Thursday, April 19, 2007

Zwei kleine Weckrufe

Um es vorwegzunehmen: Hier soll nichts beschönigt werden.

Aber die Bücher von Rainer Decker und Anne-Catherine Simon zum Thema Hexenverfolgung aus den Jahren 2003 (Decker) bzw 2007 (Simon, in der deutschen Übersetzung) bieten einigen "Kirchenkritikern" eine hübsche Gelegenheit ihr mittelalterliches Weltbild ein wenig zurechtzurücken.

Hier ein kurzer Auszug aus der Rezension des Decker-Buches:
    Zum einen weist Decker auf die Tatsache hin, dass bei den Massenverfolgungen im westlichen Alpenraum seit 1430/40 die weltlichen Gerichtshöfe führend waren, auch was die Todesurteile angeht. Addiert man alle Einzelnachrichten von Hexenverfolgungen, so ergibt sich für die mittelalterliche päpstliche und päpstliche Inquisition eine Zahl von deutlich unter 1000 Menschen, die wegen Hexerei verbrannt wurden. Erheblich niedriger ist der Wert für die neuzeitliche, das heißt die 1542 gegründete römische Inquisition. Decker: "Massenverfolgungen hat sie ebensowenig durchgeführt wie ihre spanischen und portugiesischen Schwestern. Die Zahl der Hinrichtungen liegt bei unter 100."

    Der Wissenschaftler macht außerdem darauf aufmerksam, dass in Italien auffallend viele Männer unter den wegen Magie Angeklagten waren, in Friaul waren es rund 50 Prozent. "Die passt nicht zu der landläufigen Vorstellung von den frauenfeindlichen Klerikern", folgert Decker. "Es genügt eben nicht, den in der Tat frauenfeindlichen 'Hexenhammer' zu zitieren, sondern es wäre zu untersuchen, ob die Kirche, präziser gesagt: die Kirchen, seinen Empfehlungen folgten." Eine aktuelle Arbeit komme weiters zu dem Ergebnis, "dass in den evangelisch-lutherischen Territorien Deutschlands der Anteil der wegen Hexerei verfolgten Frauen größer war als in den katholischen. Die einfache Kausalkette Zölibat - sexuelle Verklemmtheit - Frauenfeindlichkeit - Hexenverfolgung ist mehr als fragwürdig."
Ich weiß, diese Bücher bergen die Gefahr, daß für einige Leute ihr so nett zurechtgestutztes Bild von der Kirche zusammenbricht. Andererseits ist es nie zu spät, einen gewissen Reifeprozess zu durchschreiten.

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