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Wednesday, November 30, 2005
Das zweite Türchen...
Eine der angenehmsten Begleiterscheinungen des Studiums in Rom ist die schier unüberschaubare Anzahl von neuen Bekanntschaften, die ich innerhalb von zwei Monaten sowohl im Kolleg als auch am Angelicum geschlossen habe. Schottische Seminaristen, Brasilianische Laien, Texanische Hobby-Philosophen, Ordensschwestern aus Tansania, Polnische Priester, US-amerikanische Lehramtskandidaten mit schwelender Berufung, Seminaristen aus aller Welt undsoweiterundsofort.
Was - mit einer kaum noch im Meßbereich liegenden Anzahl von Ausnahmen - alle diejenigen, die ein künftiges Leben als Priester, Ordensmann oder Ordensfrau anstreben, gemeinsam zu haben scheinen, sind eine gewaltige Lust an der Zukunft, eine tiefe und ehrliche Verbundenheit mit der Kirche, ein federleichtes Herz und ein ausgesprochen menschliches Gemüt. Sie sind wirklich alle freundlich, hilfsbereit, ehrlich, witzig, intelligent und was weiß ich nicht noch alles. Mir persönlich scheint es fast so, als ginge ein Ruck durch die Katholische Kirche, der in einigen Jahres sehr viel Gutes bewirken kann.
Ich hatte neulich überraschend zwei Stunden vorlesungsfrei und bin ein wenig in Rom herumgerannt. Es fing dann auch gleich mal an zu regnen, und ich rettete mich in die römische Niederlassung der Herder-Buchhandlung. Zwischen Bergen von Ratzinger-Literatur und Dan Brown-Übersetzungen lauerte ein Deschner-Machwerk. Entgegen besseren Wissens las ich nicht nur den Klappentext, sondern schlug das Buch auf. Ich wurde mit den üblichen ermüdenden, selbstgerechten, tränenfeuchten, einseitigen, selektiv recherchierten, kindisch plärrenden, sarkastisch schneidenden Vor- und Fehlurteilen über die Katholische Kirche und den Katholischen Klerus bombardiert.
"Schön und gut," dachte ich mir zuerst. "Ein jeder verdient seinen Lebensunterhalt eben nach seinen Möglichkeiten. Und wenn es bei dem Einen halt nicht weiter reicht als bis zum professionellen Haß, dann kann man wohl nix machen."
Ich hatte dann auf dem Nachhauseweg in der Straßenbahn nochmal ein wenig Zeit, mir ein paar Gedanken zu machen. Und dann dämmerte es mir langsam: Leute wie Deschner (Zitat: "Ich schreibe aus Feindschaft.") sind Heuchler. Da ist ein Mann, dessen Lebenswerk es ist, immer neue und neueste Informationen zu sammeln, die seinen Haß auf eine Institution nicht nur am Leben erhalten, sondern vielleicht sogar noch vermehren. Mit Lebenswerk meine ich Lebenswerk: Die "Kriminalgeschichte des Christentums" ist auf zehn Bände angelegt, von denen jeder so um die 500 Seiten haben mag. Ganz zu schweigen von den zahlreichen anderen Publikationen. In all diesen Büchern wird an eine Brüder-/Schwester-/Geschwister-/Menschlichkeit appeliert, die der Autor offenbar nur vom Hörensagen kennt. Denn er fällt, während er sich mit der Rechten die Betroffenheitstränen aus den Augenwinkeln wischt, mit dem Messer in der Linken nicht nur über die Kirche als solche, sondern auch über ihre Priester und ihre Bräuche her. Dies auf so grottoide und hysterische Weise, daß es eigentlich Spaß machte, könnte man nur sicher sein, daß es wirklich eine Satire auf die Kirchenkritik sein soll. Aber nö, das wäre natürlich zu schön. Deschner wettert im Ernst und verunglimpft unaufhörlich eine Institution, in der sich (und meine empirischen Erhebungen sind mittlerweile breit genug, um dieses Urteil zu rechtfertigen) weitaus mehr angenehme und liebenswerte Menschen finden, als – sanft formuliert – Blödmänner.
Wenn ich mir all die Jungpriester, die Seminaristen, die Ordensmänner und -frauen, mit denen ich in den letzten Wochen Bekanntschaft geschlossen habe, so anschaue, dann empfinde ich es nicht nur als eine beleidigende Dummheit, sondern auch als einen beträchtlichen Skandal, daß Deschner (und so manch ein Anderer, der auf der "Immer hübsch der Kirche auf die Fresse"-Welle mitreitet) mit dem Müll, den sie verbreiten auch noch Geld verdienen. Hier ist eigentlich das gerne benutzte Klischee-Argument anzubringen, welches man immer wieder mal gegen den Klerus aus dem Halfter holt: Der sollte mal für sein Geld richtig arbeiten müssen.
Auf der anderen Seite besteht natürlich Hoffnung. Denn ich bin mir sicher, daß es Menschen gibt, die sich durch solche Publikationen wie die Deschnerschen schon alleine aus Protest und um sich von solchem Kram abzusetzen früher oder später dazu gezwungen sehen, der Kirche beizutreten, wenn er oder sie nicht ohnehin immer noch zu ihr gehören.
In diesem Sinne: Party on Karl-Heinz!
Alles Liebe
Alipius
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