Was den
Schönborn ihre Schlösser, das waren dem Seinsheim seine Gärten.
Adam Friedrich von Seinsheim (1708-1779) war in Personalunion Fürstbischof von Würzburg (ab 1755) und Bamberg (ab 1757). Und - klar - in dieser Zeit und an diesen Orten geht es so ganz ohne Schönborn-Blut nun wirklich nicht. Und siehe da: Seine Frau Mama war Anna Philippina Gräfin von Schönborn, Schwester der vier Neffen des Lothar Franz. Also eigentlich alles klar. Oder nicht?
Der
bauwurmb biß irgendwie nur halbherzig zu, und so ließ Adam Friedrich nicht Bauten aus dem Boden schießen, sondern begnügte sich mit dem bereits Bestehenden. Dies nicht zu tun wäre allerdings angesichts der Bamberger und vor allem der Würzburger Residenz auch recht unverschämt gewesen. Wohin aber mit der Fürstenlust am Gestalten, Planen, Auftraggeben und Verändern? Viel Geld war ohnehin nicht da, da der Siebenjährige Krieg das Bamberger Hochstift derart ausbluten ließ, daß die Kärnter Besitzungen verkauft werden mußten. Da traf es sich, daß die wahre Leidenschaft des Fürstbischofs die Gärten waren.
Er ließ sowohl den Rokokogarten in der Fürstbischöflichen Sommerfrische zu Veitshöchheim bei Würzburg (Bild links) anlegen als auch den Garten im
Schloß Seehof veredeln. Dabei ging es mitnichten nur um Blumenbeete, Bäume und Hecken. Wasserspiele mußten her und waren auch bald da. Und dann wollten die künstlichen Landschaften natürlich auch bewohnt sein. Also durfte mit Ferdinand Tietz einer der ganz großen und ganz produktiven Bildhauer des späten 18. Jahrhunderts ganze Armeen von Figuren für die fürstlichen Gärten anfertigen.
Es fehlt heute leider die ganz genaue Vorstellung davon, wie es einst in den Gärten gewimmelt haben muß, denn viele, allzuviele der Skulpturen wurden schon bald nach dem Tode Tietzens (der übrigens auf Schloß Seehof starb) zerschlagen oder verschleudert. Dies nicht etwa von aufgebrachten Revolutionären oder Pfaffenfresssern, sondern von Leuten, welche die Figuren entweder als nicht zeitgemäß betrachteten oder - so vor allem in Sakralbauten - als frech-verpielte Barockeindringlinge in gefälligst protestantisch trist sein zu habende Romanik-Kirchen betrachteten. Auch der kleine aber feine Rosengarten der Bamberger Residenz (im Bild oben) wurde einst von unzähligen Figuren geziert. Jetzt sind leider nur noch wenige verblieben. Immerhin ist man mittlerweile auf den Trichter gekommen, und so bemüht man sich heute beim Bayrischen Amt für Denkmalpflege, die noch erhaltenen Werke des Ferdinand Tietz aufzuspüren und wieder instandzusetzen.
Seinsheim jedenfalls war von seinem Haus- und Hof-Bildhauer voll und ganz überzeugt. So schreibt er 1768, als es darum geht die Seesbrücke in Bamberg mit einem Figurenprogramm zu bestücken
"...dass man die Bildhauerarbeit an den Figuren keinem anderen wohl anvertrauen könne, sondern durch den Bildhauer Dietz, welcher die vollkommene Idee davon hat, gänzlich wird ausarbeiten lassen müssen."
Ich weiß auch nicht warum, aber diese spezielle Form der Zusammenarbeit zwischen Fürsten und Künstler fasziniert mich immer wieder. Ich meine damit nicht diese sich in endlosen Machtkämpfen ausdrückende Haßliebe, wie sie zwischen Julius II und Michelangelo stattgefunden haben soll. Ich meine die Kunst und die Schönheit, die entstehen wenn zwei Männer, die so unterschiedliche Funktionen und Berufe haben, sich plötzlich auf einer Ebene treffen, ihre Ideen einbringen, der eine dann die handwerkliche Fähigkeit in den Pott wirft, der andere hingegen das Geld und am Ende beide sich am Ergebnis freuen. Wenn ich an die Geschichten denke, die Gartengestalter, Architekten und Auftragsdesigner und auch die Kunden derselben mit so erzählt haben, dann wundert mich eines: Warum ist heute, wo wir doch alle "Bürger" sind, oft soviel Gift, Stolz und "Ich kann weiter pinkeln als Du" im Spiel, während damals zwischen Fürst und Künstler so harmonische Zustände herrschen konnten wie bei den Schönborn oder dem Seinsheim. Diese Herren respektierten ihre Künstler und wurden von ihren Künstlern respektiert. Naja, ich kann mir andererseits auch vorstellen, daß diese Zustände eher die Ausnahmen waren. Möglicherweise war das Bamberg des Spätbarock einfach ein Platz an dem Jovialität und Menschlichkeit besonders gut gedeihen konnten.
Eine weitere Leidenschaft des Adam Friedrich von Seinsheim war die Musik. Er förderte stark die Würzburger Hofoper, die zu seinen Lebzeiten in ganz Europa einen exzellenten Ruf genoß, aber nach seinem Tode geschlossen wurde. Seinsheim starb an einer verschleppten Lungenentzündung. Ernsthaft krank zu sein war damals sicherlich selbst für Fürsten keine Freude. Der Bischof hatte immer reges Interesse an seinen Untergebenen. Er kämpfte gegen mangelnde Bildung und andere Mißstände. Dies brachte ihm den Titel "Vater des Vaterlandes" ein, was ich rührend finde.
Abschließend ein Portrait, welches den Fürstbischof in Zivil zeigt und daher eine echte Rarität nicht nur in der Seinsheim-Darstellung sondern überhaupt in der Prälaten-Portraitierung des 18. Jahrhunderts darstellt. Mir fällt spontan nur Kurfürst Clemens August von Köln ein, der einmal mit rotem Turban, geblümten Hausrock und Kaffeetasse und ein anderes Mal im Falknerkostüm gemalt wurde.