solltet. Eine Mischung aus vertoneter Landschaftsmalerei, post-wavigem Jazz und zupackender Melancholie. Ian Jenkins, der neue Bassist, zupft einen sehr gepflegten Double Bass, was der ganzen Musik ausgesprochen gut tut. Emer Brizzolara, die Piano-Frau, macht ihre Sache ebenfalls ordentlich. Ob sie nun fest fünftes Mitglied ist, bleibt abzuwarten.
Zur CD selbst: Laßt Euch von dem Cover nicht abschrecken. Die Musik ist keineswegs so düster und kaputt, wie man beim Anblick der Hausruine und der trostlosen Landschaft annehmen möchte.
Domed (nicht
Doomed, wie ich zuerst las), der Opener, bereitet ganz sanft auf das Album vor. Zu zitheresquer Gitarre, verspielten Keyboards und brummigem Bass erzählt Simon Huw Jones von einem anderen Land, in dem er sucht, aber nur bedingt findet. Die feierliche Stille des Liedes hebt gegen Ende ein wenig ab, Drums schalten sich ein, die Gitarre wah-waht und sägt ein wenig und dann geht es doch recht ruhig zu Ende. Track zwei,
The Beautiful Silence, macht dann ganz weit das Fenster auf und läßt Sonne, Blumenduft und Vogelgezwitscher hinein. Ein wundervoll leichfüßiger Song mit schön ineinander perlenden Instrumenten. Und Jones singt sogar "La-la-la-la"! Und die Jungs (mit ihrem neuen Mädel) scheinen den Spaß ernst zu nehmen, denn auch das folgende Stück
Rive Droite verbreitet eher gute Laune als das Gegenteil. Zu feinem Walking Bass und Schneebesendrums entfaltete sich sanft ein Up-Tempo Jazz-Teilchen, das am Ende so richtig abgeht und den klasse Instrumentalteil nicht schon nach zehn Sekunden wegfaded, sondern breit mit knarzender Klampfe und swingenden Drums auskostet. Groß!
Mary of the Woods schaltet zwei Gänge zurück. Drachen fliegen, Wäscheleinen schweben, seltene Blumen stehen auf Wiesen, Sonnenlicht spielt auf Lippen und zum Walzertakt sehnt Jones sich nach seiner Mary. Ebenfalls von Sehnsucht gepackt aber auch neugierig ist der alte Herr, der sich auf
The Way the Land lies fragt, ob denn dort, wo er einst lebte und liebte, noch alles so ist, wie es war. Irgendwie erinnert das Stück mich ein wenig an
The Street Organ vom vierten Album der Trees, dem Romantik-Hammer
Farewell to the Shade. Und beim nächsten Track werden noch mehr Erinnerungen wach.
The Legend of Mucklow gemahnt mit seinem finsteren Messergesteche, dem drohend rabaukenden Bass, der monotonen Instrumentierung und dem mit verzerrter Stimme panisch vorgetragenen Chorus ganz schwer an
Count Jeffrey, wenn es auch nicht ganz so schweißtreibend ist.
Untitled ist ein kurzes, unspektakuläres Instrumental-Stück, daß wahrscheinlich eher als Einleitung zum nächsten Song
Candance denn als eigenständiges Werk zu vestehen ist. Candance selbst ist ein ganz zartes und stilles Lied, in dem Jones' Schwester Candy sich mit einem Kerl zofft, dies aber auch auf würdevolle, tree-gerechte Art zwischen gelbem Laub, schlanken Bäumen und Geißblatt. Es folgt mit
Stay away from the Accordion Girl erstens ein guter Ratschlag und zweitens ein schön schleppender Song mit raschelnden Klampfen, trockenem Bass und einer wunderbaren Gitarren-Hookline. Worum es bei
The Saracen's Head genau geht, weiß ich auch nicht. Möglicherweise ist es einfach ein Pub gleichen Namens. Das Lied ist nicht wirklich essentiell. Es klingt ein wenig, als hätten die Trees sich hier aus versehen selbst kopiert, aber wer beklagt sich. Es folgt mit
On this Day ein weiteres, kurzes Instrumental-Stück, interessanter als das Erste, aber leider bei weitem nicht das, was man von AATT an Intrumentals sich sonst so gefallen läßt. Nach diesem kurzen Doppel-Downer der Songs 10 und 11 geht es dann aber wieder steil aufwärts.
A Man with a Drum besticht besonders wegen der Gitarre, die mit leichtem Reverb zerbröselte Akkorde serviert, welche sich sehr gut an die zuerst luftige Songstruktur schmiegen und später, wenn es etwas fuzziger wird, gut mitwachsen. Das letzte Stück,
Under the Stars, schiebt endlich Justins patentierten Mandolinensound in den Vordergrund. Ein klagender Double Bass, zögerliche Drums und eine leicht schwermütige Harmoniefolge im Chorus machen das Lied zu einem würdigen Abschiedstune.
Das Album ist nicht ganz so groß wie der Vorgänger
Further from the Truth. Dies war allerdings auch ein absoluter Leckerbissen und somit schwer zu toppen. Und auch ein nur sehr gutes und nicht phänomenales Trees-Album ist immer noch dreimal besser als alles, was man sonst so im Laden findet. Fans werden die Scheibe eh schon lange haben. Neugierige können hier ohne Bedenken zugreifen, denn die Lieder auf
Rag and Bone Man sind durchaus auch für Anfänger geeignet.