- Zu Recht vergnügt? - Forscher entdecken: Konservative sind fröhlich, Linke verzweifelt.
Von Hilmar Klute
Der Bänkelsänger Franz-Josef Degenhardt hat in den frühen achtziger Jahren ein Lied gesungen, in welchem er das emotionale Grundproblem der Sozialisten und verwandter Geister ziemlich bündig zu fassen kriegte: "Also, wir wollen mal ehrlich sein, so richtig können sich Linke nicht freun." Eigentlich war das damals schon eine ketzerische Bilanz gewesen, denn die Linken hielten sich doch immer zugute, saftige Epikuräer zu sein, die schwer solidarisch an langen Tischen saßen, Beaujolais Primeur tranken und pfeffrigen Hammelbraten in sich rein-stopften, um die Verhältnisse auf diese Weise zum Tanzen zu bringen. Tja. Windige Utopien waren das alles. In Wirklichkeit hockten die Linken verkniffen in schlecht gelüfteten Seminarräumen und klopften solange die alten Marx- und Hegel-Schinken ab, bis die Mauer umfiel und alles umsonst gewesen ist.
Die Konservativen dagegen haben immer sehr angenehm im Ratskeller gesessen, Moselwein getrunken und sich an der Stabilität ihres Weltgebäudes freuen können. Im Sommer zogen sie ins Bierzelt um und ließen dort ihre Festredner hochleben, welche ihnen noch einmal die Palette der überlieferten Werte von der Familie bis hin zum finalen Rettungsschuss auffächerten. Wobei der Spott hier auch abrupt aufhören muss, denn es hat sich in der Tat herausgestellt, dass Konservative nachweisbar gefestigter sind als Linke und damit ungleich zufriedener.
Die Forschergemeinschaft um den Dänen Christian Bjørnskov von der Aarhus School of Business hat nach links und rechts Fragebögen verteilt und die einzigen wirklich fröhlich stimmenden Auskünfte nun einmal von den Werteorientierten bekommen. Selbst wenn ein Linker über ein schönes finanzielles Vermögen verfügt, ist er unglücklich, weil ja gerade seine feste Verortung auf der materiellen Sonnenseite so grell und hässlich verdeutlicht, dass die Schere zwischen Arm und Reich so fies - ach, es ist ein Elend. Im konservativen Gegenlager ist diese Schere wiederum ein Symbol der Gerechtigkeit, denn sie zeigt ja, dass nur derjenige, der mit Fleiß und Talent vorstellig wird, Glück und Erfolg erntet.
Je linker ein Mensch ist, desto unglücklicher ist er: Ich bin so links, dass ich am liebsten sterben möchte. Ich wache morgens auf, schaue mit meinem verschleierten linken Auge auf mein Liebknecht/Luxemburg-Plakat und bin schon wieder so unrettbar in diesem Kokon aus Verzweiflung und Wut gefangen, verstehst du?
Je rechter ein Mensch ist, desto glücklicher ist er: Ich bin so rechts, dass ich schon morgens um fünf mein Carl-Schmitt-Portrait mit frischem Eichenlaub bekränze und die Ouvertüre zu Tannhäuser so lange auf dem Grammophon laufe lasse, bis ich das Bedürfnis verspüre, spontan in Sachsen-Anhalt einzumarschieren.
Das wahre Elend ist natürlich, dass man sich seine Gesinnung nicht aussuchen kann.
5 comments:
Tja, nix neues unter der Sonne. Dass die Selbstgefälligen ein ruhigeres Leben führen als die, welche sich ab und an einen Gedanken machen, kennt man ja.
Wenn man die Perspektive des geschilderten Sachverhaltes nur einen Itz verschiebt, könnte man auch sagen: Das Gewissen quält nur den, der es auch benutzt.
Forscher haben auch schon entdeckt, daß Frauen dümmer sind als Männer und daß Gott eine Wahnvorstellung ist. Und Statistiken, das wissen wir alle, haben Beweiskraft.
@ Claudia
In diesem Fall fand ich weniger die Statistik interessant als die Phänomenologie. Denn der Artikel beschreibt Beobachtungen, die ich schon vor langer Zeit machte.
@Charlotte
Netter Versuch. Allerdings hasbe ich selten solch selbstgefällige Leutchen getroffen wie Alt- oder Neu-68er und - zumindests in meinem Gewerbe - selten so viele Konservative, die so gerne, so gut und so vernünftig denken. Und nein: Das Gewissen quält nicht den, der es benutzt, sondern den, der es hat. Ist es benutzbar, so ist es kein Gewissen, sondern eine Maschine, die tut, was sie eben nicht tun soll: Auf Knopfdruck mahnen und dem Betreiber ein angenehmes Gefühl verschaffen.
Naja - kommt eben auf das eigene Erleben an. Natürlich gibts lächerliche Leute unter den Achtundsechzigern - und natürlich gibts da sehr spezifische Formen der Lächerlichkeit. Aber mir sind CDU-wählende Kirchgänger nicht lieber, die sagen, wenn ich mich nur wirklich bemühte, hätte ich soviel bezahlte Arbeit, wie ich nur will. (Solche gibts, glaubs nur. Mir persönlich leider bekannt.) Und die selbstzufriedenen Weißenseer Ultrarechten mit ihrem Geschwätz von Werten und der blondieren Frau im Schlepptau, die nur dann zornig werden (und gefährlich!), wenn sie sehen, daß jemand ein Kreuz um den Hals oder einen dunklen Teint hat, kannst Du ja auch nicht wirklich wollen.
Es geht mir ja nicht um die singulären Ausweicher, sondern um das Prinzip. Und da liegt die Untersuchung nicht ganz falsch, CDU-wählende Kirchgänger hin und Weißenseer Ultrarechte her. Außerdem sind die Ultrarechten ja auch nicht wirklich konservativ, sondern genau so faschistoid wie die Ultralinken. Sie kommen halt nur von zwei verschiedenen Seiten.
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