In den USA gibt es eine Organisation, die sich "Call to Action" (CTA) nennt (Catholics working together to foster peace and justice in our world, our church and ourselves). Gegründet wurde die CTA in den späten Siebzigern als Reaktion auf eine Aussage Papst Paul VI., der 1971 schriftlich die Laien der Katholischen Kirche zum Handeln aufrief. Was er damit gemeint hat? Ein erster Blick auf die Startseite des Webauftritts dieser Jungs und Mädels verrät gleich, wo's langgeht: Gabenbereitungsprozessionen (bitte mit erhobenen Armen, das impliziert Mystik), Liturgischer Tanz (bitte in weiß, das impliziert Reinheit), junges Volk (bitte entweder 'erlöst' lächelnd oder betroffen unter der Strickmütze hervortrübend), etc. Ein kurzes Ergooglen der CTA enthüllt dann die übliche Klerophobie und die damit zusammenhängende Wunschliste: Womyn an den Altar, weg mit dem Zölibat, her mit Sex (egal wer mit wem und warum) und dann später weg mit den Föten.
Im Kielwasser der an Kindern begangenen Verbrechen katholischer Priester und den schäbigen und dämlichen Vertuschungsversuchen der US-Bischöfe sind einige Diözesen in den USA mittlerweile mit einem Bein im Schuldenturm gelandet, und dies zurecht. Das sollte eine weltweit wiederhallende Warnung sein. Grausamer dagegen die Bestrafung, die die Bischöfe sich selbst auferlegten: Eine kircheninterne, jährliche Anhörung zum Stand der Dinge in den Diözesen bzgl. der Prävention weiterer Katastrophen. An der Anhörung nehmen alle Bischöfe teil, dies allerdings freiwillig. Einer hat's jetzt geschnallt: Lincolns Bischof Fabian Bruskewitz (Photo) hat keine Lust mehr auf die ecclesia sedens. Warum stundenlanges Hin- und Herreisen und tagelanges Sitzfleischtesten, wenn jeder verantwortungsvolle Bischof in seiner Diözese klar Schiff machen und dafür sorgen kann, daß alles bis aufs Iota mit den kirchen- und zivilrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Kinder vor Mißbrauch übereinstimmt? Warum gegenseitiges Schulterklopfen oder Lamentieren? Grund zur Freude gibt's noch lange nicht, und diejenigen unter den US-Bischöfen, die die vergoldeten Armaturen an den Whirlpools in ihren 8-Zimmer-Appartments verkaufen mußten, haben es leider auch nicht anders verdient. Bruskewitz sagte also bereits im letzten Jahr "Nö" zum diesjährigen Treffen.
Enter CTA: Erst mal sich bei der US-Bischofskonferenz beschwert, daß der Bruskewitz ja wohl voll Dreck am Stecken hat, wenn er sich vor der Sitzung drückt. "Eigentlich nicht," kam die Abfuhr. "Die Teilnahme ist freiwillig. Wir gehen davon aus, daß in Lincoln alles nach Plan läuf und haben auch bisher keine Gegenanzeigen." Ach so ist das? Fein, dann eben die Medien-Brechstange (fast schon ehrenhaft, daß sie dies nicht zuerst versuchten). Den Tank voll mit Moralin wurde also schon im Dezember mit einer Unterschriftenaktion begonnen, um dem Bischof dann am 1. Juni eine Petition zu überreichen, die ihn zur Teilnahme am Meeting bewegen sollte. Etwas über 1000 Leute aus ganz Amiland haben unterschrieben. Jetzt ist aber Bischof Bruskewitz in seiner Diözese nicht vollkommen unbeliebt. Also sagten sich einige Gläubige wenige Tage vor dem 1. Juni, daß Seine Exzellenz es vielleicht schätzte, wenn man ihm ein wenig Unterstützung zeigt. Ergebnis: In 31 Stunden wurden 1452 Unterschriften gesammelt, dies nur in der Diözese. Die CTA-Leute sahen durch die angedrohte Gegendemo die von ihnen gesuchte Aufmerksamkeit der Medien gefährdet und verlegten ihre Aktion in buchstäblich letzter Sekunde um zwei Stunden vor. Aber auch hier verloren sie: Mit eMail und Handy verständigten sich die Bruskewitz-Fans und schließlich standen 116 von ihnen der 9-Mann-Delegation der CTA gegenüber, friedlich, wie sich versteht. Der Bischof kam aus dem Büro, dankte seinen Unterstützern, nahm die 1452'er-"Wir finden: Unser Bischof rockt"-Unterschriftenliste entgegen und bat alle Anwesenden darum, dafür zu beten, daß die CTA-Mitglieder wieder zum Glauben zurückkehren.
Bischof Bruskewitz hat vor zehn Jahren eine Mitgliedschaft in der CTA als unvereinbar mit dem Katholischen Glauben und daher in automatischer Exkommunikation resultierend bewertet. Dies wurde mittlerweile (auf Drängen der CTA selbst, die sich natürlich ein anderes Urteil erhofft hatte) vom Vatikan bestätigt.
Erstaunlich, daß manche Leute, wenn es um die Einheit in der Kirche geht, das Band einerseits so weit ("Vergeßt das Magisterium! Alles ist erlaubt,...") und doch so eng ("... solange es mir paßt!") ziehen. Witzig auch, daß dieselben Leute, die der Kirche zuviel Gerede und zu wenig Handeln vorwerfen, einen Anfall kriegen, wenn plötzlich ein Bischof lieber handelt als redet.
Naja,
"same old, same old", wie man in den USA sagt.
P.S.: Die Jugendlichen, die auf der Startseite der CTA-Webpage zu sehen sind, sind eine Mogelpackung. Ich habe Photos von der Aktion gesehen. Von den 9 CTA'lern war keiner unter 50. Unter den 116 Gegendemonstranten gab's andererseits jede Menge Jungvolk. Jaja, die Kirche! Nur für Omis...