Ich fand neulich online in irgendeiner Photo-Community ein Bild. Dargestellt waren zwei katholische Priester auf dem Petersplatz. Beide lagen altersmäßig irgendwo um die 50, beide trugen kurzärmelige Hemden mit Klerikerkragen und beide waren, wenn auch nicht maßlos fett, so doch von guter monsignorialer Leibesfülle. Der Titel des Bildes lautete: "Die Kirche bekämpft die Unterernährung in der Welt."
Ich weiß, der natürliche und schmerzfreiste Weg wäre es gewesen, hätte ich einfach gegrinst und geantwortet "Wieso? Stimmt doch gar nicht! Die Beiden scheinen eher alles selber zu essen!" Aber da ich bereits weiß, daß ich einen Sinn für Humor besitze und mir speziell bei Kirchenkritikern da eben nicht immer so sicher bin, habe ich mich mit dem Autor erstmal sanft auf einen Meinungsaustausch eingelassen. Immerhin war der Kerl dialogfähig und ansatzweise einsichtig. Trotzdem blieb ein schaler Geschmack.
Warum? Das werd ich mal kurz ausbreiten: Ich sehe zwei dicke Pfaffen und denke 'Boah! Die Säcke! Anstatt die Botschaft Christi zu leben, stopfen die sich die Wänste voll!' Die mit dem Einmaleins der Logik ein wenig vertrauten unter meinen Lesern werden hier schon den unkompletten Schluß erkennen. Für alle Anderen führe ich kurz auf, wie es komplett heißen müßte:
- Prämisse eins: Jeder dicke Priester ist ein Mann, der nicht die Botschaft Christi lebt, sondern sich nur selbst den Bauch füllt.
Prämisse zwei: Diese beiden Menschen sind dicke Priester.
Schluß: Diese beiden Menschen sind Männer, die nicht die Botschaft Christi leben, sondern sich nur selbst die Bäuche füllen.
Und die Geschichte hat noch einen anderen Aspekt: Wenn ich ein solches Bild mit einem solchen Titel veröffentliche, dann hat die damit verbundene Nachricht ja nicht nur die rein informative Dimension, sondern es soll erstens auch so etwas wie ein Appell mitgesendet werden und zweitens eine Abgrenzung stattfinden (Das gute alte pharisäische "Dank sei Gott, daß ich nicht so bin wie diese Zöllner"). Wenn dem so ist, dann müßte der Autor von Text und Photo sich ja bereits im selbsternannten Stande der Gnade befinden und regelmäßig für einen guten Zweck spenden. Tut er es nicht, ist er ein elender Bigotterich. Tut er es, dann ist die dahinterstehende christliche Motivation fraglich, denn wer mit der Botschaft unseres Herrn so vertraut ist, daß er weiß, daß man den Armen helfen soll, der weiß auch, daß man nicht vorschnell und nur aufgrund von Äußerlichkeiten urteilen darf.
Ich könnte dem Autor ja auch vorwerfen, daß er einen teuren Computer besitzt und Zeit im Internet verplempert, anstatt den Rechner zu verkaufen und das Geld zu spenden oder wenigstens ein paar Stunden ehrenamtlich in einem Altenheim oder in einer Armenküche zu arbeiten. Dann wird der Autor sagen: Woher willst Du denn wissen, daß ich nicht auch viel Geld an gute Zwecke spende? Eben! Woher willst Du wissen, daß unsere beiden dicken Priester den Armen gegenüber nicht ausgesprochen großzügig sind? Und wenn es dann heißt "Och, ich hab die Beiden ja nicht persönlich attackieren wollen, sondern nur als Exemplare für ein universelles Problem dargestellt", dann ist auch dies nicht wasserdicht, denn das Urteil steht, egal ob es sich auf die Abgebildeten bezieht oder auf real existierende aber sich der Kamera in diesem Moment entziehende Priester, die aufgrund oberlukullischer Lebensweise in Tateinheit mit Unaufmerksamkeit gegenüber den Bedürftigen tatsächlich ein wenig Schelte verdient hätten. Wenn im letzteren Fall Urteil und Geschimpfe auch gerechtfertigt sein mögen, bleibt dennoch das pauschale Abkanzeln. Dies birgt die Gefahr, daß man den Satz "Jeder verweltlichte und den Armen gegenüber knausrige Priester, den ich bisher sah, war dick" umdreht in "Jeder dicke Priester ist verweltlicht und den Armen gegenüber knausrig". Und das ist erstens falsch und beleidigt zweitens eine ganze Reihe mir spontan in den Sinn kommender Priester, die allesamt kugelrund und dennoch barmherzig, freigiebig und rundherum sehr christlich sind. Bei mir richtet das folglich keinen Schaden an, aber was ist mit den unvorbereiteten Gemütern, die durch solche Propaganda und Verallgemeinerungen auf die falsche Spur gebracht werden?
Die Kirche hat es in der heutigen Zeit schwer genug. Da ist es nicht unbedingt nötig, daß übergewichtige Priester zusätzlich zu ihren körperlichen Extrapfunden von in der Regel außerhalb der Kirche stehenden Personen pauschal auch noch die psychische Extralast des Sündenbocks und Verursachers oder Nicht-Verhinderers von Hunger und Elend angehängt bekommen. Jeder, der über die karitativen Aktivitäten der Katholischen Kirche auch nur ansatzweise informiert ist weiß, daß dies einfach kindisch ist.
3 comments:
Der Prozentsatz an geizigen und hartherzigen Menschen dürfte unter Christen und Atheisten genau gleich sein. Der Prozentsatz an Übergewichtigen ebenso. Und ganz sicher gibt es alle möglichen Schnittmengen. Schade, daß die Logik so wenig Freunde hat. Gut, daß es den Herrn Alipius gibt, den ich zu ihren ganz großen Freunden zähle.
Ach nö!
Machen wir nicht auf Betroffenheit wegen irgendwelcher Dumpfbacken!
Ansonsten gilt:
Auch ein magerer Priester - sofern nicht vorsätzlich - kann ein guter Priester sein.
Is auch irgendwie 1.) dicken gegenüber diskriminierend 2.) denk ich mal, können sich reiche Leute weitaus mehr einen Diätberater/Personaltrainer/appetithemmende Nahrungsergänzungen/Karte fürs Fitness-Studio bzw. komplette eigenausrüstung/Schönheits-Op's leisten als arme. Folge: In den eher ärmeren Gegenden von Berlin sehe ich dickere Leute. Und die raffen ja nu wirklich nicht so das Geld.
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