Sunday, December 24, 2006

Ach je!

Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.


Also: In Klosterneuburg sind Max und ich gut angekommen. Mein Gepäck (mal wieder) leider nicht. Jetzt sitze ich hier und warte. Ich kann leider das vierte Kerzlein nicht posten, weil mein Computer mit der Grafik in meinem Koffer ist (Klappe! Es haben mir schon 15 andere Leute gesagt, wie blöd das ist, also haltet Euch zurück!): Ich sitze im Moment an einem Computer im Juniorat und hacke schnell ein paar Zeilen zusammen.

Naja, als ich gestern den Schock mit dem Gepäck verkraftet hatte, ging ich erstmal auf Begrüßungstour durch das Stift. Großes Hallo überall, dicke Wiedersehensfreude und es gab natürlich jede Menge zu erzählen und auszutauschen. Abends waren wir dann mit dem Juniorat essen, und als ich später in mein Zimmer kam duftete es überall nach Klosterneuburger Winter. Ich hatte beide Fenster geöffnet, und die würzig-klirrende Dezemberluft hatte zusammen mit den mir aufs Zimmer gestellten Tannenzweigen und den alten Stiftsmauern ein Armoa kreiert, welches ich so nur aus Klosterneuburg kenne. Da wußte ich, daß ich wieder zu Hause war und mir ging's gut. Jetzt fehlt halt nur noch mein Gepäck.

Ich wünsche Euch allen da draußen ein besinnliches, ruhiges, gemütliches, segensreiches Weihnachtsfest. Schaltet ein paar Gänge zurück, schaut auf den Neugeborenen in der Krippe und erkennt, was wirklich zählt. Und seid einander gut.

Einen herzlichen Dank an alle treuen Leser!


Alles Liebe,
Alipius

P.S.: Während der nächsten zwei Wochen ist "rom, römer, am römsten" in Weihnachtsferien. Demnach sollte ich Euch hier eigentlich auch schon mal einen guten Rutsch ins neue Jahr wünschen, oder? Klar, warum nicht: Alles Gute und bis 2007!


Friday, December 22, 2006

Person des Jahres

DU!

So sieht es zumindesst das Time-Magazine in seiner am 25. Dezember erscheinenden Ausgabe.

Begründung: Wenn man sich das Jahr 2006 nicht durch die übliche Linse ansieht, dann sieht man eine Geschichte, die nicht von wenigen großen Männern und Frauen geschrieben wurde, sondern in Gemeinschaft und Zusammenarbeit von Millionen von Individuen überall auf unserem Planeten. Als Beiepisle werden genannt: Die allumfassende Wissenseite Wikipedia, das Video-Netzwerk YouTube oder die online-Großstadt MySpace. Ermöglicht wird dies durch das neue WWW. Das neue Web ist laut Time Magazine nicht mehr das Kinderschuh-Projekt von Tim Berners-Lee und schon gar nicht mehr das überhypte Dotcom-Web der späten Neunziger-Jahre. Im neuen WWW dreht sich alles darum, daß die Vielen den Wenigen die Macht entreißen, sich gegenseitig kostenfrei helfen und somit nicht nur die Welt verändern, sondern auch die Art, wie sich die Welt verändert. Es ist, so Time-Magazine, eine Revolution, für die wir reif sind. Es sei an der Zeit, daß die vorverdauten Nachrichten, an die wir uns gewähnt haben, durch ungeschliffene Einspeisungen aus Baghdad, Boston oder Peking ausbalanciert werden.

Soweit die mit viel Geigenschmalz und Blütenduft begleitete Einführung.

Diese ist nicht falsch. Aber, und auch dies gibt das Time-Magazine zu, es ist grotesk das Phänomen über Gebühr zu romantisieren. Der erste Grund liegt auf der Hand: Wo, wenn nicht im WWW, gibt es für so viele Individuen so viel Raum um so viel unvorstellbaren Schwachsinn abzuladen? Ein weiterer Grund: Nur weil die Mainstream-Nachrichten in ihren Reportagen zumindest in Amerika schon seit langem alles andere als unvoreigenommen sind, bedeutet dies nicht, daß die Kleinst-Journalisten am PC allesamt hehre Quellen ungefilterter Wahrheit sind. Wahrscheinlich ist jeder zweite Photoshop-Anwender heutzutage bereits geschickter im Fälschen von Photographien, als jener unselige Schreibtischtäter, der für Reuters ein Photo von der Beschießung Beiruts mit ein paar Extra-Ruinen und Zusatz-Rauchschwaden ausstattete und sich dabei einzig auf das "Clone"-Werkzeug verließ. Hier der Vergleich:

Original:


Fälschung:

Besonders in den Rauchwolken ist der exzessive Gebrauch des "Clone"-Werkzeugs gut zu sehen. Wer genau hinschaut, kann auch eine der Ruinen mindestens dreimal an verschiedenen Stellen auftauchen sehen.


Klar, das WWW ist genau der Ort, an dem die Wahrheit über solche Schwindeleien sich in Windeseile verbreitet. Das ist nicht unbedingt schlecht. Andererseits bietet das Web natürlich auch Raum, um die eigenen Schwindeleien einzustreuen. Und die Lorbeeren, die man für das Entdecken eines frisierten Photos oder Artikels einheimst, können das bisher eher zufällige Aufdecken solcher Methoden schnell zu einer Hexenjagd mutieren lassen.

Ein weiteres dickes Fragezeichen wird sichtbar, wenn man bedenkt, daß auf YouTube jetzt schon ein großer Anteil der Filme einfach aus dem Fernsehen oder von Videos/DVDs gezogen und ins WWW gestellt wurde, um entweder zu prüfen, wie weit man mit Copyright-Verletzungen durchkommt oder um die breite Masse durch Teasing zum Kauf anzuregen. Kreativität? Neuer Blickwinkel? Ja, klar. Die paar selbstgebastelten Filme sind oft hintereinander geschaltete Stills und noch öfter inhaltlich belanglos.

Mein größtes Problem ist die Qualität. In einer Zeit, wo man schon dankbar ist, wenn wenigstens noch die Mittelmäßigkeit feierlich zum Standard erklärt und zelebriert wird, drohen uns jetzt - nach der in drei Tagen erscheinenden Aufmunterung im Time-Magazine - natürlich weitere Milliarden von WWW-Beiträgen, in denen die Anbieter von Photos der Marke "Meine Katze hebt das rechte Bein! Süüüüß!", Autoren von Zerebraljuwelen wie "Hey Leutz, hab mal einen freetype getextet. Feeded mich mal back, ob die Stylez kicken!" und Regisseure von preisverdächtigen Steifen a la "Meine Kumpels rotzbesoffen auf dem Oktoberfest" alles abladen, was nicht vorher einem Nuklearschlag zum Opfer gefallen ist. Versteht mich nicht falsch. Ich verlange keine Zensur. Ich beklage aber die Tatsache, daß 90% des WWW-Wachstums reinem Müll zu verdanken sein werden, und man sich daher künftig um so mehr anstrengen muß, um die wirklich relevanten Informationen zu finden. Ich kann mir gut vorstellen, daß Suchmaschinen bald veraltet sein werden und die Leute sich mehr auf bekannte Seiten und auf die dort empfohlenen Links verlassen. Wir werden sehen.

Andererseits gibt das WWW natürlich auch mir die Möglichkeit, meine Sicht der Dinge an den Tag zu bringen. Also sollte ich vielleicht die Klappe nicht ganz so weit aufreißen.

Sunday, December 17, 2006

Das dritte Kerzlein...

Ich wünsche Euch allen einen schönen dritten Adventssonntag.

Heute ist das Weihnachts-Essen im College, also bin ich im Streß. Daher poste ich jetzt einfach nochmal die Information vom letzten Jahr. Nicht besonders originell, ich weiß, aber ich habe erstens keine Zeit und zweitens gibt es bestimmt noch irgendjemanden da draußen, der Folgendes noch nicht weiß:

Seit heute befinden wir uns in der Zeit der sogenannten "O-Antiphonen". Das sind die Magnificat-Antiphonen in den Vespern der letzten Adventswoche vom 17. bis zum 23. Dezember. Sie heißen "O", weil sie immer mit einer Anrede an den erwarteten Messias beginnen ("O Sapientia" oder "O Adonai" etc).

Die sieben Anreden
Sapientia (Weisheit)
Adonai (Herr)
Radix Jesse (Wurzel Jesse)
Clavis David (Schlüssel Davids)
Oriens (Anfang)
Rex Gentium (König der Völker)
Emmanuel (Gott mit uns)
sind die sieben Titel Christi, des Messias, in den hebräischen Schriften.

Wenn man am 23. Dezember jede dieser Antiphonen gesungen und somit die (hier fett gedruckten) Anfangsbuchstaben der Anreden sozusagen "gesammelt" hat und diese Buchstaben dann rückwärts liest, ergibt sich die Verheißung: "Ero cras!" was soviel heißt wie "Ich werde morgen (da) sein!" oder "Ich werden morgen kommen!"

Dieses liturgische Schmankerl alleine wäre für mich schon Grund genug, in diesen Zeiten katholisch zu werden.

Alles Liebe,
Alipius

Saturday, December 16, 2006

Die triumphierende Kirche

Und so sage ich dir: Du bist Petrus. Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben. Was immer du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. (Mt 16, 18-19)

Es können sich nur die Betagteren unter meinen Lesern an die Zeit erinnern, in welcher der an Christi Sieg und Versprechen teilhabenden Kirche von ihren Mitgliedern Ehre, Respekt und Vertrauen entgegengebracht wurden. Mehr als vierzig Jahre ist's her. Es hat sich viel geändert.

Damals wurden die Fehler, Versäumnisse und Schwächen der Christlichen Geschichte nicht einfach unter den Teppich gekehrt. Aber damals war man sich bewußt, daß die Dimension des Göttlichen innerhalb der Kirche dies allemale wieder wettmacht. Man sah auf die Dauerhaftigkeit der Kirche durch alle Hochs und Tiefs, durch alle Erfoge und Quälereien und erkannte die historische Bestätigung des Anteils der Kirche am Siege Christi.

Dann erschien das Wort "Triumphalismus" im theologischen Vokabular, die Geschichte der Kirche wurde bedauert, ihre Fehler wurden unter dem Miroskop betrachtet, und was dort zu sehen war, wurde als im Größenverhältnis 1 zu 1 der Relität entsprechend in einer Woge von Publikationen an das Volk gebracht. Küng, McKenzie, die holländischen Theologen und hunderte Anderer starteten einen masochistischen Wettlauf des Muttermordes. Und wehe dem Katholiken, der nicht sein Haupt in Schande senkte: "Pfui! Triumphalist!"

Der Masochismus war gepaart mit dem Narzissmus der "Woodstock-Generation", so daß jeder, der das Wort "Jesus" fehlerfrei schreiben konnte, sich automatisch als eine prophetische Stimme in der "neuen Kirche" dünkte. Ganze Gruppen innerhalb der Kirche zogen los auf einen Ego-Trip in der bunten Zirkuswelt der Mini-Theologie. Jede Lehre, die auf die Kirche als mystischen Leib Christi, auf die Notwendigkeit der Zugehörigkeit zur Kirche und auf die unauflösliche Einheit zwischen Christus und seiner Kirche hinwies, wurde entweder als schlechte biblische Gelehrsamkeit oder gar als Wahnvorstellung abgetan. Die Folge war, daß sich aufgrund der Schnelligkeit der Medien und des ungefilterten Hervorschwellens immer neuer Pamphlete aus den Federn von Theologen, Gelehrten und Journalisten das neue Kirchenbild mit rasender Geschwindigkeit verbreiten und vor allem in den Köpfen von Studenten, Seminaristen und jungen Priestern und Laien Schaden anrichten konnte. Kurzerhand wurde Christus von der Kirche getrennt und Sätze wie "Ich glaube an Christus aber nicht an die Kirche" oder "Jesus ja, Kirche nein" wurden zu beliebten Schlagworten.

Seminare leerten sich, Priester fielen von der Kirche ab, Nonnen hüpften aus der Ordenstracht und Laien suchten in Scharen das Weite. Dies waren die Folgen der traurigen Stunde, in welcher die Doktrin des mystischen Leibes Christi in den lärmenden Denunziationen gegen die "sündige Kirche" niedergeschrien wurde.

Erstaunlich ist allerdings, daß Sünde in der Kirche ein solcher Schocker war, grade für Theologen. Die Kirche hat menschliche Schwäche immer eingestanden und immer für die Vergebung ihrer Sünden gebetet. Die ganze Liturgie ist voll von Eingeständnissen und Bitten. Woher also der puritanische Schrecken über Sündhaftigkeit in der Kirche, die doch niemals ein Geheimnis war? Die Kirche hat Christus als ihr sündenloses Zentrum. Aber sie besteht auch aus Menschen, denen das ganze Spektrum menschlicher Natur als Handlungsspielraum zur Verfügung steht. Es gibt die Heiligkeit, es gibt die Sünde. Und auf letztere mit einem überraschten Zorn zu schauen ist schlicht billiges Moralisieren, angesichts der Tatsache, daß die Kirche eine Kirche von Menschen ist. In ihrer eigenen Vorstellung mögen jene, die über die unvollkommene Chrsitlichkeit der Kirche maulen vielleicht Humanisten sein. In der Praxis sind sie es nicht, schämen sie sich doch der Menschlichkeiten, die sie in der inkarnierten Kirche finden. Sie bejubeln die Glorie und die Würde des Menschen, sparen aber nicht mit Verwünschungen, wenn sie menschliche Schwäche sehen. Und sie sind so fixiert auf alles Menschliche in der Kirche, daß sie die Herrlichkeit Christi und des Heiligen Geistes in ihr nicht sehen können.

Impuls-Wochendenden und Yoga-Exerzitien für eine bessere Welt standen bald auf den Menüs der "religiösen Begenungsgruppen". Gemeinsam studierte man, wie man die Kirche zu einer Körperschaft mit ausschließlich sozialer Verantwortung ummodeln könnte. Dies waren die Folgen der traurigen Stunde, in welcher die Armee der Laien- und Pop-Theologen auf die Kirche blickte und mit Pharisäer-Stimme unisono sagte "Dank sei Gott, daß ich nicht so bin, wie diese Zöllner dort".

Aber die Kirche ist eine pilgernde Kirche. Sie ist nicht vollkommen. Sie ist auf dem Weg zur Vollendung im Königreich Christi. Sie trägt auf ihren Gewändern den Schmutz der Geschichte, das ist wahr. Aber sie trägt immer noch ihre Gewänder, die ihr von Christus in dem Augenblick verliehen wurden, als er sie aus Liebe zu uns errichtete, um einen Ort zu schaffen, an dem er immer bei uns sein kann. Wer faule Tomaten gegen die Kirche wirft, wirft sie auch gegen Christus.

Ich mache den Menschen, die die Kirche so, wie sie in den letzten 4 Jahrzehnten gemalt wurde zurückweisen, keinen Vorwurf. Ich selbst würde mich schämen einer Kirche anzugehören, die so ist, wie es in den plärrenden Kritikschriften der postkonziliaren Zeit dargestelt wurde. Das Problem ist: Das Bild ist eine Fälschung. Und die Wenigsten, die zustimmend nicken und zornig die Hände zu Fäusten ballen, wenn man ihnen die neuesten Urteile über die Kirche präsentiert, sind solche Kunstkenner, daß die den Trug erkennen.

In einer Zeit, in der Europa eine stabile Identität und eine moralische Autorität so dringend braucht, ist es für alle Gläubigen angebracht, den Kopf aus dem Sand zuziehen, den Schulterschluß zu wagen, sich gemeinsam hinzustellen und sich als laut und deutlich betende Stimme in den Chor der humanistischen Weltverbesserer, der feministischen Theologen, der CSD-Paraden, der Muezzine, der Hobby-Atheisten und der Freizeit-Theologen einzuschalten, um das Bild von der Heiligen Katholischen Kirche, dem mystischen Leib unseres Herrn Jesus Christus, wieder ein wenig grader zu hängen. Dann kann die Kirche auch wieder triumphieren, ohne triumphalistisch zu sein.

Die Spanischen Märtyrer

2006 jährt sich zum siebzigsten Mal der Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs und somit eine der schwärzesten Stunden der Katholischen Kirche.

13 Bischöfe, 4184 Diözesanpriester, 2365 Ordensleute, 285 Nonnen und Tausende von Laien wurden getötet, nicht selten unter Umständen, die wiederzugeben die Tastatur sich weigert. Warum wurden sie getötet? Weil sie Katholisch waren.

Schon vor 1936 war es in Spanien immer wieder zu Angriffen auf die Kirche gekommen. Neben den Priestern und Nonnen war es vor allem die Spanische und Christliche Kultur, die darunter zu leiden hatten. Klöster, Kirchen, Seminare, Universitäten, Schulen, Pfarrhäuser, bischöfliche Residenzen wurden geplündert, verwüstet, niedergebrannt. Zu beklagen ist hier neben dem Verlust unersetzlicher Kunstwerke auch die Zersörung ganzer Bibliotheken. Daß fanatische Kommunisten oder Anarchisten zum Erreichen ihrer Ziele Bücherverbrennungen anzetteln, paßt natürlich zu dem Vorwurf, die Kirche hielte die Leute zur eigenen Machterhaltung im Dunkeln, wie die Faust aufs Auge.

Aber Bonaventura Duritti, zentrale Figur des spanischen Anarchismus, zeigt an, wo's langgeht. Er erschoß im Jahre 1923 den Erzbischof von Saragossa, Kardinal Soldevila. Und er wird zitiert mit den Worten: "Die einzige Kirche, die erleuchtet, ist eine brennende Kirche."

Die spanische Linke war zerplittert und zerstritten, geeinigt nur durch das Ziel, den Katholizismus im eigenen Lande auszulöschen. Und so wurde der Krieg gegen die Kirche zum Kittmittel für eine Bewegung, die es sonst wahrscheinlich nicht weit gebracht hätte.

Bischöfe, Priester, Ordensmänner, Nonnen, Laien: Sie alle starben für ihren Glauben. Und sie alle zeigen uns, daß Angst, Kleingeisterei, Anbiederung und Verneinung der eigenen Wurzeln zum Erlangen der Seligkeit nicht notwendig sind.

Tuesday, December 12, 2006

Neues aus Rom

Ich habe in den letzten Wochen eine empirische Erhebung gestartet und bin zu dem ernüchternden Ergebnis gekommen, daß in Rom nur jeder vierte Bankomat betriebsbereit ist. Das scheint selbst für italienische Verhältnisse ein Hammer zu sein, denn heute habe ich gleich zwei eigentlich recht distinguiert ausschauende ältere Herren beim hemmungslosen Fluchen ertappt. Sie standen jeweils vor einem Geldautomaten, der ihnen verkündete, daß er "fuori servizio" sei. "Fuori servizio" heißt außer Betrieb, ist also in Rom ein Synonym für "normal".

Der Schläfer

Der Schläfer liegt auf dunkelgrünem Gras,
ruht im Schatten eines Baumes.
Er bläst unsichtbare Ranken
hoch zum Laub empor.

Brust und Bauch
steigen und fallen.
Gezeiten des Körpers,
des Körpers im Schlaf.

Es fällt eine Raupe vom Baum.
Sie landet lautlos und weich
auf des Schläfers Bauch.

Der Schläfer lächelt im Traum.
Die Luft ist warm und reich.
Die Raupe schläft auch.

Fundstück der Woche:


Der Eucharistie-Wühltisch: "Flossen weg! Ich hab's zuerst gesehen!" - "Nein, ich!" - "Nein, ich!" - "Na schön! Aber dann krieg ich den gelb-goldenen Schleier!" - "Von mir aus."

Saturday, December 09, 2006

Das zweite Kerzlein...

Ich wünsche allen treuen amrömsten-Lesern einen frohen zweiten Advent!

Hier in Rom macht sich die Vorweihnachtlichkeit jetzt schwer bemerkbar. Tannenduft, Lichterglanz, Weihnachtsmärkte (die leider nicht einmal ansastzweise so charmant sind wie die in Deutschland), rappellvolle Läden undsoweiter. Das Wetter spielt überhaupt nicht mit. Es ist viel zu warm. Um genau zu sein hatten wir in diesem Jahr in Rom den wärmsten November seit dreihundert Jahren.

Und für alle, die es heute nicht in die Kirche geschafft haben, ist hier das Evangelium vom Tage (Lk 3,1-6):
    Es war im fünfzehnten Jahre der Regierung des Kaisers Tiberius. Pontius Pilatus war Landpfleger von Judäa, Herodes Vierfürst von Galiläa, sein Bruder Philippus Vierfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis, Lysanias Vierfürst von Abilene. Hohepriester waren Annas und Kaiphas. Da erging der Ruf Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias, in der Wüste. Er durchzog die ganze Gegend am Jordan und predigte die Bußtaufe zur Vergebung der Sünden, wie geschrieben steht im Buche der Reden des Propheten Isaias: "Eines Herolds Stimme in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn, macht gerade seine Pfade. Jedes Tal soll ausgefüllt, jeder Berg und Hügel abgetragen werden; was krumm ist soll gerade, was uneben ist, soll ebener Weg werden. Und alles Fleisch wird schauen das Heil Gottes."
Dieses Evangelium erinnert mich immer ganz schwer an meinen Griechisch-Unterricht, denn es war einer der Texte, die für die Prüfung vorgesehen waren und die ich somit nicht nur übersetzen, sondern auch grammatikalisch erklären mußte.

Mir fällt grade ein, daß ich in zwei Wochen nach Klosterneuburg fliegen werde und mir wird ziemlich warm ums Herz.

Alles Liebe,
Alipius

Wednesday, December 06, 2006

Der Allrounder runter den Heiligen

Heute feiern wir den Heiligen Nikolaus von Myra. Bis 2003 war dies der Tag, an dem ich meines Namenspatrons gedachte. Und natürlich hat er daher auch heute noch für mich Bedeutung. Nikolaus von Myra (+ 280/286 in Lykien, # 345/351 in Myra) war nicht immer der furchteinflößende Richter, der am 6. Dezember in Kindergärten und Schulen den Lütten die Vergehen vorhält. Im Gegenteil: Im Mittelalter wurde in Klosterschulen am Nikolaustag ein Schüler als Abt eingesetzt. In Bistümern fungierten Knaben als Bischöfe, die die Erwachsenen in Predigten auf Verfehlungen hinwiesen. Auch im Stif Klosterneuburg ist es noch Brauch, daß zu Nikolo die Novizen auf selbstverständlich liebevolle Art den Rest der Mitbrüder ein wenig aufs Korn nehmen.

Der Heilige Nikolaus hat alle Hände voll zu tun, ist er doch Patron von Russland, Lothringen; von Bari und Trani in Apulien; der Kinder, der Schüler, Mädchen, Jungfrauen und alten Menschen, der Ministranten, Feuerwehr, der Pilger und Reisenden, der Zigeuner, der Gefangenen; der Apotheker, Richter, Rechtsanwälte und Notare, Kaufleute, Bäcker, Müller, Korn- und Samenhändler, Metzger, Bierbrauer, Schnapsbrenner, Wirte, Weinhändler, Fassbinder, Parfümhersteller und - händler, Fährleute, Schiffer, Matrosen, Fischer, Flößer, Brückenbauer, Bauern, Weber, Spitzen- und Tuchhändler, Steinmetze, Steinbrucharbeiter, Knopfmacher, Kerzenzieher, der Diebe und Verbrecher; für glückliche Heirat und Wiedererlangung gestohlener Gegenstände; gegen Wassergefahren, Seenot, Diebe.

Für mich ist er vor allem der nicht immer besonnene Verfechter des Glaubens, der auf dem 1. Konzil von Nicäa sich gegen die falsche Lehre der Arianer so entrüstete, daß er deren Vertreter Arius mal eben eine langte. Auch mit seinem Freund, dem Bischof Theognis von Nicäa, kam es zu heftigen Diskussionen. Theognis, anfangs dem Arianismus gegenüber durchauf offenherzig, unterzeichnete letztlich das Bekenntnis von Nicäa und Nikolaus wird mit den Worten zitiert: "Lassen wir über unserem Zorn die Sonne nicht untergehen."

Find ich auch.

Alles Liebe,
Alipius

Starker Tobak

Aus der heutigen Ausgabe der TIMES:
    The richest 2 per cent of adults own more than half the world's wealth. ... The bottom 50 per cent of the world’s adults owned barely 1 per cent of global wealth.
Sprich: Die Hälfte der erwachsenen Weltbevölkerung zusammengenommen besitzt weniger als ein Fünfzigstel von dem, was zwei Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung besitzen.

Ein bißchen Integration gefällig?

Aus der heutigen Ausgabe der WELT:
    ... An der Lina-Morgenstern-Schule wurde, wie erst jetzt bekannt wurde, ein 14-jähriges jüdisches Mädchen monatelang wiederholt von muslimischen Jugendlichen wegen ihres Glaubens beschimpft und gedemütigt, sodass sie schließlich unter Polizeischutz zur Schule gegangen ist. Dem RBB erzählte sie, wie ein vielleicht normaler Streit zweier pubertierender Mädchen eskalierte.

    Nachdem ein arabischstämmiges Mädchen sie „Scheiß-Jüdin“ genannt und geschlagen hatte, wird diese zwei Tage von der Schule suspendiert. Doch schon am nächsten Tag steht eine Gruppe muslimischer Jugendlicher vor dem Schultor. Einer von ihnen ruft: „Wer ist denn hier das jüdische Mädchen?“, und als sie loszulaufen beginnt, laufen ihr die anderen hinterher. Eine Glasflasche wird nach ihr geworfen, sie rettet sich schließlich in einen Hausflur und wartet dort, bis die Bande abzieht. Mit der Drohung wiederzukommen.

    Das nächste Mal sind es zwei arabische Mädchen, die das jüdische Mädchen auf dem Schulhof bespucken, schlagen und zu ihr sagen: „Du dreckige Scheiße, geh dich aufhängen.“

    Allein in diesem Jahr soll es, Experten zufolge, 190 solcher antisemitischen Vorfälle in Berlin gegeben haben. Das sind rund 50 Prozent mehr als in den Jahren zuvor. Immer häufiger treten dabei muslimische Jugendliche mit türkischer oder arabischer Herkunft in Erscheinung...
Quo vadis, Germanistan?

Monday, December 04, 2006

Spieglein, Spieglein in der Hand...

... wer ist der Berechenbarste im ganzen Land?

Daß der Spiegel ein etwas gestörtes Verhältnis zur Heiligen Mutter Kirche pflegt ist mir in den rund zwanzig Jahren, in denen ich immer wieder mal ein Exemplar zur Hand nehme, natürlich nicht verborgen geblieben. Jetzt hatte ich heute in Rom ein wenig Zeit totzuschlagen und sah beim Vorbeigehen in einem Kiosk die neue Ausgabe liegen.

"Och!" dacht ich mir. "Lang ist's her, warum riskiere ich nicht mal einen Blick?" Gedacht, getan.

Ich wurde sogar mit einem Kirchen-Artikel belohnt. Und zwar ist momentan im Erzbistum Köln das Gejammer groß, weil dort "der verdeckt operierende Geheimbund" Opus Dei grade mächtig Einfluß scheffelt. Der neue Leiter der "Stabsabteilung Presse- und Öffentlickeitsarbeit" ist nämlich ein Supernumerarier des Opus Dei. Man mag nun zu Opus Dei stehen, wie man will (die Dan-Brown-Vision eines berobten Cowboyclubs mit Weltherrschaftsanspruch vielleicht mal ausgenommen). Sicher löst die strenge Regelung des Lebens der Mitglieder in der Öffentlichkeit Verwunderung aus. Klar auch, daß die transportierten Inhalte (Keuschheit, Dienen, Selbstaufopferung, vollkommene Hingabe an Christus etc.) in der heutigen Zeit für die Meisten wie ein schlechter Scherz klingt.

Für mich ist das Interessanteste am Spiegel-Artikel der Stil. Da ist in nur dreißig Zeilen zweimal von "erzkonservativ" und einmal von "extrem konservativ" die Rede. Und damit es ganz bestimmt auch die Leute verstehen, die statt zur BILD aus Versehen zum Spiegel gegriffen haben, gibt es dann noch ein Nunsploitation-mäßiges Photo mit Bußgürtel und Geißel. Konservativ und liberal sind (auch losgelöst vom Opus Dei) im gesamten Artikel die Begriffe, um die sich alles dreht. Und der Ton verrät, wo's langgeht: Konservative Kirche gleich besorgniserregend, weil zu katholisch (man stelle sich vor, die Leute gingen eines Tages tatsächlich wieder zur Fronleichnamsprozession anstatt zum CSD). Liberale Kirche gleich gut, weil nett und zu allem "ja" sagend und unsere momentane verkorkste Auffassung von Moral nicht weiter störend (Erster Preis für hirnfreies Werbeschalten: Auf Seite 7 wirbt die neue Ausgabe für den Renault Grand Scénic. Slogan: "Weil Familie über alles geht").

Schön, daß auf manche Dinge eisenhart Verlaß ist.

Die Heilige Barbara

Heute (4. Dezember) ist der Gedenktag der Heiligen Barbara. Der Legende nach lebte sie in Nikomedien und wurde unter Kaiser Maximinus Daia enthauptet, dies vom eigenen Vater. Dieser war ein vermögender Herr und konnte es so gar nicht verkraften, daß seine Tochter sich einfach taufen gelassen hatte und nun nicht in eine standesgemäße Hochzeit einwilligte, sondern ihr Leben als Jungfrau lieber Christus widmen wollte.

Barbara bildet mit Katharina und Margareta die Gruppe der „drei heiligen Madeln” (Bauernpatroninnen) unter den 14 Nothelfern. Ergänzt um die heilige Dorothea bilden die vier Frauenheiligen die „quattuor virgines capitales”, also die vier besonders heiligen Jungfrauen.

Im Laufe der Jahrhunderte ist ein reiches Brauchtum um diese der Legende nach nicht nur schöne sondern auch kluge Frau entstanden. Am bekanntesten ist Barbara sicherlich als Schutzpatronin der Bergleute. Mir persönlich ist sie aus einem anderen Grund ans Herz gewachsen: Sie wird ja, wie ihr vielleicht wißt, häufig mit Kelch und Hostie dargestellt. Laut der Legende (oder laut einer Version der Legende, denn es gibt viele und sie unterscheiden sich in Details) soll die Heilige Barbara nämich vor ihrem Tod zu Christus gebetet haben, daß er niemanden, der in seinem Namen lebt, ohne die Sakramente sterben läßt. Daher gilt sie auch als Beschützerin vor einem unvorbereiteten Tod.

Der Römische Heiligenkalender führt Barbara übrigens seit dem Konzil nicht mehr, da sie als "historisch nicht gesichert" gilt.

Sunday, December 03, 2006

Lesejahr C

Tagchen!

In der katholischen Kirche sind die biblischen Textstellen, die an den Sonn- und Werktagen in der Heiligen Messe gelesen werden, durch eine sogenannte Leseordnung festgelegt. Für die Sonntage gibt es drei Lesejahre, in denen jeweils vorwiegend Texte eines Evangelisten vorgetgragen werden: A (Matthäus), B (Markus) und C (Lukas). Texte des Johannesevangeliums werden in den Festkreisen von Weihnachten und Ostern vorgetragen. Für die Wochentage gibt es die Lesejahre I und II in denen Schriftstellen zu hören sind, die es nicht bis zu m Sonntagstext gebracht haben.

Heute begann ein C-Jahr. Was ist nun am Lesejahr C das Besondere? Nun, es ist ein Lukasjahr und somit ein Jahr meines Lieblingsevangelisten. Nicht nur, weil mit Magnificat, Benedictus und Nunc Dimittis drei treue Begleiter meiner täglichen Gebetspflicht in diesem Evangelium enthalten sind, ist es mir so ans Herz gewachsen. Es ist zumindest für mich das erzählerischste und bodenständigste unter den Evangelien. Außerdem endet es wunderschön:
    "Er führte sie hinaus gegen Bethanien, erhob seine Hände und segnete sie. Und segnend schied er von ihnen und fuhr in den Himmel auf. Sie fielen anbetend nieder. Dann kehrten sie hocherfreut nach Jerusalem zurück. Sie waren immer im Tempel und lobten und priesen Gott."
    (Lk 24,50-53)

Saturday, December 02, 2006

Das erste Kerzlein...

Ihr Lieben da draußen an den Computern!

Ich wünsche Euch einen frohen ersten Advent!

Jetzt lauern natürlich wieder überall die Fallen, die einen sehr leicht dazu verführen können, in den nächsten Wochen das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Kommerz und Hektik sind die Todfeinde der Stille. Und Stille ist es, die den Advent zu dem macht, was er sein soll. Nicht unbedingt eine Zeit der Buße, sondern vielmehr eine Zeit der Erwartung. Und da es Christus ist, der erwartet wird, ist es nicht die übelste Idee, im Advent häufiger als üblich mal ein wenig Ruhe einkehren zu lassen, zu beten und in die Kirche zu gehen (und auch mal zur Beichte). Ich weiß, es klafft eine gigantische Lücke zwischen dem Anspruch, den eine Zeit wie der Advent an die Menschen stellt, und dem tatsächlichen Verhalten der Menschen. Aber wenn Ihr Euch kopfüber in den Rummel stürzt, dann vergeßt bitte nicht, daß ihr die Freude, die Ihr Euch und Anderen am Weihnachtsfest macht, unserem Heiland und der christlichen Überlieferung zu verdanken habt. Und bitte, gähnt mich jetzt nicht mit irgendwelchen Geschichten an, von wegen die Kirche habe das Weihnachtfest von den Heiden hehijackt. An dem munteren Vorweihnachtstreiben würdet Ihr doch so oder so teilnehmen, feierten wir Weihnachten nun am Jahresende oder im Hochsommer.

Ich bin übrigens sehr für das ganze Drumherum in der Weihnachtszeit. Das habe ich ja auch schon im letzten Jahr an gleicher Stelle kundgetan. Ich find's nur schade, daß viele Leute erstens überhaupt nicht verstehen oder wissen, worum es eigentlich geht und daß zweitens die Freude und die Liebe ganz oft zu kurz kommen, erstaunlicherweise grade in der Adventszeit.

Laßt Euch nicht reinlegen. Ihr müßt den ganzen Kram nur soweit mitmachen, wie Ihr könnt und wollt. Es geht nicht darum, hochfliegende Erwartungen zu erfüllen. Es geht darum, solide vorbereitet an der Krippe zu stehen und zu wissen, wer einem da die Händchen entgegenstreckt. Das ist eine Aufgabe, die niemanden überfordert. Und es ist ein Ansatz, der einigen da draußen vielleicht eine ganz neue Weihnachtserfahrung bescheren könnte. Probiert's mal aus.

Alles Liebe,
Alipius

P.S.: In diesem Jahr wird es keinen "Adventskalender" geben, weil ich nicht täglich posten kann. Ich werde aber versuchen, wenigstens jeden Sonntag ein Online-Kerzchen anzuzünden.

Braune Nikoläuse?

Ja, da geht die Angst um in Deutschland! Die Nikoläuse stehen stramm in Reih und Glied und zeigen, wie's gemacht wird.

Mal ehrlich: Man muß schon ziemlich viel Phantasie besitzen, um in dem fast senkrechten Arm mit ausgestrecktem Zeigefinger den "Hitler-Gruß" zu erkennen. Ein zwanzigjähriger Amataur-Reporter schickte das Photo an die BILD-Zeitung mit der Bemerkung: "Ich war ganz erschrocken." Huch!

Leicht ließe sich die Geschichte abtun als nur ein weiterer grotesker Auswuchs des in Deutschland über lange Zeit mehr als erfolgreich kultivierten und von mir schon früher mit Kopfschütteln betrachteten Selbsthasses gewürzt mit einer Portion Paranoia. Das Problem ist, daß sich hier noch etwas anderes manifestiert. Es ist die zunehmende Bereitschaft der Menschen, die Realität in festgeeisten Paketen von Ursache und Wirkung, Problem und Lösung, Reiz und Reaktion zu erleben und zu bewerten. Das Enthymem "Der rechte Arm ist oben. Also werden hier Nazis verherrlicht." mag sich, eingebettet in den Kontext von Nikolausfiguren und Autorenalter noch niedlich ausnehmen. Es gibt aber zahllose Beispiele, in denen durch Auslassung notwendiger Prämissen oder Voraussetzung falscher Prämmissen verwegene Schlüsse gezogen werden. Einige dieser Schlüsse sind durchaus bedenklich und dennoch (oder, weil sie einen von der nötigen Kopf- und Herzensarbeit entschuldigen, grade deswegen) weit verbreitet und führen in bestimmten (nicht eben kleinen) Kreisen zu einer widerspruchslosen Akzeptanz. Um nur einige Beispiele zu nennen:
    "Er mag Chris de Burgh. Also ist er ein Looser."
    "Christen und Moslems zoffen sich. Also ist Religion kacke."
    "Er trägt einen Mao-Anstecker. Also ist er korrekt."
    "Die Katholische Kirche toleriert Homosexualität nicht in dem Maße, wie es wünschenswert ist. Also ist die Katholische Kirche böse."
    "Sie will keinen Sex vor der Ehe. Also ist sie eine fömmelnde, frigide Kuh."
    "Ein Kind behindert mich zu diesem Zeitpunkt meines Lebens an der freien und ganzen Entfaltung meiner Möglichkeiten. Also ist die Schwangerschaft abzubrechen."
Sicher, diese Beispiele sind glücklicherweise nicht allgemein und überall gültig. Aber sie zeigen doch, daß die Bereitschaft zu echten logischen Schlüssen und zu einer Auseinandersetzung mit der Realität, die das ganze Bild betrachtet, oft einer groben, auf bruchstückhaften Informationen und subjektiven Eindrücken ruhenden Aburteilung weicht.

Daß Christentum und Katholische Kirche sich dabei häufig am Empfänger-Ende des Gewehrlaufes finden leuchtet auch ein. Schließlich gibt es wohl kaum einen Bereich, in welchem man so viele Urteile fällen darf, ohne auch nur einen Funken echter Information zu besitzen. Ein Tatbestand, der übrigens schon 1975 von Mgr. Nelson W. Logal beklagt wurde, damals allerdings im Hinblick auf die Theologie, welche sich im Jahrzehnt nach dem Konzil von einer zu studierenden und zu verstehenden und von langbärtigen Langeweilern gepflegten Materie zu einem hippen Massenprodukt mit totaler Deutungsfreiheit entwickelt hatte. Da heutzutage Theologie als solche natürlich selbst als "do-it-yourself"-Produkt in der Arena öffentlicher Meinungen zu anspruchsvoll ist, hat man die Urteilswut eben auf Kirche und Religion als solche verlagert. "Millionen verbrannter Hexen", "Unterdrückung der Frauen" und ein "Nazi-Papst"? Was will man eigentlich mehr? Die Wahrheit? Bloß nicht!