Es ist mal wieder Zeit für einen kleinen CD-Tip. 1993 veröffentlichten
The Breeders ihr zweites Album mit dem Titel
Last Splash. Klangen beim ersten Longplayer
Pod hier und da noch gewaltig die Pixies durch, so haben sich die Deal-Schwestern und ihre Rhythmus-Sektion auf Last Splash doch ziemlich selbständig gemacht und ein echte Alternativ-Rock-Juwel abgeliefert. Mehr oder weniger bekannt sein dürfte die Hit-Single und der amtliche Breeders Erkennungs-Tune
Cannonball. Klar, die Bass-Line kriegt man ja auch kaum wieder aus dem Ohr. Aber - stellt's euch vor - auf dem Album gibt es zwölf weitere Tracks, die allesamt hörenswert sind. Gleich der Opener
New Year zeigt an, wo es langgeht: Stadion-Rock-würdiges Intro mit schweren Gitarren und Drums und dann plötzlich die Wende zu fies schmackhaftem Alternativ-Geschraddele. Und das alles in 1:55 Minuten. Nach dem bereits gelobten Cannonball folgt
The Invisible Man, auf dem die Breeders zum ersten Mal ihre poppige Seite zeigen, ohne abzuflachen. Saftige Keyboards streiten mit verfuzzten Gitarren, aber es gewinnt Kim Deal's Stimme, die sanft schnurrend zur Suche nach eben dem Unsichtbaren aufruft. Dann kommt
No Aloha, einer meiner Lieblingssongs. Zu Beginn ruhig, mit stakkato-artigen Gitarrenakkorden, leichtem Hawaii-Jammern, und sehr feinem Gesang, kloppen plötzlich die Drums los und der ganze Song wird mit Sturm und Drang heimgefahren. Beim nächsten Song,
Roi, wird es dann hypnotisch und geisterhaft. Eine eigenwillige Songstruktur, fast instrumental, in der manchmal beinahe komplette Stille herrscht und nur am Anfang und am Ende diese eine Textzeile geseufzt wird. Mumpfig produziert, mit feinen, kleinen Effekten.
Do you love me now, ein Remake des
Safari-Tracks war vielleicht nicht unbedingt nötig, ist aber trotzdem nett anzuhören.
Flipside zeigt dann, daß die Breeders es auch instrumental können. Zwei moshpittige Minuten mit scheppernden Becken, rotzigen Riffs und lustigem Gegröle im Hintergrund. Es folgt
I just wanna get along, daß zwischen simplem Pop in der Strophe und schön krachenden Drums und knarzenden Klampfen im Refrain gut abgeht.
Mad Lucas nimmt dann jede Menge Tempo raus, mit gespenstischem Gesang, leisen Gitarren, hin und wieder Mal einer gezupften Bass-Saite und fast nicht stattfindenden Drums. Trotzdem ein sehr schöner, eigenwilliger Song. Auf
Divine Hammer zeigt sich dann, daß selbst die abgegriffenste Harmoniefolge in den Händen einer Band, die Spaß hat, noch zu einem knüffigen Pop-Juwel mutieren kann.
S.O.S. ist das zweite Instrumental-Stück und reißt ebenso mit wie Flipside. Nach dem abhebenden
Hag mit seinem Klasse-Refrain kommt dann mit
Saints die Mutter aller Alternative-Rock-Hitsingles. Hier stimmt vom zweisekündigen Gitarren-Intro über den treibenden Bass, die melodiösen Riffs bis hin zu den schleppenden Drums einfach alles. Am meisten natürlich die nette Aussage von Kim: "Der Sommer ist bereit, wenn du es bist." Bei
Driving on 9 denkt man dann erstmal, man ist auf der falschen Platte. Mit Geige, Banjo, Tanzmucker-Bass und runtergemumpften Drums wird ein folkig-countryesques Perlchen serviert, welches spätestens beim "plim, plim-pi-dim, plim-pi-dim-pi-dim" des Banjo im Refrain sich in die Erinnerung frißt wie der Rost in den Kotflügel eines 1985er Renault 5. Zum guten Schluß dann nochmal 40 Sekunden
Roi-Reprise und fertig ist eine der wirklich coolsten Alternativ-Scheiben. Ungewöhnlich, beim ersten Hören wahrscheinlicht noch zu zickig und fremd, wird die Platte mit der Zeit ein richtig guter Freund, der auch nach 13 Jahren noch für einen da ist.